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Die Schöne des Herrn (German Edition)

Die Schöne des Herrn (German Edition)

Titel: Die Schöne des Herrn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Cohen
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unbequem.
    Allgemeine Anbetung der Macht. O die Untergebenen, die in der Sonne des Chefs aufblühen, o ihre liebenden Blicke für ihren Mächtigen, o ihr ständig bereites Lächeln und der Chor ihres aufrichtigen Lachens, wenn er irgendeinen blöden Witz reißt. Aufrichtig, ja, das ist das Schreckliche daran. Denn hinter der eigennützigen Liebe Ihres Mannes für mich steht eine echte uneigennützige Liebe, die abscheuliche Liebe der Macht, die Anbetung der Macht, die schaden kann. O sein ewiges bezaubertes Lächeln, seine verliebte Aufmerksamkeit, die Ehrerbietung der Rundung seines Hinterns, während ich sprach. Sobald der große erwachsene Pavian in seinen Käfig tritt, gehen all die heranwachsenden und kleinen männlichen Paviane auf alle viere und nehmen eine weibliche Begrüßungshaltung ein, eine verliebte Vasallenhaltung und zollen dem, der die Macht hat zu schaden und zu töten, sexuell ihre Ehrerbietung, unweigerlich, sobald der große gefürchtete Pavian den Käfig betritt. Lesen Sie nur in den Büchern über Affen nach, und Sie werden sehen, dass ich die Wahrheit sage.
    Der Pavianismus ist überall. Pavianismus und animalische Anbetung der Stärke, Ehrfurcht vor dem Militär, das die Macht zu töten innehat. Pavianismus die ehrfürchtige Aufregung, wenn die großen Panzer vorüberrollen. Pavianismus die begeisterten Schreie für den siegenden Boxer, Pavinanismus die Ermutigungen des Publikums. ›Gib’s ihm, mach ihn fertig!‹ Und wenn er den anderen k. o. geschlagen hat, sind sie stolz, ihn berühren, ihm auf den Rücken klopfen zu dürfen. ›Das war echter Sport‹, rufen sie. Pavianismus die Begeisterung für die Radrennfahrer. Pavianismus die Bekehrung des Bösen, den Jack London verprügelt hat, und der, nachdem er verprügelt wurde, seinen Hass vergessen hat und von nun an seinen Sieger anbetet.
    Pavianismus überall. Pavianisch die nach Sklaverei dürstenden Massen, im Liebesorgasmus erbebende Massen, wenn der Diktator mit dem kantigen Kinn erscheint, der die Macht zu töten innehat. Pavianisch die Hände, ausgestreckt, um die Hand des Chefs zu berühren wie ein Heiligtum. Pavianisch die braven und andächtigen Kabinettsattachés, die hinter ihrem Minister stehen, während er den Vertrag unterschreibt, um dann diensteifrig mit dem Löschblatt-Roller geehrt und heilig die Tinte der Unterschrift zu trocknen, o diese kleinen ergebenen Paviane! Pavianisch das gerührte Lächeln der Gesandten und Botschafter, welche die Königin umgeben, die das kleine Mädchen mit dem Blumenstrauß küsst. Pavianisch das Lächeln Benedettis neulich in der sechsten Kommission, während der alte Cheyne seine Rede vorlas. Da huschte über das fette Gesicht dieses Mistkerls ein Lächeln, das vor lauter ehrfürchtiger Rührung gütig, jungfräulich, zärtlich wirkte. Aber dieses Lächeln bedeutete auch, dass er sich in seiner Liebe zum großen Chef liebte, weil er das Gefühl hatte, an dieser anbetungswürdigen Bedeutsamkeit, die da redete, teilzuhaben.
    Pavianisch die von dem italienischen Diktator empfangenen Schwachköpfe, die mir danach das verführerische Lächeln dieses Rohlings priesen, ›ein im Grunde so gütiges Lächeln‹, sagten sie alle, o ihr weibisches Entzücken angesichts des starken Mannes. Paviane auch jene, die über irgendeine kleine gute Tat Napoleons in Ekstase geraten, desselben Napoleons, der gesagt hat: ›Was bedeuten mir fünfhunderttausend Tote?‹ Sie alle haben eine Schwäche für den Starken, und das kleinste Zeichen von Sanftmut bei den harten Burschen ist ihnen köstlich und bezaubert sie. Im Theater sind sie gerührt, wenn der gestrenge alte Oberst ganz unerwartet Milde walten lässt. Sklaven! Doch einen wirklich guten Menschen findet man immer ein bisschen einfältig. Im Theater ist der Böse niemals lächerlich, aber ein guter Mensch ist es häufig, über ihn lacht man gern. Und liegt nicht schon Verächtlichkeit in den Ausdrücken ›ein guter Kerl‹ oder ›ein gutmütiger Mensch‹?
    Pavianische Anbeterinnen der Macht diese jungen Amerikanerinnen, die in das Eisenbahnabteil des Prince of Wales eingedrungen sind, die Kissen, auf denen sein Hintern geruht hat, gestreichelt und ihm einen Pyjama geschenkt haben, den sie gemeinsam genäht hatten. Das ist authentisch. Pavianisch der Heiterkeitsausbruch neulich in der Generalversammlung, als der englische Premierminister einen Witz machte und der Vorsitzende vor Lachen fast erstickte. Ein alberner Witz, aber je wichtiger der Spaßmacher

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