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Die Schmetterlingsinsel

Die Schmetterlingsinsel

Titel: Die Schmetterlingsinsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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eingetroffen war, was auf diesem Blatt stand?
    Nachdem sie eine Weile überlegt hatte, griff Diana nach der alten Fotoplatte, die ebenfalls im Kästchen gelegen hatte und die unter ihren Händen beinahe zerfiel. Zum ersten Mal nahm sie sich die Zeit, sie genauer anzuschauen, nachdem sie sie auf Tremayne House eher beiläufig betrachtet hatte. Ich werde einen Abzug davon machen lassen müssen, ging es ihr durch den Sinn, während ihr Blick über die vergilbten hellen und nachgedunkelten dunklen Flächen glitt, die eine Berglandschaft vor strahlendem Himmel darstellten.
    Bei genauerem Hinsehen stellte sie fest, dass nicht nur der imposante Berg festgehalten worden war. In der Ferne, beinahe verwischt durch einen Altersfleck, bemerkte sie eine weiße Gestalt. Nachdem sie vergeblich versucht hatte, zu erkennen, wer sie war, kramte sie eine Lupe, die sie sonst nur zum Entfernen von Holzsplittern aus ihren Fingern benutzte, aus der Schublade. Viel aufschlussreicher wurde die Aufnahme dadurch nicht, aber immerhin erkannte sie, dass es sich um eine Frau handelte. Eine Frau in typischem vikto­rianischen Kleid. Das Gemälde im Korridor von Tremayne House fiel ihr wieder ein. War es möglich, dass es sich um Grace oder Victoria handelte?
    Ein weiterer Blick durch die Lupe sagte ihr, dass es sich bei der Person um eine Erwachsene handeln musste. Da Victoria zu der Zeit etwa dreizehn oder vierzehn gewesen sein mochte, kam nur Grace in Frage. Grace, ihre Ururgroßmutter.
    Diana ließ sich gegen die Stuhllehne sinken. Ein seltsames Gefühl überkam sie. Zwar hatte sie sie bereits auf dem Gemälde gesehen, doch das war gewiss vom Stil des Malers und dem Geschmack der Zeit beeinflusst. Eine Fotografie zeigte den Menschen unverfälscht. Schade nur, dass sie das Gesicht nicht sehen konnte, dass sie nicht erkennen konnte, was Grace in dem Augenblick gefühlt hatte.
    Was den Hintergrund anging, war sie sich schon etwas sicherer. Eine ähnliche Landschaft wie diese hatte sie schon einmal in einer Reportage über Indien gesehen. Grace stand unverkennbar vor einem Hügel, der mit Teepflanzen bedeckt war. Sie musste nach Ceylon gereist sein, zusammen mit ihrer Familie. Anlässlich des Todes ihres Onkels? Oder gab es noch einen anderen Grund?
    Auf einmal wusste Diana, wohin sie ihr Weg führen würde. Rasch verstaute sie die Sachen in der Schatulle, die sie sich ­unter den Arm klemmte, um damit die Treppe hinunterzustürmen.
    Nachdem sie ihren Wagen im Parkhaus zum Stehen gebracht hatte, zog Diana die angelaufene Fotoplatte mit der Frau, die sie für ihre Urahnin hielt, zwischen den Seiten des Reiseführers hervor. Es musste doch möglich sein, ihr ihre Geheimnisse zu entreißen. Geheimnisse, die bislang in den Schatten und unter den Flecken des Verfalls verborgen gewesen waren. Mit zusammengekniffenen Augen betrachtete sie die Aufnahme. Doch weder kam die Gestalt näher, noch nahm sie konkretere Züge an. Auch die Sonne schob sich nicht weiter über den Hügel, als hielten unsichtbare Ketten sie fest. Was blieb, war ein längst vergessener Wimpernschlag, der durch die Kamera festgehalten worden war und der sich nie verändern würde.
    Seufzend schob sie das Foto wieder zwischen die brüchigen Seiten des Passengers Guide und ließ ihn in ihrer Tasche verschwinden. Das Büchlein schien der ideale Begleiter für ihr Vorhaben zu sein, das auf der Fahrt immer konkretere Formen angenommen hatte.
    Die Spontaneität ihres Entschlusses verwunderte sie selbst, eigentlich benötigte sie schon einige Zeit, um eine Reise zu planen. Aber es fühlte sich richtig an, herzufahren und die Sache gleich in Angriff zu nehmen.
    Nachdem sie das Parkhaus verlassen hatte, strebte sie dem Reisebüro zu, dessen Schaufenster von einem lächelnden Flugzeug und einer strahlend gelben Sonne beinahe zugeklebt war.
    Sobald der Fall, den Eva während ihrer Abwesenheit an Land gezogen hatte, beendet war, würde Diana nach Colombo fliegen und sich von dort aus auf die Suche nach Spuren ihrer Vorfahren machen. Und natürlich die Bibliothek finden, aus der das Palmblatt entwendet worden war.
    Eine junge, adrett gekleidete Frau, die ein wenig an eine Stewardess erinnerte, nahm sie in Empfang und bugsierte sie zum sauber aufgeräumten Beratungstisch mit Computer, dem lediglich das Foto eines kleinen Mädchens eine persönliche Note verlieh.
    Diana versagte sich, zu fragen, ob es die Tochter der Frau war. Sie nannte ihr Reiseziel und beobachtete, wie die Frau geschäftig Kataloge

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