Die Schöne des Herrn (German Edition)
Fuß schleuderte sie ihre kleine Schleppe zurück, ging ungestüm hin und her auf ihren hochhackigen Ballschuhen, ließ ihr gelbes Satinkleid schwingen und fuchtelte wild mit ihrem gefiederten Fächer in der Luft herum.
»Es macht mir übrigens nichts aus, denn ich habe überhaupt keine Lust, mich zu verheiraten«, sagte sie, zu ihm zurückgekehrt und sich unter lautem Geklapper ihrer Armbandanhänger Luft zufächelnd. »Aber welcher Undank, fürwahr! Ich habe mich nicht nur um deinetwillen so festlich herausgeputzt, ich war es auch, die dich vorhin durch das Kellerfenster sah, als du dich auf der Straße listig oder tatsächlich tot stelltest, und ich war es, die meine Onkel gerufen hat, und sie sind hinausgegangen, nachdem die hellblonden Bestien verschwunden waren, und haben dich schnell aufgelesen und hereingebracht! Und jetzt bist du hier in Sicherheit. Hier, mein Lieber, das ist bei meinem Vater, dem reichen Antiquitätenhändler, dessen einzige Erbin ich bin, doch trotzdem werde ich einen bekannten Arzt heiraten, um meinen Fächer in den Salons zu schwingen! Ich werde ihn bezaubern und ihm vorsingen, dass er in meinen wiegenden Armen die Süße des Glücks kennenlernen wird! Ich habe zwar noch eine schöne Schwester, aber ich fürchte ihre Konkurrenz nicht, denn sie ist blind und ihr Gehirn funktioniert nicht richtig! Übrigens werden wir dem Arzt eine doppelte Mitgift geben, wegen meines Rückens! Meine Schwester wirst du später kennenlernen! Sie schläft noch in ihrem eigenen Kellerraum! Oh, sie ist schön, und ich bin stolz auf sie, obwohl ich klein bin! Aber niemand darf sie auch nur mit dem Blick berühren. Sie ist heilig! Meine Gefühle sind ambivalent, ja, ambivalent! Mit Wörtern kenn ich mich aus! Frag mich nach irgendeinem schwierigen Wort, und ich sage es dir! Ich kenne auch alle Erklärungen! Mit einem einzigen Blick erfasse ich den Charakter einer Person! Das ist die Angst, verstehst du? Und meine Schwester ist noch schöner als du! Ätsch bätsch, mein Lieber! Jedenfalls werde ich dank meines Mannes, des doppelmitgiftigen Arztes, bald in den vornehmsten Salons empfangen werden, hochgeschätzt und respektiert, und dann sollst du sehen, wie ich mir Luft zufächele! Ja, ja, ich weiß, dass alle Menschen frei und gleich vor dem Gesetz geboren werden, aber das dauert nicht lange! Tja, lieber Freund! In einem Jahr, in drei Jahren wirst du es sehen! Dann werden sie sich nicht mehr damit begnügen, uns zu schlagen, uns zu zwingen, ihre dreckigen Fußböden mit der Zunge sauberzulecken, und uns an den nach hinten gebogenen Armen aufzuhängen! Warte, gleich werde ich schreien! Uns die Fingernägel auszureißen oder die Haut zu verbrennen oder uns im Wasser zu ersticken! In einem Jahr, in drei Jahren werden sie weitaus Schlimmeres tun! Ihre Frevelhaftigkeit wird zum Himmel stinken, hat mein Onkel gesagt, der religiös oder majestätisch ist. Sie werden ganz entsetzliche Dinge tun!«, kreischte sie, fächelte sich Luft zu, wirbelte herum und kreischte erneut. »Die ganze Bevölkerung stimmt ihnen zu! Mein Onkel hat es mir gesagt! Lies die Zeitungen, informiere dich, du Unwissender! Und weißt du, wenn der Sabbat kommt, weißt du, was meine Onkel dann tun, der Majestätische und der Handeltreibende, weißt du, was sie trotz unseres Unglücks tun? So höre! Sie blicken sich an und versuchen ein wenig zu lachen, denn der Sabbat ist der Tag des Herrn, der Tag des Friedens, an dem man glücklich sein muss! Das sind meine Onkel! Ehre sie! Und sie haben mir sogar ein Gebet beigebracht! Ich werde es dir ganz schnell aufsagen, hör gut zu! Ich beginne! ›Aber wir, wir sind Dein Volk, wir sind die Kinder Deines geliebten Abraham, dem Du auf dem Berg Moria ein Bündnis geschworen hast; wir sind die Nachkommen Isaaks, der Dir zum Opfer geboten wurde, die Hinterlassenschaft Jakobs, Deines ältesten Sohnes, den Du in Deiner Liebe und wegen der Freude, die er Dir geschenkt hat, Israel genannt hast! Sei gelobt, Ewiger, der Du uns unter allen Völkern als die Verwahrer Deines heiligen Gesetzes auserwählt hast! Und darum sagen wir an jedem Morgen des Unglücks und an jedem Abend der Angst, wie glücklich wir sind, wie schön unsere Rolle und wie angenehm unser Schicksal ist!‹ (Außer Atem von dem so schnellen Aufsagen, hielt sie inne, um Atem zu schöpfen, legte die Hand auf ihr Herz und lächelte ihm freundlich zu.) Ein schönes Gebet, nicht wahr? Manchmal, wenn ich es sage, wird meine Nase ganz rot, weil mir zum
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