Die Schmetterlingsinsel
der alten Gebäude, selbst Straßennamen hatten sich erhalten, wie sie beim Vergleich mit dem alten Reiseführer von 1887 festgestellt hatte.
Das Grand Oriental gehörte zu diesen Hinterlassenschaften aus ferner Zeit.
Das lebendige Gewimmel auf der Straße davor hätte auch aus einer Dokumentation stammen können. Zwischen Männern in dunklen Hosen und hellem Hemd, was so etwas wie die Standardbekleidung für die Herren war, entdeckte sie Geschäftsleute verschiedener Nationen, Frauen, sowohl in traditionellen Saris als auch in modernen Kleidern, Kinder und Touristen.
Mit einem guten Gefühl schritt sie grüßend an dem Portier in rot-goldener Livree vorbei durch die Glastür des Hotels auf den Empfang zu.
Auch das Innere des Hotels war sorgfältig restauriert und um ein paar moderne Elemente bereichert worden. Neben dem Buchladen, den es hier schon seit langer Zeit gab, verfügte das Hotel auch über verschiedene andere Läden, unter anderem einen Floristen, aus dessen Schaufenster sie wunderbare Frangipani-Blüten anstrahlten.
In einer Broschüre hatte Diana gelesen, dass es in den achtziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts den Namen Taprobane Hotel getragen hatte. Mittlerweile wollte man aber wieder an den früheren Glanz, den Gäste wie der Dichter Somerset Maugham genießen durften, anknüpfen.
»Willkommen im Grand Oriental Hotel, was kann ich für Sie tun?«, begrüßte sie die Empfangsdame, die in ein adrettes Kostüm gekleidet war und die Haare zu einem strengen Knoten im Nacken zusammengebunden trug.
Diana stellte sich vor und legte ihre Reservierungsbescheinigung auf den Tisch. Nachdem sie ein paar Formulare ausgefüllt und die Zimmerschlüssel ausgehändigt bekommen hatte, erschien ein Page, der Diana in ihr Zimmer führte.
Wie mochten sich die Tremaynes gefühlt haben, als sie die Treppe hinaufstiegen?, fragte sie sich, während sie dem jungen Mann folgte. Die Ehefrau und ihre Töchter in ihren üppigen Kleidern und engen Korsetts, der Mann in steifem Vatermörderkragen. Eine Schar von Angestellten im Schlepptau nach sich ziehend.
Selbst in ihrer modernen Kleidung schwitzte Diana. Wie soll es ihren Vorfahren da ergangen sein?
Das Hotelzimmer, obwohl es saniert und gut gepflegt war, zog sie endgültig ins 19. Jahrhundert hinein. Die braunen Bodenfliesen, die zu einem kunstvollen Mosaik zusammengefügt waren, hätten genauso gut auch damals schon hier liegen können, das den Raum beherrschende Himmelbett war dem Augenschein nach eine genaue Kopie des Bettes, das den Gästen auch in früheren Zeiten eine gute Nachtruhe bieten wollte. Die Sessel waren ebenfalls neu, passten stilistisch aber sehr gut in das Ambiente des Raumes, dessen Fenster einen wunderbaren Blick auf den Hafen bot.
Einen Deckenventilator, wie man ihn aus Filmen kannte, suchte Diana allerdings vergeblich, er war durch eine moderne Klimaanlage ersetzt worden.
Nachdem sie dem Pagen Trinkgeld gegeben hatte, schloss sie die Tür hinter sich und ließ den Raum eine Weile auf sich wirken. Dann ging sie zum Fenster, das einen wunderbaren Ausblick auf den Hafen und das Meer bot. Die warme Brise, die durch ihr Haar und über ihr Gesicht strich, löste ihre Anspannung ein wenig. Ich bin auf dem richtigen Weg.
Nach dem Auspacken trug sie die Posterröhre zum Schreibtisch, in der sie das Palmblatt aufbewahrte. Die Sicherheitsleute hatten sie bei der Kontrolle etwas merkwürdig angesehen, ihr die Behauptung, dass sie es einem Bekannten in Colombo zurückgeben wollte, allerdings abgenommen.
Vielleicht wäre es besser, wenn ich es dem Hotelsafe anvertraue, dachte sie. Um herausfinden zu können, zu welcher Bibliothek es gehörte, würden die Fotos reichen, von denen Michael ihr Abzüge geschickt hatte.
Obwohl sie hundemüde war, entschloss sie sich, eine kurze Erkundungstour durch die Stadt zu unternehmen.
Nachdem sie geduscht und sich umgezogen hatte, teilte sie Eva und Mr Green mit, dass sie sicher in Colombo gelandet war. Mit dem alten und einem neuen Reiseführer bewaffnet, um sich auf den Weg zu Mr Singh zu machen, sowie der Posterrolle unter dem Arm verließ sie eine halbe Stunde später ihr Zimmer.
Auf dem Weg in die Lobby geriet sie in einen Gang, in dem reges Treiben herrschte. Im Lotus Ballroom, wie das blank polierte Schild vor der Tür verriet, liefen offenbar die Vorbereitungen für eine Großveranstaltung auf Hochtouren. Die festlichen weißen, mit goldenen Schleifen verzierten Überwürfe auf den Stühlen machten den
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