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Die Schmetterlingsinsel

Die Schmetterlingsinsel

Titel: Die Schmetterlingsinsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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Horoskop Humbug war, holte sie den Zettel und einen Schreibblock samt Bleistift ­heran. Dann versuchte sie, sich an das Kauderwelsch des Assistenten zu erinnern.
    »Was machst du da?«, fragte Victoria, während sie von ihrem geliebten Stadtplan aufblickte.
    »Ich schreibe etwas.«
    »Und was?«
    »Nur ein paar Gedanken. Nichts Besonderes.«
    »Gedanken zu deinem Palmblatt?«
    Ihren scharfen Augen war nicht entgangen, dass Grace den Zettel aus der Bibliothek neben sich liegen hatte.
    »Gedanken darüber, dass ich mich wahrscheinlich nie wieder dazu hinreißen lassen werde, dich in irgendwelche win­digen Ecken der Stadt zu begleiten«, entgegnete Grace giftig, um ihre Verlegenheit zu kaschieren. Nach dem Aufstand, den sie auf dem Rückweg gemacht hatte, konnte sie unmöglich zugeben, dass sie vorhatte, den Wortlaut der Sitzung zu ­rekonstruieren.
    »So schlimm war es doch gar nicht!«, gab Victoria zurück, während sie eine weitere Seite des Plans aufschlug. »Und wir waren doch noch gar nicht bei den Edelsteinhändlern. Da will ich morgen hin!«
    »Nur, wenn wir eine Kutsche nehmen, die nicht durch das Elendsviertel der Stadt fährt! Außerdem werden Mutter und Miss Giles sicher mitkommen wollen, du hast gehört, was sie beim Abendessen gesagt hat.«
    »Ja, ja, ihr geht mir nie wieder unter die Einheimischen, Kinder, sie könnten euch fressen.«
    Victorias Tonfall reizte Grace zum Lachen.
    »Na siehst du, da ist deine ganze Ernsthaftigkeit dahin!«, setzte Victoria hinzu, denn sie hatte bemerkt, dass ihre Schwester sich sehr zurückhalten musste, um nicht in lautes Gelächter auszubrechen.
    »Du lässt das besser nicht Miss Giles oder Mutter hören, sonst kriegen wir hier noch Hausarrest!«
    »Keine Sorge, ich werde morgen brav sein wie ein Engel.« Während sich Victoria nun wieder in ihren Reiseführer vertiefte, spürte Grace den Worten des Gehilfen nach.
    Was hatte der Mann gesagt? Dass sie noch vor ihrem zwanzigsten Jahr ihre große Liebe finden würde? Dass sie heiraten und ein Kind bekommen würde? Um das vorherzusagen, brauchte sie keinen Hellseher. Ihre Mutter würde gewiss dafür sorgen, dass sie heiratete und Kinder bekam. Wahrscheinlich erging das jeder Frau so. Und es war unwahrscheinlich, dass sie von hier fortkam. Bestenfalls würde sie in Colombo leben, direkt am Meer.
    Eine Passage war ihr gleich beunruhigend erschienen. In demselben Jahr, in dem ihr Kind geboren wurde, sollte ein großer Sturm über sie hereinbrechen, der ihr Leben, wie sie es kannte, beenden sollte. Hieß das, sie würde in einem Unwetter umkommen? Oder erwartete sie der Sturm der Veränderung?
    Letzteres war wahrscheinlich, denn unter dem Gebrabbel, das immer undeutlicher wurde, hatte sie noch verstanden, dass ihr ein gutes Ende beschieden sei und sie nach fast dreiundsechzig Jahren ins nächste Leben eingehen würde. Ach ja, und sie würde den Rest ihres Lebens am Meer verbringen.
    All diese Fakten schrieb Grace nieder, und nachdem sie sie gelesen hatte, schüttelte sie den Kopf.
    Wie es aussah, würde ihre Familie Ceylon nicht so bald verlassen, Hochzeit und Kinderkriegen waren nichts Besonderes, und wenn sie insgesamt zweiundsechzig Jahre leben sollte, dann war das zwar nicht viel, aber noch weit entfernt vom heutigen Tag. Abgesehen von ihrem Todesalter – was sie doch ziemlich makaber fand – hätte ihr das jeder Jahrmarktsgaukler vorhersagen können.
    Dann fiel ihr aber noch etwas ein, der Satz, den ihr der alte Mann als Rat auf den Weg mitgegeben hatte. Höre immer auf dein Herz und folge ihm. Tust du es nicht, wirst du Unglück bringen über dich und jene, die du liebst.
    So oder zumindest so ähnlich hatte er es ausgedrückt. Auf mein Herz hören, dachte Grace, während sie den Kopf an die Fensterscheibe lehnte. Was will denn mein Herz überhaupt? Und warum sollten meine Wünsche das Schicksal unserer Familie beeinflussen? Die Tremaynes waren es gewohnt, auf ihren Verstand zu hören, zu tun, was ihre Pflicht ist.
    Dieser Gedanke beschäftigte sie selbst dann noch, als sie zu Bett ging und schlaflos an die Decke starrte.

Berlin, 2008
    Während die U-Bahn in Richtung Innenstadt ratterte, versuchte Diana die bisherigen Informationen über das Geheimnis zu ordnen. Sie hatte den Teil eines Orakels gefunden, praktisch ein uraltes Horoskop. Über diese kleinen Vorhersagen in der Zeitung lachte sie meist, denn sie waren immer so formuliert, dass sie auf jeden zutrafen. Auch glaubte sie nicht, dass irgendeine Instanz

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