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Die Schöne des Herrn (German Edition)

Die Schöne des Herrn (German Edition)

Titel: Die Schöne des Herrn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Cohen
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Freundin von Henri IV, vermutlich zu sagen pflegte. Also Wurst, und einfach hineinbeißen, ohne sie zu schneiden? Nein, das nun doch nicht, nicht nach einer solchen Nacht. Ein Butterbrot mit Marmelade wäre passender, poetischer, entspräche besser den Ereignissen, die eben stattgefunden hatten. Nein, nicht nahrhaft genug. Sie entschloss sich zu einem großen Schinkensandwich, ein angenehmer Kompromiss.

    Mit dem fertigen Sandwich lief sie in den Garten, um es dort in der Frische der Morgendämmerung und beim festlichen Gezwitscher der erwachten Vögelchen zu genießen, und ging in all ihrer Pracht auf und ab, aufreizend die Hüften schwingend und ihre denkwürdigen Beine zeigend. Herzhaft in ihr Sandwich beißend, es durch die Luft schwenkend und der aufgehenden Sonne verkündend, dass sie die Schöne des Herrn sei, ging sie mit großen Schritten und strahlendem Lächeln barfuß durch das taufeuchte Gras, und das in die Höhe gehaltene Sandwich war eine Flagge des Glücks, ein Banner der Liebe.

    In den kleinen Salon zurückgekehrt, nieste sie. Egal, er war ja nicht da. Beim zweiten Mal nieste sie absichtlich mit großem Lärm und sagte dabei dramatisch und deutlich »hatschi«. Sie erlaubte sich sogar das Vergnügen, im Spiegel die unglückliche erkältete Miene zu betrachten, die dem Niesen folgt. Und jetzt schnell hinauf und sich schnäuzen! In ihrem Zimmer schnäuzte sie sich vor dem Ankleidespiegel, um sich trompeten zu sehen. Lustig, aber nicht sehr appetitlich. Sich niemals vor ihm schnäuzen.

    Sie rannte pfeifend die Treppe hinunter, stürzte in den kleinen Salon und machte dort sogleich eine wunderbare Entdeckung. Auf dem Boden, unter dem Sofa, das Zigarettenetui, das goldene Etui des Erzengels! Sie lächelte verständnisvoll. Natürlich, sie hatten sich auf diesem Sofa ganz schön herumgewälzt. Dieses herrliche Wälzen! Sie hob das Etui auf, teilte ihm mit, dass sie mit ihm schlafen würde, füllte es mit Zigaretten, glücklich, etwas für ihn zu tun, es war ja bereits eine Vorbereitung für heute Abend. Im Aschenbecher die Reste der drei Zigaretten, die er geraucht hatte! Sie nahm eine und steckte sie sich zwischen die Lippen. »Ariane Corisande Cassandre d’Auble, Wagenschlagöffnerin und Kippensammlerin«, verkündete sie.

    Den heiligen Stummel zwischen den Lippen, musterte sie den Sessel, in dem er gesessen hatte, und blickte liebevoll auf die hinterlassene Vertiefung. Rührend diese Vertiefung, aber man konnte sie nicht so lassen, denn die Idiotin würde den Salon in ein paar Stunden saubermachen. Egal, es würde andere Vertiefungen geben. »Ein Leben voller Vertiefungen öffnet sich vor uns!«, deklamierte sie. Und dann war da auch noch das Sofa, all die Geschehnisse des Sofas. Keine erkennbaren Spuren von ihm auf dem Sofa, denn es war zu zerwühlt, um erkennen zu lassen, welche Spuren des zärtlichen Kampfes von ihr und welche von ihm stammten, Mulden und Erhebungen, Wogen ihres Meeres. Oh, eine einsame Insel mit ihm, das ganze Leben, wie wunderbar! Sie deutete einen Kniefall vor dem Sofa, dem Altar ihrer Liebe, an. Und jetzt würde sie eine richtige Zigarette rauchen und sie zwischen Mittel- und Ringfinger halten, wie er!

    Nachdem sie die Zigarette geraucht hatte, betrachtete sie sich ein letztes Mal im Spiegel. Lieber, so wichtig gewordener Körper. »O mein Liebling«, sagte sie zu ihrem Körper, »ich werde dich ganz toll pflegen, du wirst sehen!« Sie drehte sich einmal um sich selbst und rief, sie sei eine Mätresse! Was sie auf den Gedanken brachte, die Nummer der Ventradour zu wählen. Mit verstellter Stimme teilte sie der Alten mit, dass sie einen Liebhaber habe, und legte auf. Und jetzt schnell das Bad, damit schnell ins Bett!

    »Beeil dich, dumme Gans«, schimpfte sie mit sich, sobald sie im heißen Wasser saß, »beeil dich, es ist bald sechs Uhr früh, du musst schlafen, sonst hast du morgen das schreckliche Gesicht einer alten dreißigjährigen Frau, mit Falten und Runzeln wie eine Kartenlegerin, und dann wird er entsetzt zurückweichen, und jetzt sehen wir mal, fassen wir die Situation zusammen, also, ein Zettel für die Idiotin, damit sie mich nicht weckt, die Tür abschließen, und auch die Fensterläden des geliebten Salons schließen, ich will mich ja nicht von Banditen erwürgen lassen, ich muss unbedingt leben, mein Leben ist jetzt kostbar, ich habe einen Körper, der jetzt zu etwas dient, mit S war es bedeutungslos, mit dem Lhameg war es trostlos, aber niemand vor Ihnen,

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