Die schöne Betrügerin
einer Lady gehen, oder nicht?«
Phillipa hatte zwei mögliche Antworten zur Auswahl und entschied sich dafür, feierlich den Kopf zu schütteln.
»Also braucht er eine ganz andere Art von… nun denn, Collis und ich wollen Sie zu einem Halbwelt-Ball mitnehmen. Wenn Ihnen das recht ist.«
Phillipa ertappte sich dabei, wie sie automatisch nickte, obwohl in ihrem Kopf völlige Leere herrschte.
James wirkte deutlich erleichtert. »Gut. Es freut mich, dass wir uns verstehen.« Er lehnte sich in die Polster zurück und war offenkundig mit sich zufrieden. »Wir gehen morgen Abend.«
Phillipa machte schon den Mund auf, um zu fragen, zum Teufel er eigentlich meine, hielt dann aber abrupt inne
Halbwelt?
Kurtisanen und Mätressen? Sie holte Luft, hob einen Finger, um ihn um eine Erklärung zu bitten, als ihr die Antwort plötzlich von selber kam.
Bedürfnisse? James dachte, Phillip bräuchte eine Prostituierte?
»Ehm, James?«
Er sah erwartungsvoll auf, aber sie hatte nicht den leisesten Schimmer, was sie sagen sollte. Dass Phillip nicht wollte? Hätte ein junger Mann das getan? Das bezweifelte sie.
»Ja, Flip?«
»Vielleicht könnten Sie mir erklären -« Phillipa verschränkte die Hände im Schoß und sah verlegen auf ihre Finger. »Was genau es bedeutet, zu einem Halbwelt-Ball zu gehen?« Himmel, sie stellte sich so etwas wie eine ländliche Tanzveranstaltung vor, bei der allerdings alle nackt waren.
»Ach, Sie werden kein Kostüm tragen müssen, falls es das i ist, was Sie wissen wollten. Von den… äh, Damen… wählen viele phantasievolle Aufmachungen, und wer nicht erkannt werden will, trägt eine Maske. Ich bin sicher, Button I kann Ihnen eine besorgen, falls Sie möchten.« James legte den Hut neben sich auf den Sitz und streckte die Arme über den Kopf. »Mrs. Blythe führt eines der eher achtbaren Häuser. Sie meidet die wirklich düsteren Laster. Ihre Damen sind gesund und willig, da sie besser bezahlt werden als die meisten anderen.«
Phillipa runzelte die Stirn. »Die Gentlemen… also, ich meine, bezahlen sie dafür?«
»Nein, nicht direkt. Mrs. Blythe hat da ein ziemlich geniales System. Man bezahlt ein Eintrittsgeld für den Ball, was ich gerne für Sie übernehme. Dafür darf man sich an allem nach Belieben bedienen – dem Essen, den Getränken, den Vergnügungen.« James lächelte aufmunternd. »Sie brauchen keine Bange zu haben, Phillip. Es ist alles sehr einladend und entspannt. Einfach eine Gelegenheit, sich geheime Wünsche zu erfüllen, könnte man sagen.«
Geheime Wünsche. Phillipa dachte plötzlich an die geheimen Fantasien, die James ihr kürzlich offenbart hatte. Sein perfekter Traum – eine Haremstänzerin. Die Bilder aus dem Beduinenlager flirrten ihr durch den Kopf. Diese sinnliche Tänzerin… diese Macht…
»Der Körper einer Frau ist ihre Macht. Sie kann einem Mann den Kopf verdrehen, bis er ihr willfähriges Spielzeug ist.«
Phillipa saß ganz still da, während sie eine rachsüchtige Erregung befiel. Sie hatte sich gefragt, wie sie ihrem Vater behilflich sein könnte – wie sie James’ Vorhaben ergründen konnte. Jetzt wusste sie es.
James trug dieses kleine Buch in jeder wachen Stunde am Körper bei sich, doch wenn er sich schlafen legte, versteckte er es. Was, wenn der Mann zwar nackt war, aber nicht schlief? Er hatte ihr die Waffe selbst in die Hand gegeben. Alles, was sie jetzt noch brauchte, war ein Kostüm.
Button betrat den Salon in Sir Raines’ vornehmem Haus, in den der beeindruckend aussehende Butler Phillipa geleitet hatte. Der kleine Kammerdiener stand einen Augenblick lang mit ausgestreckten Händen da. »Phillipa! Meine Liebe, Sie sehen einfach atemberaubend aus! Ihre eigene Mutter würde Sie nicht wiedererkennen.« Er wirbelte einen Finger in der Luft herum. »Drehen Sie sich, ja?«
Phillip drehte sich folgsam um die eigene Achse. Als sie wieder in Buttons Richtung schaute, hatte er ein selbstgefälliges Blitzen im Blick.
»Meine Liebe, ich muss sagen, Sie sind mein bestes Werk.
Und welch eine Herausforderung! Der perfekte Schnitt, um das Auge zu täuschen, der richtige Stoff, um Sie größer wirken zu lassen, oh, und diese Westenpartie ist schier zum Verrücktwerden!« Er stemmte die Fäuste in die Hüften und nickte knapp. »Ja, ich bin ein Genie.«
Trotz ihrer Anspannung konnte sich Phillipa ein kleines Lächeln nicht verkneifen. Dann wurde sie wieder ernst.
»Button, ich brauche Ihre Hilfe. Ich brauche ein Kostüm. James und Mr. Tremayne haben
Weitere Kostenlose Bücher