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Die Schöne des Herrn (German Edition)

Die Schöne des Herrn (German Edition)

Titel: Die Schöne des Herrn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Cohen
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was sagst du dazu? In Talloires soll es ein sensationelles Restaurant geben, drei Sterne im Michelin, das will was heißen. Und weißt du, dort treffen sich die großen Köpfe der Politik zum Schlemmen, Briand, Stresemann und tutti quanti, das muss ziemlich toll sein. Also wir leisten uns heute ein Schlemmermahl in Talloires, hm? Hast du Lust? Aber falls sie nach ihrem
morning tea
noch ein wenig schlafen will, ist es auch nicht schlimm, dann fahren wir eben später. Oh, das Wasser kocht! Zuerst die Teekanne heiß ausspülen, nach allen Regeln der Kunst. Sehr gut, genau so. Bravo, mein Lieber. Und jetzt das Wasser in den Kessel zurück, da das Wasser hundert Zentigrad oder, um korrekt zu sein, hundert Grad Celsius heiß sein muss. Sehr gut. Schnell zwei gehäufte Löffel Tee, nein, drei, die Firma scheut keine Kosten. Und jetzt schnell das Wasser darübergießen. Und jetzt den lieben kleinen Teewärmer, und die sieben vorschriftsmäßigen Minuten ziehen lassen. Sie hat alle Qualitäten, mein Alter, sie interessiert sich für meine Dienstreise, du hättest mal sehen sollen, wie sie mir zugehört hat. Unter uns gesagt hätte ich es vorgezogen, wenn, ich hatte eine solche Lust, nach monatelanger Enthaltsamkeit, ich hätte die ehelichen Pflichten nur zu gern erfüllt, das kannst du mir glauben, aber als ich mal ganz leise vorgefühlt habe, hat sie mir gleich zu verstehen gegeben, dass heute Abend nichts zu machen sei, sehr freundlich, aber bestimmt, oh, sie hat es bestimmt nicht böse gemeint, es war wohl die Überraschung, mich so unerwartet auftauchen zu sehen, eine Woche früher als angekündigt, der Schock eben, sie glaubte, ich käme erst am 31. August, es hat sie völlig umgehauen, und sie bekam eine schreckliche Migräne, was einen natürlich nicht gerade in die richtige Stimmung versetzt, Bettspielchen und so Fehlanzeige, ist ja auch verständlich, denn eigentlich, das wird mir jetzt erst bewusst, war es doch ziemlich brutal von mir, einfach sang- und klanglos aufzutauchen, ich dachte, ich würde ihr eine Freude machen, wollte sie überraschen, aber Frauen haben schwache Nerven, sie sind empfindlich, man muss höllisch aufpassen, mein Alter, das kannst du dir gar nicht vorstellen. Nun ja, aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Heute hat sie bestimmt keine Migräne mehr, und ich garantiere dir, mein Alter, heute werden die Bettgestellfedern krachen! Weißt du, eigentlich hätte sie mir böse sein können, weil ich so unangemeldet aufgetaucht bin, aber nein, gar nicht, sie war lieb und nett, hat mir keine Vorwürfe gemacht, keine Fragen gestellt. Und das Rührendste, mein Alter, war, dass sie schon einmal eine Probe für den 31. August hatte veranstalten wollen. Das schöne Kleid, die Blumen, die rote Beleuchtung, all das, um sich vorzustellen, wie sie alles arrangieren würde, wenn ich am 31. August zurückkommen würde. Eine Generalprobe, hat sie gesagt. Wenn das nicht Liebe ist, mein Alter, was dann? Auf so poetische Ideen kann nur sie kommen. Und diese Idee, ihren kleinen Salon zu meinen Ehren neu zu gestalten, die Holztäfelung frisch streichen zu lassen, ist das nicht Liebe? Im Grunde könnten wir jetzt in diesem kleinen Salon empfangen, er ist viel hübscher als der große. Gehen wir lieber in den kleinen Salon, mein lieber Untergeneralsekretär, da sind wir intimer. Und die Kanakis werden Augen machen, wenn sie den kleinen Salon sehen, man könnte sie zusammen mit dem U.G.S. einladen. Vielleicht sollten wir Boudoir sagen, das klingt vornehmer als kleiner Salon. Nein, mein Lieber, nicht die Kanakis, das wäre heller Wahnsinn. Sehr unvorsichtig, dem Kanak Gelegenheit zu geben, persönliche Beziehungen zum U.G.S. anzuknüpfen. Den U.G.S. allein einladen, oder mit sehr vornehmen Leuten, aber von außerhalb, keine Kollegen vom Völkerbund, denn diese kleinen Mistkerle werden es sich nicht nehmen lassen, ihn ihrerseits einzuladen. Übrigens, Rianounette, eins habe ich ganz vergessen. Gestern Abend, als der Zug in Lausanne hielt, habe ich das
Journal de Genève
gekauft, und was lese ich da? Petresco und seine Frau bei einem Autounfall umgekommen, an einem Eisenbahnübergang. Letzten Endes habe ich gut daran getan, sie nicht mit den Kanakis eingeladen zu haben, das hätte mir gar nichts gebracht, da sie schon tot sind, das wäre keine dauerhafte Beziehung gewesen. Dadurch wird jetzt eine A-Stelle frei, ich frage mich, wer sie kriegt, es würde mich nicht wundern, nein, wirklich nicht, nun, wir werden ja sehen. Sag mal,

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