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Die Schmetterlingsinsel

Die Schmetterlingsinsel

Titel: Die Schmetterlingsinsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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dorthin war. Ein wenig hoffte sie, dass George oder Clara samt Victoria auftauchen und ihr ­Interesse, mitzukommen, anmelden würden, doch als hätte Stockton sie alle in irgendwelche Kammern eingeschlossen, blieben sie fern.
    »Kommen Sie, es ist nicht weit«, sagte Stockton so freundlich, dass es Graces Misstrauen erregte. Dann beruhigte sie sich aber wieder damit, dass ihre Eltern ganz in der Nähe waren und er bisher zwar seltsam geschaut, aber nie Anstalten gemacht hatte, sie anzupacken.
    Über eine aus Holzbohlen angelegte Treppe, deren Stufen flach genug gehalten waren, dass sie mit leicht gerafftem Rock darüber hinwegsteigen konnte, stiegen sie an den auf Stufen angelegten Teefeldern vorbei den Hang hinauf. Der Anblick und das Rauschen der Teebüsche ließen Grace für einen ­Moment vergessen, dass Stockton noch immer bei ihr war.
    Doch dann holte er auf, so dicht, dass sie die Wärme seines Körpers beinahe spüren, den Geruch seines Rasierwassers beinahe riechen konnte.
    »Wir sind gleich da«, erklärte er unnötigerweise, denn Grace hatte die Plattform bereits ausgemacht. Sie war auf einem künstlich angelegten Felsvorsprung angelegt worden, wo ein metallenes Gitter den Betrachter vor einem Absturz bewahrte. Das kleine Teleskop glänzte in der Sonne.
    Grace musste zugeben, dass die Aussicht hier oben ganz wundervoll war. In der Ferne sah man den Adams Peak, jenen Berg, der ihrem Onkel den Tod gebracht hatte.
    »Dank des Fernrohrs können Sie bis zu den Bergspitzen schauen«, sagte Stockton hinter ihr, wobei sie das Gefühl hatte, dass sein Atem ihre Schulter streifte. »Allerdings sollten Sie dazu schwindelfrei sein.«
    »Ich glaube, das bin ich«, gab Grace gefangen zwischen Neugier und Beklommenheit zurück.
    »Sie sind also mutig. Das gefällt mir.«
    Die Hand sanft auf ihrem Rücken, schob er sie voran.
    Als sich Grace zum Fernrohr hinunterbeugte, berührte ihre Hüfte seinen Körper. Erschrocken blickte sie zur Seite, denn sie hatte gar nicht gespürt, wie nahe er ihr gekommen war.
    »Sie können die Schärfe des Fernglases hier einstellen.«
    Bevor Grace zurückweichen konnte, langte er um sie herum. Seine Hand streifte wie zufällig ihr Haar, sein Arm berührte ihren Rücken. Während er sie geradezu umarmte, drehte er an der Stellschraube, dann zog er die Hand wieder zurück, allerdings nicht, ohne ihre Taille kurz zu berühren.
    Grace erschauderte. Wie kam er nur dazu, sie anzufassen?
    Im nächsten Augenblick kam sie sich ein wenig lächerlich vor. Wahrscheinlich reagiere ich über, sagte sie sich und versuchte, sich ganz auf den Ausblick zu konzentrieren. Das ­gelang ihr für eine Weile, in der sie staunend die zerklüfteten Höhen des Adams Peak betrachtete, und dann, als sie das Fernrohr ein wenig senkte, konnte sie tatsächlich einen Blick auf ihre Teefelder und das Herrenhaus von Vannattuppuc c i werfen. Wie ein Edelstein inmitten von grünem Samt wirkte es!
    Doch dann hörte sie Stocktons erregtes Keuchen. Zunächst dachte sie, dass ihm unwohl geworden sei, doch als sie aufsah, blickte sie in ein Paar Augen, das sie dunkel und voll seltsamem Glanz betrachtete. Obwohl sie noch nicht viel Erfahrung mit Männern hatte, wusste sie instinktiv, dass dies der Glanz der Lust, des Verlangens war. Genau diese Empfindungen ließen seinen Körper beben und brachten ihn dazu, sich kurz über die Lippen zu lecken.
    »Grace«, flüsterte er beinahe unhörbar, während ein seltsames Lächeln seine Lippen umspielte.
    Das und der dunkle Blick ließen sie zurückweichen, doch weit kam sie angesichts des Teleskops und des Metallgitters nicht. Stockton machte einen Schritt auf sie zu, hob seine Hand, um nach ihrem Haar zu greifen.
    »Bitte lassen Sie uns wieder gehen«, wisperte Grace ängstlich und mit trockenem Mund. »Mir wird schwindelig. Bitte!«
    Stocktons Hand erstarrte in ihrer Bewegung. Nach kurzem Überlegen zog sich der gierige Ausdruck in die schwarzen Tiefen seiner Augen zurück.
    »Wie Sie wünschen, Miss«, sagte er etwas steif, dann reichte er ihr die Hand. Grace nahm sie diesmal nicht, sondern stieg allein die Stufen hinab.
    Während des gesamten Weges zurück musste sich Grace beherrschen, nicht einfach davonzulaufen. Zwar suchte Stockton ihre Nähe nicht mehr und hielt sich in respektablem Abstand, aber das, was hinter seinen Augen vor sich gehen könnte, ängstigte sie zutiefst, beinahe mehr noch als das, was Mrs Stockton und ihre Mutter besprochen hatten.
    Zurück im Salon, stellte

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