Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schockwelle: Thriller (German Edition)

Die Schockwelle: Thriller (German Edition)

Titel: Die Schockwelle: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
Vom Netzwerk:
erfolgreicher Großhandelskaufmann war, hätte er geglaubt, die Chemikerin würde sich ihr Geld in einem Drogenlabor verdienen.
    »Noch eine Frage zu Ralf Tanner«, sagte er möglichst höflich, ohne jedoch seine Ungeduld ganz verbergen zu können.
    »Er ist Ihr Vater, nicht wahr?«, fragte Olga Rybkina und sah ihn aufmerksam an.
    Riku antwortete nicht, sein Instinkt riet ihm, bei diesem Thema vorsichtig zu sein. Die Frau wirkte jetzt wesentlich jünger und wacher als vor einer Stunde in Bykows Haus.
    »Sie haben schon erzählt, dass Sie sich nicht erinnern können, wann Tanner zuletzt bei Ihnen im Institut war. Aber könnten Sie vielleicht sagen, ob es vor oder nach dem November 1989 war? Vor oder nach dem Fall der Berliner Mauer?«
    Die Frau seufzte. »So gut ist mein Gedächtnis leider nicht mehr.«
    Riku wusste nicht, ob er froh oder enttäuscht sein sollte über das, was ihm Olga Rybkina erzählt hatte. Immerhin konnte er daraus schließen, dass sein Vater der Sowjetunion tatsächlich Technologie für den militärwissenschaftlichen Gebrauch beschafft hatte.
    »Trinken Sie auch einen?«, fragte Swetlana Riku, und dieser hielt es für das Beste, einen Schluck Kognak zu nehmen. Erversuchte den Eindruck zu vermitteln, alle Zeit der Welt zu haben, obwohl er baldmöglichst im Hafen und auf dem Schiff nach Helsinki sein musste.
    »Ich werde Tee und belegte Brote machen.« Swetlana ging in die Küche.
    Obwohl er unter enormem Druck stand, spürte Riku plötzlich ein Wohlgefühl aufkommen. Es gefiel ihm bei den beiden alten Frauen, es war ein bisschen wie zu Hause.
    Olga Rybkina sah ihn an. »Sie wissen mehr über meinen Entführer, als Sie gesagt haben. Ich will von Ihnen hören …«
    »Entschuldigen Sie, wenn ich Sie unterbreche, aber ich muss gleich los und möchte Sie zuvor etwas fragen.«
    In Gegenwart der Freundin hatte sich Riku gescheut, offen zu reden.
    »Im Taxi haben Sie erzählt, dass sich Vera Dobrina auch nach Ihrem Mann erkundigt hat, richtig?«
    »Sie fragte im Speziellen nach Jewgeni. Ich hatte den Eindruck, dass sie etwas über die Umstände seiner Ermordung wissen wollte.«
    »Seiner Ermordung?«
    Olga nahm einen Schluck Kognak. »Der Herbst 1989 war eine sehr merkwürdige Zeit. In Osteuropa brodelte es, und Gorbatschow versuchte, mit seinen Reformen zu retten, was zu retten war. Wir waren übers Wochenende auf unserer Datscha. Jewgeni hatte dort für unsere zehnjährige Tochter eine kleine Hütte am Waldrand gebaut. Irina bat mich mitzukommen, sie wollte mir etwas zeigen. Wir gingen zu der Hütte, und da sah ich ein Auto aufs Gelände fahren. Drei Männer packten Jewgeni und zerrten ihn in den Wagen. Zwei Wochen später fand man seine schlimm zugerichtete Leiche im Wald.«
    Mit wachsendem Entsetzen hörte Riku zu. »Hat man die Täter erwischt?«
    »Nein. Deswegen habe ich mich gefreut, als sich Vera Dobrina bei mir meldete. Ich dachte, wenn die bekannte, mutigeJournalistin die Ereignisse untersucht, wird die Wahrheit endlich ans Tageslicht kommen. Aber was geschah? Auch die Journalistin wurde umgebracht. Jetzt, zwanzig Jahre später. Und ich wurde gefesselt in einen Keller geworfen, um auf wer weiß was zu warten … Ich bin sicher, dass es einen Zusammenhang mit dem Mord an meinem Mann gibt.«
    Riku spürte einen eiskalten Schauder. Sein Vater verschwand vor zwanzig Jahren …
    »Was wollte Vera Dobrina über Ihren Mann wissen?«
    »Sie fragte nach seiner Laufbahn, nach seinen Arbeitsstellen und seinem Spezialgebiet … und danach, wie die Behörden die Mordermittlungen durchgeführt haben. Es war ja kein gewöhnlicher Mord. Diese Männer holten Jewgeni und brachten ihn irgendwo hin, aber sie töteten ihn nicht sofort. Warum nur?«
    »Was kam bei den Ermittlungen damals heraus?«
    »Es gab keine Ermittlungen. Nicht die Miliz hat sich um den Fall gekümmert, sondern die Armee und der KGB. Nachdem Jewgeni entführt worden war, befahlen sie mir, allen Freunden und Bekannten zu erzählen, er sei auf Dienstreise. Und als die Leiche gefunden wurde, sagte man mir, Jewgeni habe Selbstmord begangen.«
    »Was machte er genau beruflich?«
    »Wie ich schon im Auto gesagt habe, wir haben beide in Arzamas-16 in der Rüstungsindustrie gearbeitet. Ich als Radiochemikerin in einem Institut, das Uran und Plutonium für Kernwaffen produzierte, und er als Konstrukteur dieser Waffen.«
    »Er hat Kernwaffen gebaut?«
    »Ja. Das war nichts Besonderes, das war eine ganz banale Tätigkeit. Sie wurden zu Tausenden

Weitere Kostenlose Bücher