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Die Schöne des Herrn (German Edition)

Die Schöne des Herrn (German Edition)

Titel: Die Schöne des Herrn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Cohen
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Wirkungen sich rasch abnutzen. Oder sie sagte mit der höflichen Lakonie des ernsthaften Entschlusses: »Ich wäre Ihnen verbunden, wenn sie mir nicht schrieben und mich nicht anriefen.« Wenn sie spürte, dass er litt, war sie imstande, auf der Stelle zu gehen und mehrere Tage lang nichts von sich hören zu lassen. Wenn er jedoch lächelte, ihr ritterlich die Hand küsste, ihr für die schönen Stunden dankte, die sie ihm geschenkt hatte, und ihr die Tür öffnete, ohrfeigte sie ihn auf beide Wangen. Nicht nur, weil sie ihn hasste, da er nicht litt und sie nicht zurückhielt, nicht nur, weil sie selbst litt, sondern auch und vor allem, weil sie nicht gehen wollte und weil die Ohrfeigen ihr erlaubten, die Dinge in die Länge zu ziehen und schließlich doch noch eine Versöhnung zu erreichen, oder auch, weil sie ihr die ehrenhafte Möglichkeit gaben, den Geohrfeigten um Verzeihung zu bitten und zu bleiben, oder vielleicht auch, weil sie, als erhoffte Gegenreaktion, irgendeine Grobheit seinerseits auslösen würden, eine Grobheit, die weibliche Tränen auslösen würde, die wiederum eine männliche Bitte um Verzeihung auslösen würden, der wilde Zärtlichkeiten folgen würden.

    Manchmal ging sie und schlug die Tür hinter sich zu, kam jedoch sofort wieder zurück, weinte, klammerte sich an ihn, schluchzte, sie könne nicht, sie könne nicht ohne ihn leben, und schnäuzte sich. Doch meist beschimpfte sie ihn, um ihre Rückkehr zu rechtfertigen, zuckte entrüstet die Achseln, was bewegende Brüste hervorquellen ließ, und sagte Bosheiten, worin sie sich auskannte. Doch hinter ihrem Zorn verbarg sich die tiefe Freude, wieder bei ihm zu sein.

    Zuweilen nahm sie Zuflucht zu Stürzen, wir werden es sofort erklären. Um ihr Bleiben zu rechtfertigen und auf das Wunder zu warten, dass plötzlich alles wieder gut sein, dass er sie anflehen würde, ihn nicht zu verlassen, dass er ihr vielleicht sogar versprechen würde, diese Gräfin nicht mehr wiederzusehen, fühlte sie sich plötzlich unwohl, fiel zu Boden, stand wieder auf und phantasierte, er liebe sie nicht oder, Variante, er liebe sie so wenig, dass sie sich für ihn schäme, und fiel erneut zu Boden, verzweifelt und schwach, armes Kind.

    O Jugend, o noble Stürze der Liebe, oh, wie die Wunderbare in ihrem so schönen Abendkleid umfiel und wieder aufstand und umfiel und wie er sie dabei liebte und sie zugleich innerlich mit jenen kleinen Clowns aus Zelluloid verglich, deren Hintern mit einem Gewicht beschwert war, der sie immer wieder aufrichtete, und wie diese in ihrer Liebe verletzte Tigerin ständig umfiel und wieder aufstand und umfiel und sterben wollte, katzenhaft und niedergestreckt, so schön in ihren Tränen und mit ihrer goldenen Stimme, den illustren entblößten Beinen, wie sie schluchzte und ihre prächtigen Hüften sich rhythmisch hoben und senkten, und dann was geschehen musste, endlich geschah. Und da war es, das spitze androgyne Gesicht, das reine Gesicht in Ekstase, die Augen andächtig im Himmel des Orgasmus. »Deine Frau«, röchelte sie.

L

    Mit dem schwachen Lächeln des Unglücks betrachtete sie den Koffer, den sie soeben aufs Geratewohl gepackt hatte, wie im Traum, denselben Koffer, mit dem sie vor drei Jahren zu Beginn ihrer Liaison zu ihm nach Paris gefahren war, mit so großer Freude gefahren war. Los, aufgestanden und den Koffer zugemacht. Sie schaffte es nicht, schluchzte leise und ohnmächtig wie eine Kranke und setzte sich auf den Koffer, um das Schloss zuzudrücken. Als es ihr gelungen war, hatte sie nicht mehr die Kraft aufzustehen und blieb mit hängenden Händen sitzen. Als sie eine Laufmasche an ihrem linken Strumpf bemerkte, zuckte sie die Achseln. Egal, ich kann nicht mehr.

    Sie blickte die Alte im Spiegel an, diese alte Isolde, die man aus Mitleid noch hatte behalten wollen, die man aber nicht mehr berührte, schnitt eine Grimasse, knöpfte den oberen Teil ihres Kleides auf und zog am Büstenhalter, deren Träger rissen. Tja, verbraucht, die Armen. Sie weidete sich an ihrer Schlaffheit und drückte mit beiden Händen darauf, um ihr Hängen noch zu betonen. Tja, sie hatten an Festigkeit verloren, es war zu Ende. Um drei bis vier Zentimeter waren sie gesunken, vorbei, keine Liebe mehr. Erschlafft, keine Liebe mehr. Sie nahm die Hände weg, um sich ihres Verfalls zu vergewissern, bewegte ihren Oberkörper hin und her, um sie nach links und nach rechts schwingen zu sehen, und fand ein verzweifeltes Vergnügen daran. Jahrelang hatte

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