Die Schöne des Herrn (German Edition)
dem Vortrag eines zum rechten Glauben übergetretenen indischen Prinzen die Würze, die sie davon überzeugen konnte, dass ihre Religion interessant sei.
Frau Deume, der plötzlich der Zug um neunzehn Uhr fünfundvierzig eingefallen war, schaltete in einen schnelleren Gang und dankte dem Ewigen in aller Eile, dass er ihnen auch heute ihr täglich Brot beschert hatte, das für sie an diesem Abend in Kaviar, Gänseleber in Aspik, einem Brathuhn von Rossi, russischem Salat, verschiedenen Käsen, Kuchen und Früchten bestand. Manchmal machte der Ewige seine Sache wirklich gut.
***
»Ein hübsches Vermögen, diese Gantets«, sagte Frau Ventradour.
»Ein sehr schönes Vermögen würde ich eher sagen«, berichtigte Frau Deume. »Zwei ineinandergehende Salons. Noch ein bisschen Huhn? Wenigstens die Haut? Ich finde, die knusprige Haut ist das Beste an so einem Tier. Dann etwas Käse? Auch nicht? Schön, dann also der Nachtisch. Hippolyte, iss dein Baiser auf und hilf mir gefälligst ein bisschen, mein Bein ist schon wieder steif. Beeil dich, es ist schon sechs, du hast gerade noch eineinviertel Stunden, um alles fertig zu machen, und wir wollen das Taxi nicht warten lassen. Also räum den Tisch ab und stell mir das alles schön ordentlich in die Küche, damit die Putzfrau morgen früh kein Durcheinander vorfindet, denn was würde das für einen Eindruck machen? Leg die Reste in den Kühlschrank, aber nicht den Käse, es gibt nichts Schlimmeres, oder wickle ihn in Alufolie ein, und mach die Fensterläden in der Küche zu, die anderen sind schon geschlossen, und vergiss den Gashahn nicht, und dann schnell mein Gepäck, außer dem Koffer mit den Kleidern natürlich, den habe ich selbst gepackt, weil du davon nichts verstehst, mir tun noch alle Glieder weh. Den Rest, all die Dinge, die ich mitnehme, habe ich auf das Bett und auf die Tische gelegt, du wirst mir das alles schön ordentlich in meine beiden Koffer packen, du bist ja sehr geschickt darin, so dass aller Platz gut ausgenutzt ist, und Vorsicht mit den zerbrechlichen Sachen, und vergiss meine gefaltete Wolldecke nicht und steck meine beiden Regenschirme in die Kofferriemen. Ach, vor lauter Kopfschmerzen habe ich die Schutzüberzüge für das Sofa und die beiden Sessel ganz vergessen, das wirst du auch noch erledigen. Wenn die Koffer gepackt sind, bringst du sie herunter, denn diese Taxichauffeure verlangen dafür immer ganz unverschämte Trinkgelder, stell die Koffer gleich vor das Haus, damit es schneller geht. Oder lieber nicht, nicht draußen, das ist zu riskant. Ins Vestibül, ganz nah an die Tür. Na los, beeil dich, ein bisschen dalli.«
»Soll ich auch das Gessirr sspülen?«
»Ganz zuletzt, wenn du noch Zeit hast, aber dass du ja aufpasst und dich nicht bespritzt.«
»Weißt du, ich habe die Ssilder an den Koffern imprägniert, falls es regnet. Ich habe sie imprägniert, indem ich sie mit einer Wachskerze eingerieben habe.«
»Wunderbar, aber jetzt geh, genug geschwatzt, tummel dich. Räum schnell den Tisch ab, wir brauchen ein bisschen Ruhe für unser Schwätzchen unter Frauen. Aber lass die Kuchen da, bedienen Sie sich, meine Liebe. Noch ein Stück Mandeltorte oder ein Baiser? Ich nehme einen Rum-Savarin, das ist meine Schwäche.«
Während Herr Deume den Tisch abräumte, verschlangen die beiden Freundinnen lächelnd eine erstaunliche Menge Kuchen und sprachen über die Wechselpredigt vom vergangenen Sonntag. Eine gute Idee, um die Jugend anzulocken, sagte Frau Deume. Nach einem dritten Schokoladeneclair stimmte auch Frau Ventradour zu. Diese Wechselpredigten waren zwar ein bisschen gewagt, aber gegen vernünftige Neuerungen hatte sie nichts einzuwenden.
Als der kleine Alte mit seinem letzten Tablett voller Teller und Besteck hinausgegangen war, unterhielten sich die beiden Damen über verschiedene interessante Themen. Zuerst war von einer reizenden Dame die Rede, die eine reizende Villa in einem riesigen reizenden Park besaß; dann von der Undankbarkeit der Armen, die sich selten für die Wohltaten, die man ihnen erwies, erkenntlich zeigten und immer nur mehr wollten und es einfach nicht verstanden, mit ein bisschen Demut dankbar zu sein; dann von der Unverschämtheit der Dienstboten der jungen Generation, »diese jungen Damen verlangen heute neben dem Sonntag einen ganzen freien Nachmittag, obwohl sie gar nicht die gleichen Bedürfnisse haben wie wir, und wenn man bedenkt, welche Mühe wir uns geben, um sie richtig anzulernen, und sie werden immer
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