Die Schöne des Herrn (German Edition)
geziemt, hatte man ihr eine eigene Kabine eingerichtet, mit allem Luxus, mit einem richtigen Bett, kurz, ein richtiges Zimmer mit eigenem Bad natürlich. Und da tritt sie plötzlich aus ihrer herrlichen Kabine heraus, ruft die Stewardess, die natürlich ausschließlich für Ihre Königliche Hoheit abgestellt war, und sagt zu ihr: ›Möchten Sie meine Kleider und meinen Schmuck sehen?‹ Natürlich hat die Stewardess ja gesagt und ist der Prinzessin ganz schüchtern und errötend vor Aufregung und Freude in ihre Kabine gefolgt. Und da hat Ihre Königliche Hoheit ihr all ihre mit Edelsteinen bestickten Festkleider, die Perlen- und Diamantketten und ihr herrliches Smaragddiadem, das natürlich schon seit Jahrhunderten im Besitz der königlichen Familie ist, gezeigt, und das ganz ungezwungen, von Frau zu Frau! Die Stewardess soll vor Dankbarkeit geweint haben. Ich muss sagen, auch ich hatte Tränen in den Augen, als ich den Artikel las, ich finde das so schön, wie diese königliche Prinzessin all diese wunderbaren Dinge einem armen Mädchen zeigt, das kaum mehr als ein Zimmermädchen ist und so etwas noch nie gesehen hat, aber wenigstens einmal im Leben hat sie die Freude gehabt, für ein paar Minuten den Hauch der großen Welt mit ihrer Vornehmheit und Pracht zu spüren! Ach, ist das schön! Man muss schon die Seele einer Kronprinzessin haben, um etwas zu tun, das von so großer innerer Schönheit ist! Das nenne ich wahre Nächstenliebe!«
Sie hätte ihr Loblied auf die königlichen Seelen und die kronprinzesslichen Herzen noch lange fortgesetzt, wenn nicht, ganz außer Atem vom Schleppen der Koffer, Väterchen Deume erschienen wäre und die Ankunft des Taxis gemeldet hätte.
XXXII
Er trat in ihr Zimmer, nachdem er sich die Jacke seines neuen Smokings zugeknöpft hatte, und fand sie vor dem Ankleidespiegel, herrlich anzusehen in ihrem Abendkleid. Er verbeugte sich zum Scherz.
»Ich empfehle mich, edle Dame. Es ist soweit, alles ist in Ordnung. Mein Gepäck ist aufgegeben für zwölf Uhr fünfzig. War doch eine gute Idee, dass ich noch schnell zum Bahnhof gefahren bin, nicht wahr? Jetzt bin ich die Sorge los. Verstehst du, ich wollte nicht dauernd daran denken müssen, dass ich mein Gepäck noch aufgeben muss, in letzter Sekunde. Der Mann am Gepäckschalter hat sich wichtig machen wollen, ich sei zu früh gekommen und so weiter. Darauf habe ich nur Völkerbund gesagt, und das hat ihm das Maul gestopft. Am Zoll haben sie nichts aufgemacht, denn ich habe ihnen meine Legitimationskarte gezeigt, und das hat sie beeindruckt. Ach, das hätte ich beinahe vergessen. Ich habe mein Gepäck versichert. Ich glaube, das war eine gute Idee. Zwei Promille, das ist ja nicht die Welt. Fünfzehn Franken hat es gemacht, aber dafür bin ich jetzt beruhigt. Und weißt du was, ich habe das Taxi behalten, ist doch klar. Es wartet unten, ich habe dem Chauffeur gesagt, dass wir gleich herunterkommen. Stell dir vor, es ist derselbe Chauffeur, der Papi und Mammi gefahren hat. Ja, in dem Augenblick, als ich aus dem Bahnhof kam, stiegen sie aus ihrem Taxi, und ich habe es natürlich gleich genommen, und das war ein Glück, denn es gab kein anderes, und mein Gepäckträger hat gleich ihr Gepäck übernommen! Ein toller Zufall, was? Sag mal, Liebling, der Gedanke, dass du ab heute Nacht für Monate ganz allein in der Villa bleiben wirst, lässt mir keine Ruhe. Du hast nur diese Putzfrau, und die kann auch nur vormittags kommen. Was mir vor allem Sorge macht, sind die Nächte. Hör zu, Liebling, du wirst doch jeden Abend alle Fensterläden fest schließen, hm? Und die Eingangstür nicht nur abschließen, sondern auch verriegeln, hm? Versprichst du mir das, hm?«
»Ja, ich verspreche es.« (»Hm«, murmelte sie kaum hörbar.)
»Oh, es ist schon sieben Uhr fünfunddreißig! Na ja, es ist noch nicht zu spät. Gehen wir, hm? Besser ein bisschen zu früh als zu spät. Falls wir zu früh da sind, warten wir einen Augenblick in der Hotelhalle. Und vergiss nicht, dein neues Zigarettenetui einzustecken, es ist schön, hm? Weißt du, es ist aus massivem Gold, und es war das schönste, das der Juwelier hatte. Freust du dich, dass du es hast?«
»Ja, ich freue mich sehr, vielen Dank«, sagte sie und rückte sich eine Locke auf der Stirn zurecht.
»Also gehen wir?«
»Ja, gleich«, sagte sie, sich immer noch im Spiegel betrachtend.
»Du siehst fabelhaft aus, weißt du«, sagte er in der Hoffnung, die Musterung zu beenden. »Das Einzige, was dir meiner
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