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Die Schmetterlingsinsel

Die Schmetterlingsinsel

Titel: Die Schmetterlingsinsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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dennoch dürfen wir nicht leichtsinnig sein.«
    »Sie meinen die Tamil Tigers.«
    Jonathan nickte. »Hierzulande nennt man sie meist Tigers. Aus einer Organisation, die sich für die Rechte der Tamilen einsetzte, wurde eine Terrororganisation, die vor Anschlägen, Mord und Entführungen nicht zurückschreckt.«
    Deshalb also die Terrorwarnungen, dachte Diana. Die Broschüre mit den Sicherheitshinweisen hatte sie über ihre Reisevorbereitungen und Nachforschungen ignoriert.
    »Kennt überhaupt noch irgendwer die Ursachen dieses Konflikts?«
    »Spannungen gab es schon weit vor der Kolonialzeit. Zu Zeiten der Engländer wurden die aus Südindien eingewanderten Tamilen als schriftkundiges Volk von den Engländern bevorzugt. Man setzte sie in Verwaltungspositionen und ­Büros ein, man machte sie zu Vorarbeitern auf Plantagen und zu leitenden Angestellten in den Städten. Die Singhalesen hingegen wurden schon immer als Arbeiter furchtbar ausgebeutet. In den ihnen übergeordneten Tamilen sahen sie schon bald die Gehilfen ihrer Unterdrücker. Als die Kolonialzeit endete und die Engländer abzogen, richtete sich die Wut der zahlenmäßig überlegenen Singhalesen gegen die Tamilen. Im Jahr 1983 kam es zu einem schrecklichen Pogrom gegen die Tamilen, in den folgenden Jahren wollte man ihnen sogar ihre eigene Sprache verbieten. Das war die Geburtsstunde der ­Tamil Tigers.«
    Nur verschwommen erinnerte sich Diana an Nachrichten über Konflikte in Südindien und Sri Lanka.
    »Mittlerweile leben Tamilen und Singhalesen in diesem Teil Sri Lankas wieder friedlich zusammen. Doch im Norden werden Forderungen nach einem eigenen Tamilenstaat laut. Darauf wird die Regierung so schnell nicht eingehen. Nein, wahrscheinlich wird sie es nie tun.«
    In der kleinen Pause, die nun eintrat, dachte Diana darüber nach, wie tief die Verletzungen beider Volksgruppen saßen. Würden sie jemals wirklichen Frieden finden können?
    »Mit Ihrem Wissen könnten Sie auch ein guter Journalist sein«, bemerkte sie schließlich.
    Jonathan nickte. »Wahrscheinlich. Doch glauben Sie mir, wenn ich das jetzige Projekt beendet habe, werde ich mich wieder der alten Geschichte zuwenden. Immerhin bin ich Historiker. Haben Sie schon mal etwas von dem Königreich Kandy gehört?«
    »Es ist hier ganz in der Nähe, oder?«
    Jonathan nickte. »Ja, das wird mein nächstes Projekt sein. Ich werde auf den Spuren der alten Könige wandeln und den berühmten Zahntempel erforschen. Dort soll ein Backenzahn von Buddha höchstpersönlich ruhen.« Versonnen lächelte er in sich hinein, als könnte er es schon gar nicht mehr erwarten, damit zu beginnen, dann setzte er hinzu: »Hin und wieder braucht der Mensch was Leichtes zwischendurch.«
    »Ich glaube nicht, dass die Erforschung eines längst vergangenen Königreichs einfach ist.«
    »Man muss nur an den richtigen Stellen suchen, dann findet man auch. Und ich glaube, dass die Vannattupp u cci Tea Company eine sehr große Fundgrube ist.«
    Als hätte er den Stapel schon hunderte Male durchgesehen, zog er einen Prospekt hervor, der neben Werbung auch noch einen kleinen Absatz über die Geschichte der Plantage aufwies.
    Jonathan tippte auf einen bestimmten Absatz und lächelte sie breit an.
    »Das gibt es doch nicht!«, rief Diana erstaunt.
    »Offenbar schon. Ich würde mein gesamtes Buchhonorar darauf setzen, dass Sie finden, wonach Sie suchen.«
    Am Abend rüsteten sich Diana und Jonathan für den Aufstieg zur Teeplantage. Öffentliche Verkehrsmittel gab es dort nicht, höchstens ein paar Elefanten, die wie eh und je für die Feldarbeit eingesetzt wurden. Aber Jonathan hatte im Hotel einen Mann ausfindig gemacht, der sie bis zu einem bestimmten Punkt fahren würde.
    Freudige Erregung erfasste Diana bei dem Gedanken, endlich den Ort zu sehen, an dem ihre Ururgroßmutter einst gelebt hatte.
    Was würde sie dort finden? Hatten tatsächlich einige Akten die Zeit überdauert? Oder würde sie einfach nur ins Leere greifen?
    Ein Klopfen an der Tür riss sie aus ihren Gedanken.
    »Herein«, sagte sie, in der Annahme, dass es ein Dienstmädchen war, das die Minibar auffüllen wollte.
    »Ah, Sie sind schon fast fertig.«
    Lächelnd lehnte sich Jonathan an die Tür. Diana richtete sich auf und strich sich ein paar Strähnen aus dem Gesicht.
    »Ja, das Nötigste. Wer weiß, ob wir auf der Plantage irgendwas finden.«
    »Wenn nicht, haben Sie immerhin den Ort gesehen, an dem Ihre Vorfahren gelebt haben. Die eigenen Wurzeln zu finden ist sehr

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