Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schöne des Herrn (German Edition)

Die Schöne des Herrn (German Edition)

Titel: Die Schöne des Herrn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Cohen
Vom Netzwerk:
es gleich beim Aufwachen sehen kann. Um halb zwölf wurde ich müde, hielt aber die Augen bis Mitternacht offen, weil dann Freitag ist und ich nur noch einen Tag auf Sie warten muss.
    Und jetzt, was ich heute gemacht habe. Heute früh, nach dem Bad in der Wanne, habe ich ein langes Sonnenbad im Garten genommen, ganz dicht an der Mauer, und dabei habe ich an Sie gedacht, weil ich nicht sehr bekleidet war. Mein ausgestreckter Körper, ebenso heiß, ebenso schwer, ebenso kompakt und hart wie die Mauer in der Sonne, spürte die leichten Finger des Windes über sich streichen und wusste, flatternde Locken oder erbebende Hüften, nicht mehr, was er und was die Mauer war. Ich weiß, was ich da gerade geschrieben habe, klingt ein bisschen literarisch. Ein ziemlich misslungener Versuch, Ihnen zu gefallen. Arme Ariane, mit dir geht es wirklich bergab. Danach bin ich ausgegangen und durch die Stadt gebummelt. Ich bin vor dem Schaufenster eines Waffenhändlers stehen geblieben, weil ein Stapel von Hundekuchen meine Aufmerksamkeit erregt hatte. Schreckliche Versuchung hineinzugehen und diese Hundekuchen zu kaufen, die mich schon in meiner Kindheit immer gereizt hatten und die wunderbar knusprig sein müssen. Aber ich habe widerstanden, denn man isst keine Hundekuchen, wenn man Ihre Geliebte ist. Und so habe ich mir ein wenig weiter ein paar Lakritzstangen gekauft. Um sie zu essen, ohne gesehen zu werden, bin ich hinter den Pont de la Machine gegangen. Aber sie schmeckten scheußlich, und ich habe alles in die Rhône geworfen. Als ich den Quai Besançon-Hugues überquerte, wurde ich beinahe von einem Auto überfahren, dessen Chauffeur mich eine Idiotin nannte. Ich sagte ihm, ich würde ihm nicht glauben.
    Was habe ich sonst noch gemacht? Ach ja, die Schreibwarenkatze (ich meine, die Katze im Schreibwarengeschäft), die ich neulich kennengelernt habe. Ich habe sie wieder besucht, denn sie ist sehr süß und brav, und da ich sie ein bisschen deprimiert fand, habe ich ihr ein Paket stärkendes Katzenfutter mitgebracht, mit Leber und getrocknetem Fisch. Sie schien es zu mögen. Anschließend bin ich zu Ihrem Hotel gegangen und habe zu den Fenstern Ihres Appartements hinaufgeblickt. Und da hatte ich plötzlich Lust, im Restaurant Ihres Hotels zu Mittag zu essen. Als ich es betrat, wäre ich beinahe hingefallen, weil ich am Teppich hängengeblieben bin. Das Essen war sehr gut, und ich habe zwei Desserts genommen. Während der ganzen Mahlzeit hat ein ziemlich schöner Herr mich fast ununterbrochen angeschaut!
    Geliebter, ich habe eine kurze Pause gemacht, um Ihnen auf beiliegendem Blatt den Großen und den Kleinen Bären aufzuzeichnen, der rote Punkt ist der Polarstern. Behalten Sie diese Zeichnung, sie wird Ihnen auf Ihren nächsten Dienstreisen nützlich sein. Als ich aus dem Restaurant kam, ging ich zur Rezeption und sagte, ich möchte mir ein Appartement ansehen, angeblich, um einer Freundin, die bald nach Genf kommen soll, Auskunft zu geben. Man sagte mir, sie hätten im Augenblick keine freien Appartements, was ich erwartet hatte. Daraufhin wandte ich eine List an und fragte, ob ich nicht einen Blick in das Appartement eines gerade abwesenden Gastes werfen könnte, natürlich in der Hoffnung, man würde mir das Ihre zeigen. Leider waren sie nicht dazu bereit. Ende meiner List. Danach hatte ich Lust, in ein Kino zu gehen, aber es war ein Liebesfilm. Der Filmheld ist immer viel weniger schön und interessant als Sie, und ich finde es einfach empörend, dass die Heldin so viel Aufhebens von ihm macht, und außerdem küssen sie sich viel zu oft auf den Mund, was mir auf die Nerven geht. Anschließend habe ich ein Taxi genommen und mich zum Palais des Nations fahren lassen. Dort habe ich zu den Fenstern Ihres Büros hinaufgeschaut. Dann bin ich in den Park gegangen, zu unserer Bank. Aber ein ekelhaftes Liebespaar saß dort und küsste sich vor allen Leuten. Ich bin geflüchtet.
    Danach wieder ein trübseliger Bummel durch die Straßen, mit traurig schlenkernder Handtasche, mehr denn je ohne Sie. Habe ein Buch über Schönheitspflege und eins über internationale Politik gekauft, um nicht ganz so dumm zu sein. Dann mit der Straßenbahn nach Annemasse, das ist eine kleine französische Stadt ganz in der Nähe von Genf, aber das wissen Sie sicher. Ich habe die beiden Bücher in der Straßenbahn vergessen. Und jetzt werde ich Ihnen sagen, warum ich nach Annemasse gefahren bin! Um einen Ehering zu kaufen! Bis jetzt hatte ich nie einen tragen

Weitere Kostenlose Bücher