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Die Schöne des Herrn (German Edition)

Die Schöne des Herrn (German Edition)

Titel: Die Schöne des Herrn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Cohen
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und die Hand ihres Mannes geküsst hatte.
»Twoja schena«,
und sie gab sich ihm erneut hin, und sie küssten sich mal mit der gierigen Hast der Jugend, mal heftig und fast wütend, mal mit der behutsamen Zärtlichkeit der Liebe, und dann hielten sie inne, blickten sich an, lächelten, atemlos, feucht, Freunde, und befragten sich, und das war die Litanei.

    Geheiligte stupide Litanei, wundervolles Lied, Freude der armen todgeweihten Menschen, ewiges Duett, unsterbliches Duett, dem die Erde ihre Fruchtbarkeit verdankt. Sie sagte ihm immer wieder, dass sie ihn liebte, und fragte ihn, die wunderbare Antwort im voraus kennend, fragte ihn, ob er sie liebe. Er sagte ihr immer wieder, dass er sie liebte, und fragte sie, die wunderbare Antwort im voraus kennend, fragte sie, ob sie ihn liebe. So ist die Liebe in ihren Anfängen. Eintönig für die anderen, für sie so interessant.

    Unermüdlich in ihrem Duett, teilten sie sich mit, dass sie sich liebten, und ihre armseligen Worte begeisterten sie. Aneinandergeschmiegt lächelten sie oder lachten leise vor Glück, küssten sich, lösten sich voneinander, um sich die unfassbare Nachricht mitzuteilen, und besiegelten es sofort mit der wieder aufgenommenen Arbeit der Lippen und der begierig suchenden Zungen. Lippen und Zungen vereint, Sprache der Jugend.

    O Anfänge, Küsse der Anfänge, Abgründe ihrer Schicksale, o erste Küsse auf diesem Sofa puritanischer verschwundener Generationen, auf ihre Lippen tätowierte Sünden, o Arianes Augen, ihre erhobenen Augen einer Heiligen, ihre geschlossenen Augen einer Gläubigen, ihre unwissende, plötzlich geschickte Zunge. Sie stieß ihn zurück, um ihn anzusehen, den Mund noch geöffnet nach dem Kuss, um ihn zu sehen und zu erkennen, um diesen Fremden noch einmal zu sehen, den Mann ihres Lebens. »Deine Frau, ich bin deine Frau,
twoja schena
«, stammelte sie, und wenn er Miene machte, sich abzuwenden, klammerte sie sich an ihn. »Verlass mich nicht«, stammelte sie, und sie tranken auf das Leben, auf ihre miteinander verbundenen Leben.

    O Anfänge, o Küsse, o Lust der Frau am Mund des Mannes, Säfte der Jugend, plötzliche Verschnaufpausen, und sie betrachteten sich begeistert, erkannten sich, gaben sich wilde brüderliche Küsse auf die Wangen, auf die Stirn, auf die Hände. »Sagen Sie, das ist Gott, nicht wahr?«, fragte sie verwirrt, lächelnd. »Sagen Sie, lieben Sie mich? Sagen Sie es, nur mich, nicht wahr? Keine andere, nicht wahr?«, fragte sie, und sie verlieh ihrer Stimme goldene Modulationen, um ihm zu gefallen und noch mehr geliebt zu werden, und sie küsste die Hände des Unbekannten, berührte dann seine Schultern und stieß ihn zurück, um ihn mit einem göttlichen Schmollen innig zu lieben.

    O Anfänge, Nacht der ersten Küsse. Sie wollte sich von ihm lösen, hinaufgehen in ihr Zimmer, Geschenke holen und sie ihm bringen, aber wie konnte sie ihn verlassen, diese Augen verlassen, diese dunklen Lippen? Er nahm sie noch einmal in die Arme, und weil er sie fest drückte und es ihr weh tat, so wunderbar weh tat, sagte sie ihm noch einmal, dass sie seine Frau sei. »Deine Frau, ganz deine Frau«, sagte sie zu ihm, wie von Sinnen und stolz, während draußen die Nachtigall ihr schwachsinniges Delirium fortsetzte. Überwältigt, seine Frau zu sein, erglänzten ihre Wangen von Tränen, Tränen auf ihren Wangen, die er küsste. »Nein, der Mund«, sagte sie, »gib ihn mir«, sagte sie, und ihre Lippen vereinigten sich in fiebriger Leidenschaft, und erneut ging sie auf Abstand, um ihn zu bewundern. »Mein Erzengel, meine tödliche Verlockung«, sagte sie zu ihm, und sie wusste nicht, was sie sagte, lächelnd, melodramatisch und geschmacklos. Erzengel und tödliche Verlockung, soviel du willst, dachte er, doch ich vergesse nicht, dass dieser Erzengel und diese tödliche Verlockung nur mit zweiunddreißig Zähnen möglich sind. Aber ich bete dich an, dachte er sofort, und gelobt seien meine zweiunddreißig Zähne.

    O Anfänge, junge Küsse, Liebesfragen, absurde und eintönige Fragen. »Sag, dass du mich liebst«, bat er sie, und um ihre Lippen besser nehmen zu können, stützte er sich auf sie, stützte sich auf einen ihrer Schenkel, und sofort drückte sie die Knie zusammen, verschloss sich vor dem Mann. »Sag, dass du mich liebst«, wiederholte er, sich an diese wichtige Frage klammernd. »Ja, ja«, antwortete sie ihm, »ich kann dir nur dieses elende Ja sagen«, sagte sie zu ihm, »ja, ja, ich liebe dich, wie ich niemals zu

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