Die Schmetterlingsinsel
in ihren Schläfen hämmerte es mittlerweile, ein eindeutiges Zeichen für Überanstrengung.
Der Bewegungsmelder sprang an, als sie das Haus verließen, und ergoss sein Licht über die Freitreppe. Am violetten Himmel, vor dem die Palmen wie Scherenschnittsilhouetten wirkten, leuchtete ein silberner Sichelmond vor dem Vorhang unzähliger Sterne. Ein leises Rauschen schwebte über dem Ort.
»Kommen Sie mit«, sagte Diana, während sie Jonathan bei der Hand nahm. Sie führte ihn zu dem Laubengang, in dem Stockton Grace aufgelauert hatte. Wie mochte die Geschichte wohl ausgegangen sein, wenn er ihr nicht gedroht hätte?
»Meine Ururgroßmutter hatte ein Verhältnis mit dem Verwalter«, gestand Diana, als sie in den dunklen Gang eintauchten.
»Mit diesem Cahill?«, wunderte sich Jonathan. »Ich habe seinen Namen in den Unterlagen gefunden.«
»Nein, mit einem R. Vikrama. Einem Einheimischen.«
Jonathan machte große Augen. »Das ist in der Tat eine Überraschung.«
»Und allmählich beschleicht mich ein Verdacht, was den Grund des Zerwürfnisses, den Grund für den Skandal angeht. Henry wollte sie nicht vor Stockton retten. Sie und Vikrama müssen auf irgendeine Weise aufgeflogen sein.«
»Vielleicht hat jemand das Heft gefunden. Es lag nicht umsonst in diesem Rechnungsbuch. Vielleicht hat sich jemand das perverse Vergnügen gemacht, darin zu lesen.«
»Doch wie sollte dieser Jemand daran gekommen sein? Grace hat es sicher gut versteckt. Und sie hatte ja auch angedroht, es zu verbrennen. Wenn sie die Möglichkeit dazu gehabt hätte, hätte sie es getan, da bin ich sicher. Die Tremaynes waren äußerst gründlich im Verstecken …«
Auf einmal waren sich ihre Gesichter so nahe wie nie zuvor. Der Duft von Jonathans Haut und den Resten seines Aftershaves hüllte sie ein, und auf einmal fragte sie sich, wie es damals war, als sich Grace und Vikrama gegenübergestanden und zum ersten Mal geküsst hatten. Dann war es, als würde sie in der Zeit zurückgerissen werden, in ein anderes Leben. Das Nächste, was sie spürte, waren warme Lippen auf ihren, die sich anfühlten, als gäbe es keinen besseren Platz für sie.
Als sie die Augen wieder öffnete, stand Jonathan vor ihr und blickte sie ein wenig verwundert an.
»Was ist? War ich so schlecht beim Küssen?«
Diana schüttelte lächelnd den Kopf. »Mir war, als wäre ich eben in der Zeit zurückgereist. Als wäre ich Grace.«
Jonathan grinste breit. »Dann hoffe ich, du hast mich um meinetwillen geküsst, und nicht, weil du geglaubt hast, Vikrama stünde vor dir.«
»Ich habe dich um deinetwillen geküsst«, entgegnete sie, während sie ihre Hände zärtlich um seine Wangen legte. »Aber du musst wissen, dass ich eine ziemlich komplizierte Person bin. Und noch einen Ehemann habe, von dem ich mich erst einmal scheiden lassen muss.«
»Denkst du etwa schon daran, dich neu zu verheiraten?«, fragte Jonathan scherzhaft, worauf Diana errötete.
»Du hast recht, wir wissen ja noch gar nicht, ob wir einander ertragen. Aber ich für meinen Teil kann sagen, dass ich mich doch ein wenig in dich verliebt habe.«
»Nur ein wenig?«, fragte er scherzhaft, dann nahm er sie bei der Hand.
In seinen Augen sah sie denselben Wunsch, der auch in ihr brannte. Kurz rief ihr Gewissen ihr zu, dass sie noch immer eine verheiratete Frau war und sie das hier nicht tun sollte, um es Philipp heimzuzahlen. Ich tue es nicht deswegen, sondern weil ich in diesem Augenblick nichts anderes will.
Mit Jonathan zu schlafen war vollkommen anders als alles, was sie von Philipp gewohnt war. Dieser war weder grob noch rücksichtslos gewesen. Als ihre Ehe noch glücklicher war, hatte sie sich kaum einen besseren Liebhaber vorstellen können, doch Jonathan belehrte sie nun eines Besseren. Seine Küsse, seine Bewegungen, waren so sanft und sinnlich, dass sie in seinen Armen Philipp vollkommen vergaß und zu schweben glaubte. Der spöttische Gedanke, dass es kein Wunder sei, da er ja aus dem Land des Kamasutra käme, wurde hinweggefegt von einer Welle intensiver Empfindungen, die schließlich in einem atemberaubenden Höhepunkt gipfelten.
Danach lagen sie sich in den Armen und blickten an die Zimmerdecke, an der helle Lichtflecke tanzten.
»Ich glaube, dieser Augenblick ist perfekt«, flüsterte Diana, während sie sich an seine Brust kuschelte.
»Wirklich?«, fragte Jonathan lächelnd, während er ihr Haar streichelte. »Dabei habe ich dir nicht alles gezeigt.«
»Vielleicht sollten
Weitere Kostenlose Bücher