Die Schockwelle: Thriller (German Edition)
und die seltsam tröstlich wirkte; er ballte die Fäuste, in seinen Ohren rauschte das Blut, und seine Gedanken fokussierten sich auf einen glühenden Punkt, der leichter zu kontrollieren war. Betrug. Vor Gericht wurde man dafür bestraft. Wie konnte Mira ihn nur derart demütigen?
Er würde sie dazu bringen, ein Geständnis abzulegen – von sich aus. Er würde Beweise sammeln, die unwiderlegbar ihre Schuld erwiesen. Auf Knien würde sie ihn um Gnade anflehen. Und was Tanner betraf …
Es klopfte an der Tür. Markku fuhr zusammen, richtete seine Krawatte und streckte den Rücken durch.
Kriminalhauptmeister Tero Kivelä trat ein. »Tanners Exfrau hat angerufen.«
»Was hat sie gesagt?«
»Ihr ist eingefallen, wo sich Tanner versteckt oder seinen Sohn hingebracht haben könnte.«
»Das wurde ja auch höchste Zeit!«
»Tanner vertraut seinem Großonkel felsenfest. Der Mann ist angeblich ein richtiger Sturschädel. Die Exfrau hat ihn angerufen und ist sogar zu seiner Wohnung gefahren, hat ihn aber nicht angetroffen.«
»Wo könnte er sein?«, fragte Markku hellwach.
»Er hat ein abgelegenes Sommerhaus in Askola, wo Tanner angeblich in seiner Kindheit viel Zeit verbracht hat.«
Markku nickte bedächtig. »Und die Exfrau weiß nicht, wo die Hütte ist?«
»Sie ist nie dort gewesen.«
Kivelä wollte gehen, aber Markku hielt ihn zurück: »Tero … du hast doch überprüft, wen Tanner bei dem Seminar in Hyvinkää getroffen hat …«
»Die Liste liegt auf deinem Schreibtisch.«
»Stehen garantiert alle Namen darauf?«
In Kiveläs Blick blitzte kurz Unsicherheit auf. Markku ahnte, dass der Kollege etwas verschwieg.
»Ich will jeden Namen haben«, erklärte Markku mit Nachdruck. »Du darfst nichts vertuschen. Eventuell gibt es noch mehr Verdächtige außer Tanner.«
Kiveläs Blick irrte unsicher durch den Raum, bis der Ermittler schließlich sagte: »Eine Beobachtung fehlt.«
»Nämlich?«
»Tanner und Mira wurden zusammen gesehen.«
Markku starrte Kivelä an.
»Sie wurden zusammen gesehen?«
»Sie verbrachten den Abend zusammen im Hotelrestaurant. Dann gingen sie gemeinsam in Tanners Zimmer.«
»Wer hat das beobachtet?«
»Unsere schwedischen Kollegen. Und ein deutscher Konferenzteilnehmer,der zur gleichen Zeit in sein Zimmer ging, hat sie ebenfalls erkannt.«
»Ach ja, richtig …«, sagte Markku. »Mira hat mir davon erzählt. Sie hat Tanner ein Dokument gegeben, das er für eine laufende Ermittlung benötigte.«
»Ich dachte mir schon, dass es sich um etwas in der Art handelte.« Kivelä wirkte alles andere als überzeugt.
»Sonst noch etwas?«
Kivelä zögerte einen Moment.
»Sag schon. Ich will alles wissen.«
»Wie es aussieht, ist Mira im Fall Tanner ziemlich aktiv. Sie hat auf eigene Initiative ein Schmuckgeschäft in der Kalevankatu gegenüber dem Verlag von Elina Aro aufgesucht und dergleichen.«
»Davon hat sie mir auch erzählt, das war eine gute Idee … Versuch jetzt möglichst schnell herauszufinden, wo diese Hütte in Askola steht.«
Kivelä nickte und verließ den Raum.
Die Stille summte in Markkus Ohren, als er wieder allein war. Sein Mund war trocken, sein Körper wie taub.
Er hatte den letzten Beweis erhalten, der Fall war nun klar. Aber Mira würde jede Minute, die sie mit Tanner verbracht hatte, bereuen.
41
Elina war unruhig und wusste nicht, was sie in Sebastians stiller Wohnung in Charlottenburg anfangen sollte. Es war schwül, in der Ferne donnerte es, grünlich-mattes Licht fiel durch die Fenster.
Sebastian war schon eine ganze Weile weg, und er meldete sich nicht am Handy. Das war hart, jetzt, nach all dem, was sie besprochen hatten.
Elinas Kopfschmerzen wurden immer stärker. Sie nahm Mineralwasser aus dem Kühlschrank, suchte in ihrer Tasche nach den Tabletten und hätte sich beinahe verschluckt, weil sie tief in Gedanken war. Warum hielt sie sich zurück? Sie wusste doch, was sie tun wollte. Zögernd ging sie in Sebastians Arbeitszimmer.
Sie ließ den Blick systematisch über Tisch, Schubladen und Regale schweifen. Schließlich entschied sie sich für aufeinandergestapelte Aufbewahrungskisten und durchforstete sie entschlossen. Als Erstes fand sie Negative und Kästen mit Dias. Sie öffnete einen davon, nahm ein Diarähmchen in die Hand und hielt es gegen das Fenster. Das Bild zeigte einen Panzer, es war offenbar im Irak oder im Iran aufgenommen worden. Nachdenklich senkte sie den Blick. Ihre Augen wanderten über die Diakästen, dann bemerkte sie etwas
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