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Die Schnelligkeit der Schnecke

Die Schnelligkeit der Schnecke

Titel: Die Schnelligkeit der Schnecke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marco Malvaldi
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Schreckschraube‹. Da er aber seine Frau zärtlich liebte, war er gezwungen, sie in ihrer Gegenwart mit Respekt zu behandeln und, als die Frau ihn darum bat, auch ein Porträt von ihr anzufertigen. Rembrandts wahre Gefühle zeigen sich vor allem in den Farben, die der Meister wählte, um den alten Drachen zu malen: Man beachte vor allem die Hell-Dunkel-Kontraste, mit denen Rembrandt das Doppelkinn und das gierige, berechnende Gesicht unterstreicht, das sie wie die Besitzerin eines viertklassigen Bordells aussehen lässt, in das der Meister sie häufig wünschte.«
    Während Tiziana weiterlachte, begrüßte ihn das Quartett mit Begeisterung.
    »Kompliment, Miss Marple!«, sagte Del Tacca und erhob sich zur Feier des Tages sogar aus seinem Stühlchen.
    »Willkommen, Junge«, sagte Ampelio lächelnd. »Wir warten schon ein Weilchen auf dich.«
    Ich kann mir vorstellen, warum ihr auf mich gewartet habt, dachte Massimo. Die Zeitung lag aufgeschlagen auf dem Tischchen, genau bei den Lokalseiten, in denen berichtet wurde, wie am Tag zuvor im Laufe einer Zeugenvernehmung Doktor Shin-Ichi Kubo (34) gestanden hatte, für den Tod des Professor Asahara verantwortlich zu sein.
    Wieder einmal ertappte Massimo sich bei dem Gedanken, dass die Geschwindigkeit, mit der selbst partielle Ermittlungsergebnisse die Entfernung zwischen dem Kommissariat und der Zeitungsredaktion überwanden, etwas Unnatürliches an sich hatte. Daraus hatte Massimo den Schluss gezogen, dass der emsige Agente Galan mit seinem Seminaristengesicht etwas zu häufig den falschen Beichtstuhl aufsuchte.
    Massimo seinerseits hatte überhaupt keine Lust, über diese Geschichte zu sprechen: Das Schuldbewusstsein des Vortages hatte ihm noch lange Gesellschaft geleistet und ihm eine grauenvolle Nacht beschert, in der er seinem Gefühl nach kaum ein Auge zugetan hatte. Unsinnig, ich weiß, aber dennoch da und nur schwer wieder loszuwerden.
    Die Alten hingegen standen schon in den Startlöchern und bebten vor Neugierde. Während Massimo hinter den Tresen ging, stellte Aldo die erste Frage: »Massimo, eine Sache müsstest du mir sagen.«
    »Natürlich. Du möchtest wissen, wie viel die uns für das Catering beim Kongress bezahlen. Leider habe ich noch nicht mit der Ricciardi telefoniert«, sagte Massimo.
    »Ach, wen interessiert denn die Ricciardi?«, erwiderte Aldo. »Ich möchte wissen, ob das, was in der Zeitung steht, auch wirklich wahr ist.«
    »Normalerweise nicht. Aber in diesem Fall schon. Dieser Kerl, Shin-Ichi Kubo, hat zugegeben, seinen Chef umgebracht zu haben. Ohne es zu wollen, wie es aussieht. Im Grunde wollte er nur ein leichtes Unwohlsein herbeiführen, indem er ihm zwei oder drei Tavor-Tabletten gab. Leider wusste er nicht, dass sein Chef diese Krankheit hatte, Myasthenie. Weswegen das geschehen ist, was geschehen ist.«
    »Und das steht auch so in der Zeitung«, gab Aldo zurück. »Aber was der Kerl nun genau machen wollte, habe ich nicht verstanden.«
    Massimo atmete durch und drängte die Versuchung zurück, Aldo dahin zu schicken, wo der Pfeffer wächst. Einen Augenblick lang überlegte er, wie er der Schar Senioren erklären könne, dass er keine Lust habe, über diese Geschichte zu sprechen, und dass ihm die ganze Sache Bauchschmerzen bereite. Andererseits war er unterm Strich doch ziemlich stolz darauf. Er war sich bewusst, eine gute Nase bewiesen zu haben (was zu erwarten gewesen war), und ein gewisses Maß an Mut (was eher überraschend war). Nach kurzem Kampf zog sich das Schuldgefühl in eine Ecke zurück, und der Stolz ergriff das Wort.
    »Also, fangen wir von vorne an. Wozu ist ein Computer nützlich? Großvater, die Frage ist rhetorisch gemeint. Wenn du es wagst, mich zu unterbrechen, vergifte ich dir deinen Grappa.«
    Ampelio machte den Mund wieder zu.
    »Ein Computer dient zum Rechnen. Dafür ist er da. Zum Rechnen. Computer heißt Rechner. Alles andere, was man mit Computern machen kann – E-Mails schreiben, Pornofilme gucken, ins Internet gehen, um Pornofilme herunterzuladen und so weiter –, leitet sich von dieser primären Fähigkeit ab. Das vorausgesetzt, ist allerdings auch klar, dass der Zweck, zu dem ein Gegenstand existiert, durch das vorgegeben wird, wofür wir ihn gebrauchen. Und ein tragbarer Computer ist vor allem ein Kommunikationsmittel. Im Internet surfen, Präsentationen zeigen, Aufsätze schreiben oder Romane, und das Ganze, während man außer Haus ist.«
    Massimo setzte sich auf einen Stuhl, stand aber sofort

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