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Die Schöne des Herrn (German Edition)

Die Schöne des Herrn (German Edition)

Titel: Die Schöne des Herrn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Cohen
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belegte Brötchen.« Darauf küsste sie ihm die Hand, und er schämte sich dieser Bewunderung.

    Wenn er sich nach leidenschaftlicher Liebe eine Zigarette anzündete, war sie darüber traurig, empfand es als Rücksichtslosigkeit, ja als Sakrileg. Aber sie schwieg und nahm es hin. Sie sind ja so zartfühlend.

    Manchmal schlief er an ihrer Seite vertrauensvoll ein. Das rührte sie, und sie liebte es, ihn schlafen zu sehen, liebte es, über seinen Schlaf zu wachen, den Schlaf eines Unbekannten, den sie mit einem eigenartigen Mitleid betrachtete, eines Unbekannten, der jetzt ihr ganzes Leben war. Ich habe einen Fremden in meinem Herzen, dachte sie, und stumm sagte sie ihm so viele Worte, die verrücktesten und frommsten Worte, Worte, von denen er nie wissen würde. »Mein Sohn, mein Herr, mein Messias«, wagte sie sogar zu ihm zu sagen, und wenn er erwachte, wurde sie von der Freude einer Verrückten gepackt, o Überlegenheit der Frau. Sie drückte ihn an sich, umarmte und küsste ihn wild bei dem erregenden Gedanken, dass er am Leben war, und er umarmte und küsste sie ebenfalls wie wahnsinnig, plötzlich entsetzt über die Knochen des Skeletts, das er unter ihren schönen Wangen spürte, und abermals küsste er die junge Brust, die der Tod erkalten lassen würde, und das Verlangen war zurückgekehrt, das von ihr begrüßte Verlangen, das Verlangen, das sie anbetete. »Nimm deine Frau », sagte sie.

    »Mein Gebieter«, sagte sie, fromm unter ihm, und weinte vor Glück, während sie ihn empfing. »Mein Gebieter«, sagte sie mit herrlicher Geschmacklosigkeit, und er schämte sich dieser Überspanntheit, aber es war so aufregend zu leben. »Deine Frau, ich bin deine Frau«, sagte sie und nahm seine Hand. »Deine Frau«, sagte sie noch einmal, und um dessen ganz sicher zu sein, bat sie ihn, sich ihrer zu bedienen. »Bediene dich deiner Frau«, sagte sie, liebte sie, ihm zu sagen. Schwitzend unter ihm, schluchzend unter ihm, sagte sie ihm, sie sei seine Frau und seine Dienerin, niedriger als das Gras und glatter als das Wasser, sagte ihm, sagte ihm immer wieder, dass sie ihn liebe. »Ich liebe dich einst, jetzt und immer, und immer wird jetzt sein«, sagte sie. Wenn mir aber in jener Nacht im Ritz zwei Vorderzähne gefehlt hätten, zwei erbärmliche Knöchelchen, wäre sie dann da, unter mir nonnenhaft? Zwei Knöchelchen von je drei Gramm, also sechs Gramm. Ihre Liebe wiegt sechs Gramm, dachte er, über sie gebeugt und sie benutzend, sie anbetend.

    Nächte der Anfänge, o ihre edlen wilden Vereinigungen, ihre liebenden Begierden, oh, unter ihm Ariane, plötzlich eine andere, epileptisch, sich selbst entfremdet, verirrte, erschreckende Ariane, stöhnend und röchelnd in entsetzter Erwartung, vorsichtiger Erwartung, aufmerksamer Erwartung der nahenden Lust, Ariane die Augen schließend, um das Kommen zu beschleunigen, ihr leidenschaftliches Verkünden der nahen Lust, Appelle an den Geliebten. »Gemeinsam, mein Liebster, warte auf mich, mein Liebster, gib, gib, mein Liebster«, sagte sie verändert, und er stürzte in schwarze Himmel, allein, allein, und der Tod zitterte in seinen Knochen, und endlich schoss das Leben stoßweise heraus, triumphierendes Schluchzen, sein Leben verließ ihn in wunderbarem Tod, sein Leben endlich in ihr, in ihr, der Erfüllten, die diesen Überfluss empfing, glücklich in ihr, heftiger stoßend, um sie besser zu spüren, und er brach zusammen über ihr, der großen, unter ihm geöffneten blutroten Blüte. »Oh, bleib, bleib«, flehte sie, sanft und bestrickend, »verlass mich nicht«, und sie drückte ihn, saugte ihn an, umschloss ihn, um ihn nicht fortzulassen, um ihn zu behalten, sanft und bestrickend.

XLIII

    Eines Nachts, als er ihr sagte, es sei Zeit, sie zu verlassen, klammerte sie sich an ihn, sagte, es sei nicht spät, flehte ihn an zu bleiben und informierte ihn auf Französisch und dann auf Russisch, dass sie seine Frau sei. »Verlass mich nicht, verlass mich nicht«, flehte die goldene Stimme. Er wäre nur allzu gern geblieben, doch er musste ihr Verlangen nach ihm lebendig halten, und sie durfte in seiner Gegenwart niemals Müdigkeit oder Sättigung empfinden. Er schämte sich dieses erbärmlichen Tricks, aber es musste sein, er musste derjenige sein, den man vermisst, derjenige, der fortgeht. Daher opferte er sein Glück den höheren Interessen ihrer Liebe, stand auf und machte das Licht an.

    Mit noch tauben Lippen bat sie ihn, sie nicht anzuschauen, und ging vor den Spiegel am

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