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Die Schöne des Herrn (German Edition)

Die Schöne des Herrn (German Edition)

Titel: Die Schöne des Herrn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Cohen
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klägliche Verführung. Absurd meine Ausführungen über die Zweckmäßigkeit eines schönen Körpers und die Macht zu töten, und ich bin noch nicht einmal am Ende, wo es doch unendlich viel schlauer wäre, dir von Bach und von Gott zu reden und dich keusch zu fragen, ob Sie mir Ihre Freundschaft schenken wollen! Wer weiß, vielleicht würdest du dann edelmütig ja sagen, mit gesenktem Blick, und würdest ganz einfach in meine Rattenfalle gehen, an deren Ende sich immer ein Schlafzimmer befindet. Aber ich kann nicht, ich kann nicht mehr verführen, wie sie es wollen, ich will dieses entehrende Spiel nicht mehr!«
    Er setzte sich und hustete einmal, um ihren Blick auf sich zu lenken, doch sie hob den Kopf nicht, was ihn ärgerte. Er pfiff vor sich hin und fragte sich, ob seine Verfluchung der Anbeterinnen gorillahafter Männlichkeit nicht einfach einer Wut darüber entsprang, dass diese frechen Geschöpfte sich zu anderen als ihm hingezogen fühlen könnten. Ja, im Grunde war er auf alle Frauen eifersüchtig. Er zuckte die Achseln, nahm sich die Krawatte der Ehrenlegion ab, spielte melancholisch damit herum und zog die Augenbrauen hoch, um den Himmel zum Zeugen anzurufen, dass diese Böse ihn absichtlich nicht ansah. Um sich zu trösten, hob er den Deckel einer Zigarettendose, aber nur ein wenig, gerade genug, um mit zwei Fingern hineinzugreifen. Der heimliche Eintritt des Sultans in den Harem, dachte sie. Die Augen anderswo, zog er aufs Geratewohl eine Zigarette heraus, und sie dachte, jetzt wählt der Sultan die Favoritin für die Nacht, aber blindlings, um das Vergnügen der Überraschung zu haben. Er zündete ein Streichholz an, vergaß, es zur Zigarette zu führen, verbrannte sich den Finger und warf angeekelt zuerst das Streichholz weg und dann die Zigarette. Sie unterdrückte ein nervöses Lachen. Er hat die Favoritin wieder weggeschickt, dachte sie.
    »Was für eine Schande, seine zukünftige Liebe auch der verachtenswerten hohen Stellung verdanken zu müssen, die ich mir durch List und unerbittliche Vernichtung erworben habe. Ehemaliger Minister, Untergeneralhanswurst, Commandeur von ich weiß nicht was, doch, ich weiß, wovon, es war nur um der Schönheit der Sache willen. Auch ein wenig Komödiant«, sagte er, liebenswürdig lächelnd. »Ja, hier bin ich, Solal der Vierzehnte von den Solal, in schlechte Gesellschaft geratener Untergeneralsekretär des Völkerbundes, kläglicher Obermacker im summenden Bienenkorb ohne Honig, im Bienenkorb der Drohnen, Untergeneraldrohne, Untergeneralfliege auf dem Bock der leeren Kutsche. Ach, sagen Sie mir, was habe ich inmitten dieser politischen Marionetten, Gesandten und Botschafter zu suchen, sämtlich ohne Seele sämtlich dumm und schlau, dynamisch und steril, flussabwärts schwimmende Korken, die sich einbilden, die Strömung folge ihnen, joviale Schwätzer auf den Fluren und in den Wandelhallen, Schulterklopfer und Umarmer des Rückens des lieben verhassten Freundes, sämtlich damit beschäftigt, einander zu schaden und sich wichtig zu machen, um auf der Leiter der Wichtigkeit ein paar Sprossen höher zu steigen, um jedoch bald wieder herunterzupurzeln, gestoßen in ein großes Loch in der Erde, und endlich still in ihren Holzkisten, sämtlich herumrennend und ernst über das Protokoll von Locarno und den Kellogg-Pakt diskutierend, sämtlich diese kurzlebigen Dummheiten ernst nehmend, ihre großen politischen Affären ernst nehmend, schmutzige Familienintrigen und Dorfgeschichten, aufgebauscht von diesen Idioten, die sich selbst so ernst nehmen, wichtig dreinblicken, die Hände in den Taschen, die Rosette im Knopfloch und das weiße Taschentuch in der äußeren Brusttasche. Und jeden Tag spiele ich die Farce mit, jeden Tag tue ich, als ob ich dazugehörte, diskutiere ernsthaft, auch ich, verzapfe kategorischen Blödsinn, die Hände in den Taschen, auch ich, und mit dem Blick auf die internationale Politik. Ich verachte diesen Jahrmarkt, aber ich verberge meine Verachtung, denn ich habe meine Seele für ein Appartement im Ritz verkauft und für Seidenhemden und einen Rolls und drei Bäder am Tag und meine Verzweiflung. Genug.«
    Er trat ans Fenster, betrachtete das maßvoll beleuchtete Genf, die flackernden Lichter des französischen Ufers und, auf dem schwarzen See, die schaukelnden Schwäne, die, den Kopf ins Gefieder gesteckt, schliefen. Dann kehrte er zu ihr zurück, blickte sie an und lächelte der armen Todgeweihten zu.
    »Schauen Sie, all diese künftigen

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