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Die Schöne des Herrn (German Edition)

Die Schöne des Herrn (German Edition)

Titel: Die Schöne des Herrn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Cohen
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Ritterlichkeiten fühlen lassen, durch einen zu eindringlichen Blick, durch das berühmte grausame Lächeln, durch plötzliche kurze ironische Bemerkungen oder durch irgendeine kleine Unverschämtheit, indem du ihr beispielsweise sagst, ihre Nase glänze. Sie wird entrüstet sein, aber insgeheim liebt sie das. Wie kläglich, ihr missfallen zu müssen, um ihr zu gefallen. Oder du setzt plötzlich eine gleichmütige Maske auf, schaust abwesend drein und stellst dich taub. Wenn du nicht mit gespielter Zerstreutheit auf eine Frage antwortest, die sie dir stellt, wird sie das aus der Fassung bringen, ihr aber nicht missfallen. Das ist eine immaterielle Ohrfeige, ein leichter Anflug von Grausamkeit, eine kleine sexuelle Ebenbürtigkeit, eine männliche Gleichgültigkeit. Überdies wird deine Unaufmerksamkeit ihr Verlangen steigern, deine Aufmerksamkeit zu fesseln, dich zu interessieren und dir zu gefallen, und sie mit einem vagen Gefühl des Respekts erfüllen. Sie wird sich sagen, nein, sie wird sich es nicht sagen, aber irgendwie spüren, dass du es gewohnt bist, all den Frauen, die dich belagern, nicht allzu aufmerksam zuzuhören, und dadurch wirst du interessant. Er ist von vollkommener Höflichkeit, wird sie denken, aber er könnte sehr böse sein, wenn er wollte. Und das wird sie genießen. Nicht ich habe sie erschaffen. Schrecklich, diese Anziehungskraft der Grausamkeit, Verheißung von Stärke. Wer grausam ist, ist sexuell begabt, imstande wehzutun, aber auch gewisse Freuden zu schenken, denkt ihr Innerstes. Ein leicht teuflischer Herr zieht sie an, ein gefährliches Lächeln erregt sie. Sie sind ganz vernarrt in das Dämonische. Der Teufel ist für sie bezaubernd. Entsetzlich, dieses Ansehen des Bösen.
    Also während des Verführungsprozesses Vorsicht und Behutsamkeit. Doch hast du sie erst einmal am Haken, kannst du aufs Ganze gehen. Nach dem ersten Akt, den man seltsamerweise Liebesakt nennt, ist es sogar ratsam, vorausgesetzt, er war gelungen und wurde von dem armen kleinen stammelnden Ding gutgeheißen, ist es sogar ratsam, dass du ihr ankündigst, sie würde mit dir leiden. Noch schwitzend und an dir klebend, wird sie dir erwidern, das mache ihr nichts aus und das Leiden mit dir sei für sie noch ein zusätzliches Glück. ›Wenn du mich nur liebst‹, wird sie flüstern und dich dabei treuherzig anblicken. Sie nehmen das Leiden mutig hin, besonders, bevor sie wirklich leiden.
    Und wenn sie dann ganz und gar in Leidenschaft entbrannt ist, unverhüllte Grausamkeit. Aber dosiere sie. Sei grausam mit Maß. Das Salz ist vorzüglich, aber zu viel davon ist nicht nötig. Folglich abwechselnd Härte und Sanftmut, ohne die obligaten Liebesspiele zu vergessen. Der Cocktail der Leidenschaft. Der geliebte Feind sein, von Zeit zu Zeit Bosheiten einstreuen, damit sie einerseits von der Liebe leben kann, andererseits aber immer besorgt ist, sich immer fragt, welches Unheil sie erwartet, damit sie leidet, besonders aus Eifersucht, hofft, auf Versöhnung wartet, unerwartete Zärtlichkeiten genießt. Kurz, sie darf sich niemals langweilen. Ganz davon zu schweigen, dass Versöhnungen einer Verbindung erst die richtige Würze geben. Wenn du ihr nach einer kalten Dusche oder einer Gemeinheit ein Lächeln schenkst, schmilzt die arme Gefoppte vor Dankbarkeit dahin, und sie läuft schnell zu ihrer besten Freundin und erzählt ihr, wie wunderbar du seist und wie gütig im Grunde. Irgendwie bringen sie es stets fertig, von einem Bösen zu sagen, er sei im Grunde gütig. Sie danken ihm für seine Bosheit, indem sie ihn mit Güte krönen.
    Und damit sie dich weiterhin leidenschaftlich liebt, wirst du verurteilt sein, dich ständig zu überwachen und immer verspätet zum Stelldichein zu kommen, so dass sie wie auf glühenden Kohlen zappelt. Und von Zeit zu Zeit, wenn sie dich ausgehbereit und sorgfältig geschrubbt erwartet und sich nicht vom Fleck rührt, aus Angst, sie könne sich schmutzig machen, musst du sie sogar im letzten Augenblick anrufen und ihr sagen, du seist verhindert, obwohl du eine wahnsinnige Lust hast, sie zu sehen. Oder besser noch, ruf sie gar nicht erst an und geh nicht hin. Dann kocht sie und ist verzweifelt. Wozu das Haarewaschen und die so gelungene Wasserwelle, da doch der geliebte Bösewicht nicht gekommen ist, wozu dieses neue Kleid, das ihr so gut steht? Sie weint, das arme Ding, und sie schnäuzt sich geräuschvoll, da sie allein ist, schnäuzt sich und schnäuzt sich in einen Haufen kleiner

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