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Die Schmetterlingsinsel

Die Schmetterlingsinsel

Titel: Die Schmetterlingsinsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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weiß, was in diesem Gemäuer zurückgeblieben ist. Vielleicht begegnen Sie ja sogar irgendeinem Geist, den Sie fragen können. Die Menschen auf Sri Lanka glauben fest daran, dass es Geister gibt, die über die Lebenden wachen.«
    »Ich denke, die meisten Tamilen sind Hindus.«
    »Das sind sie auch, aber dennoch glauben sie an Geister. Manche Seelen widersetzen sich dem göttlichen Gefüge und gehen nicht in eine neue Inkarnation ein, sondern bleiben als Schatten.« Dass er plötzlich verstummte, schob Diana auf die seltsame Atmosphäre des Hauses.
    An der ersten Tür reichte sie ihm den Schlüssel.
    »Da ich hier war, als die Zimmer zugeteilt wurden, habe ich mir natürlich das bessere genommen«, scherzte sie dabei. »Meines hat den schöneren Blick auf den Garten.«
    Jonathan schloss auf und lächelte, als er die Tür öffnete. »Ich kann mich über meinen Ausblick auch nicht beklagen und bezweifle ernsthaft, dass Sie so egoistisch waren, sich das bessere Zimmer zu nehmen.«
    Diana lächelte breit. »Vielmehr glaube ich, dass unsere Zimmer früher einmal eins waren. Sehen Sie sich die Wand an!«
    Selbst ein Laie konnte erkennen, dass sie zu dicht an einem der Fenster gezogen worden war.
    »Sie haben recht. Wahrscheinlich war der Raum vorher zu groß. Ein Ballsaal vielleicht.«
    Diana schüttelte den Kopf. »Nein, der Raum, der als Ballsaal in Frage kommt, ist jetzt eine Art Großraumbüro. Wenn dies das Zimmer der beiden Tremayne-Schwestern war, müssen sie wahnsinnig viel Platz gehabt haben.«
    »Nun, wenn das so ist, werde ich in meinem Kamin nach Dokumenten Ausschau halten.«
    Diana deutete auf den kleinen Kachelofen an der rechten Wand. »Ich glaube, darin werden Sie nichts finden. Dort sind höchstens irgendwelche alten Papiere verheizt worden.«
    »Wollen wir hoffen, dass keine wichtigen Beweisstücke ­Ihrer Vorfahren darunter waren.«
    Diana wollte schon entgegnen, dass dies ganz sicher nicht der Fall war, dann fiel ihr aber wieder Emmelys Geheimniskrämerei ein. Es wäre nicht verwunderlich, wenn die Tremaynes versucht hätten, Dinge, die nicht für die Öffentlichkeit gedacht gewesen waren, verschwinden zu lassen.
    »Auf jeden Fall bin ich mit dem Zimmer zufrieden«, fegten Jonathans Worte das beklommene Schweigen beiseite. »Wenn ich etwas von Bedeutung finde, sage ich Ihnen Bescheid.«
    Nachdem sie die Taschen in den Zimmern verstaut hatten, begaben sich Diana und Jonathan ins Archiv. Stolz präsentierte sie ihm ihre bisherige Beute.
    »Ich habe allerdings nur den ersten Schrank in Angriff nehmen können, das Durcheinander der alten Akten ist ziemlich groß.«
    »Das wundert mich nicht«, entgegnete Jonathan, in dessen Augen der Forscherdrang leuchtete, als er mit dem Finger über die ledernen Einbände der Geschäftsbücher strich. »Immerhin ist das hier kein Museum, sondern ein privates Archiv. Das Hauptaugenmerk liegt eben auf der Produktion von Tee und nicht auf dem Erforschen alter Akten. Die Ver­gangenheit ist im Zeitalter der Produktivität zweitrangig geworden.«
    »Aber sie wirkt sich noch heute aus, fürchte ich«, entgegnete Diana und konnte sich dabei nicht von seinem Gesicht lösen. Zum ersten Mal fiel ihr das leichte Zucken an seiner Schläfe auf und die feinen Härchen an den Spitzen seiner Augenbrauen.
    »Dann lassen Sie uns der Sache auf den Grund gehen«, beendete er ihre Betrachtung, dann trafen sich ihre Blicke. »Aber nicht ohne etwas im Magen. Ich sterbe vor Hunger!«
    Da Mr Manderley ihnen freundlicherweise die Küche zur Verfügung gestellt hatte, bot sich Jonathan an, ein wenig Reis auf tamilische Art zu kochen. »Mit Kokosmilch«, erklärte er, als er sich an den Herd stellte. »Das ist hier das traditionelle ländliche Geburtstagsessen.«
    Diana betrachtete ihn versonnen. Was wohl Michael sagen würde, wenn er uns hier so sehen könnte? Wenn ich zurück bin, muss ich ihm einen haarkleinen Bericht zukommen lassen. Das hat er mehr als verdient, nachdem er mir so geholfen hat.
    Eine halbe Stunde später saßen sie beim Essen. Zu dem Reis hatte Jonathan noch ein paar frische Mangos aufgeschnitten, die er dem Jeepfahrer abgekauft hatte – der Mann hatte eine ganze Kiste für seine Familie mitgenommen, zu der er im Anschluss an die Fahrt zurückkehren wollte.
    »Ob wir wollen oder nicht, wir sind jetzt erst einmal hier eingeschlossen«, erklärte Jonathan, während er sich einen Mangoschnitz nahm. »Der Fahrer kommt erst in vier Tagen wieder hier vorbei.«
    »Vier Tage!«,

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