Die Schöne des Herrn (German Edition)
animalische Dienerin der Nacht, nackt und zuckend unter ihm, dem armen Don Juan, bald sanft aufseufzend, bald heftig herumzappelnd und immer das Weiß ihrer Augen zeigend wie eine Heilige in Ekstase. Oh, vor der Frau, die sich nicht verführen lässt oder die sich mir aus edlen Motiven hingibt, beuge ich mein ganzes Leben lang die Stirn in den Staub! Vorweggenommene Verachtung also, jedoch bezahlt mit stets offenem, stets blutendem Bedauern.
Seltsames Verlangen, mich dir plötzlich anzuvertrauen, lieber Adrien. Ach, die Verstellungen und Komödien, zu denen sie mich zwingen. Denn ich muss leben, aber nicht als verstörter und erbärmlicher Maulheld. Dem, der die Wahrheit sagt, spielen sie übel mit, sie würden mir den Lebensunterhalt streichen, wenn ich laut die Lächerlichkeit unserer Arbeit und die Possenhaftigkeit unseres berühmten Völkerbundes ausposaunen würde. Und ich brauche das Geld. Nicht etwa, weil ich die Seele eines Bankiers hätte, sondern weil ich auf geradezu absurde Weise verletzlich bin, so sehr, dass ich in einem ungeheizten Zimmer das Bewusstsein verliere und von kaltem Wasser Frostbeulen bekomme, selbst im Sommer. Außerdem will ich nicht unter ihre Fuchtel geraten. Man ist so abscheulich zu denen, die kein Geld haben. Ich weiß es, ich habe es am eigenen Leib zu spüren bekommen. Aber vor allem bleibe ich Untergeneralhanswurst, um nicht ein Armer zu werden, mit der Seele eines Armen. Armut erniedrigt. Der Arme wird hässlich, fährt mit dem Bus, wäscht sich weniger häufig, riecht nach Schweiß, zählt seine Groschen, verliert seine Herrenwürde und kann nicht mehr aufrichtig verachten. Denn aufrichtig verachtet man nur, was man besitzt und beherrscht. Goethe konnte besser verachten als Rousseau.
Wie bitte? Noch mehr Einzelheiten über Don Juan? Meinetwegen, zum Beispiel hört er dem, der zu ihm spricht, kaum zu, weil er ganz damit beschäftigt ist, ihn zu betrachten, um ihn kennenzulernen, was interessanter ist. Aber trotzdem immer dieses Getrenntsein von den anderen, selbst von denen, die er liebt. Er sieht sie, empfindet sie jedoch als nicht real, als anders als er. Für ihn sind sie bloße Phantasien, Traumgestalten. Er ist immer allein, nicht wahr, spielt nur die Komödie des Dazugehörens. Was noch? Die ständige Gegenwart seines Todes, sein manischer Hang zu beruhigender Ordnung, der Reiz des Todes um drei Uhr morgens. Auch der Reiz des Misserfolgs. Im vorigen Jahr wurde er in London einer jungen Herzogin oder so vorgestellt. Er gefiel ihr augenblicklich. Sie gingen in einen kleinen Salon, fern von den anderen, um sich ungestört unterhalten zu können, das heißt, zu beginnen, was immer in einem Bett endet. Da überkam ihn plötzlich eine unwiderstehliche Lust, den letzten Knochen der Wirbelsäule dieser Herzogin zu berühren, den man gemeinhin Steißbein nennt. Und das tat er, als sie sich setzen wollte. Er sagte ihr, er wolle nur dieses Rudiment des Schwanzes der fernen Vorfahren dieser Herzogin in seiner Hand spüren. Dieses Interesse hat sie gar nicht geschätzt.
Noch etwas? Trotz all seiner abfälligen Bemerkungen über die Frauen fühlt er sich doch nur mit ihnen wohl. Unter Männern muss er stets auf der Hut sein und den Vernünftigen spielen. Frauen dagegen kritisieren ihn nicht, sie akzeptieren ihn, finden seine Schlafröcke und seine Rosenkränze ganz natürlich. Sie sind mütterlich. Im Sommer, wenn er ein paar Tage bei Isolde verbringt, wundert sie sich nicht, wenn er wegen der Hitze in ihrem Park im Schlafrock aus Tussahseide spazieren geht, mit einem Tropenhelm wegen der Sonne, und in Stiefeln wegen der Mücken, die er fürchtet, und mit einer Fliegenklatsche aus Rosshaar wegen der widerlichen Schmeißfliegen. Sie ist nachsichtig und findet diesen lächerlichen Aufzug eines Negerkönigs ganz natürlich. Doch von all seinen Frauen ist ihm am liebsten die kleine Edmée, eine Zwergin der Heilsarmee mit krummen Beinen, die seine Freundin ist.
Ja, Adrien, es ist so leicht, die Frauen zu verführen. So leicht, dass ich es in jungen Jahren fertigbrachte, mir selbst eine Frau wegzunehmen. Es ist eine komplizierte Geschichte von Zwillingsbrüdern, ich war sowohl der glattrasierte als auch der mit dem falschen Schnurrbart. Morgen, vor dem violetten Meer von Kephalonia, werde ich sie ihr erzählen.
Erklären Sie auch die Gründe für die Verführungswut Don Juans. Denn in Wirklichkeit ist er ja keusch und hat nicht viel für diese Bettgefechte übrig, findet sie eintönig und
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