Die Schockwelle: Thriller (German Edition)
rösten«, fügte Kalle hinzu und lächelte den Jungen an.
Das Boot glitt auf den Sand und stoppte. Kalle sprang mit seinen hohen Gummistiefeln ins Wasser und zog das Boot ans Ufer.
»Guck mal, wir haben Besuch«, sagte Leo.
Kalle drehte sich abrupt um. Zwei Männer, die nicht aus der Gegend zu sein schienen, kamen auf sie zu.
Rasch blickte Kalle zum Haus, wo sein Gewehr hing. Der Weg war zu weit.
Er packte erneut das Boot.
»Halt dich fest!«, rief er Leo zu und schob das Boot mit aller Kraft wieder ins Wasser, sodass es rechts und links nur so spritzte.
»Die rennen«, juchzte Leo im Boot. Er schien das Ganze lustig zu finden.
Kalle machte noch ein paar Schritte, dann sprang er ins Boot, griff nach den Rudern und versuchte sie in die Dollen einzusetzen.
Hinter sich hörte er das Wasser spritzen. Er blickte über die Schulter und sah, dass einer der Männer den Bootssteven gepackt hatte.
Kalle stand auf, nahm ein Ruder in beide Hände und schlug damit nach dem Mann. Dieser wich aus und bekam gleich darauf das Ruder zu fassen.
Er rief seinem Komplizen etwas zu – auf Russisch.
Dann entwand er Kalle das Ruder und stieg ins Boot. Er versetzte dem alten Mann einen scharfen Schlag mit dem Ruderblatt, worauf Kalle auf die Knie sank. Leo erschrak und hielt sich am Bootsrand fest.
Wieder sauste das Ruder durch die Luft und traf Kalle im Gesicht.
Der Mann im Wasser zog inzwischen das Boot ans Ufer zurück. Kalle blickte auf den Jungen, der schockiert auf der hinteren Bank saß und Tränen in den Augen hatte.
»Keine Angst, wir werden das schon hinkriegen«, versuchte er zu sagen, hörte aber selbst, wie breiig seine Worte klangen, weil ihm das Blut aus dem Mund lief.
Er gab sich alle Mühe, bei Bewusstsein zu bleiben, aber stechende Schmerzen im Gesicht raubten ihm die Kraft. Am meisten aber schmerzte ihn, dass er sein Versprechen, Leo zu beschützen, nicht halten konnte.
DRITTER TEIL
50
Riku stand hinter Sebastian in der spartanischen Eingangshalle der Haftanstalt Moabit. Die Sonne, die am frühen Morgen durch die Oberlichter schien, warf helle Streifen auf die weiße Wand.
»Ich habe einen Besuch angemeldet«, sagte Sebastian zu dem uniformierten Pförtner hinter der kugelsicheren Scheibe. Irgendwo hörte man das Klappern schwerer Metalltüren und wütende Rufe.
»Name des Häftlings?«, fragte der Pförtner mürrisch über den Lautsprecher.
»Claus Berger.«
Riku sah, wie der Pförtner hellhörig wurde und den Blick auf ihn richtete.
»Stimmt etwas nicht?«, fragte Sebastian.
»Wer sind Sie?«
»Ich bin Sebastian Keller, Claus Bergers Sohn. Und das hier ist ein Freund aus Finnland.«
»Ihre Papiere, bitte.«
»Gibt es dafür einen besonderen Grund?«, wollte Sebastian wissen. »Beim letzten Mal hat man meinen Ausweis nicht verlangt.«
»Wir haben das Recht, die Identität aller Besucher zu überprüfen.«
Verärgert zog Sebastian das Portemonnaie aus der Innentasche seiner Jacke. Riku schätzte die Situation rasch ab. Wenn sein falscher Pass am Flughafen von Sankt Petersburg anstandslosakzeptiert worden war, würde das wahrscheinlich auch hier der Fall sein. Andererseits überraschten die Deutschen bisweilen mit ihrer Gründlichkeit.
Er reichte dem Pförtner den Pass, und dieser sah sich die Papiere genau an.
Zuerst hatte es Sebastian abgelehnt, Riku mit ins Gefängnis zu nehmen, aber Riku war strikt bei seiner Forderung geblieben. Keine Macht der Welt konnte ihn daran hindern, mit dem Mann zu sprechen, der etwas über seinen Vater wusste. Er wollte herausfinden, ob sein Vater etwas mit der 1989 von der Stasi und dem KGB geplanten Operation zu tun hatte. Außerdem hatte er Sebastian zu verstehen gegeben, dass es dessen Glaubwürdigkeit durchaus steigern könnte, wenn er Riku mit Claus Berger reden ließ. Elina war inzwischen ins Berliner Staatsarchiv gegangen, um nach Informationen über den Bunker von Bärenstetten zu suchen.
Der Pförtner nahm den Telefonhörer und rief jemanden an. Er hatte das Mikrofon der Sprechanlage ausgeschaltet und telefonierte mit ernster Miene, wobei er immer wieder einen Blick auf die beiden Männer warf.
Riku machte sich allmählich Sorgen, vor allem weil nun zwei Polizisten in der Eingangshalle erschienen. Etwas ging hier vor.
Der Pförtner beendete das Gespräch, sah Sebastian an und beugte sich näher an die Luke heran.
»Ich habe unschöne Neuigkeiten. Ihr Vater ist letzte Nacht verstorben.«
Riku richtete den Blick vom Pförtner auf Sebastian, der
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