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Die Schöne des Herrn (German Edition)

Die Schöne des Herrn (German Edition)

Titel: Die Schöne des Herrn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Cohen
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war.«
    »Das achte Geständnis! Wärst du nicht seine Mätresse gewesen, hättest du dich, anstatt zu sagen, du hättest mir nicht gesagt, dass du seine Mätresse warst, damit begnügt, mir zu sagen, dass du nicht seine Mätresse warst. (Er klatschte in die Hände.) Erwischt!«
    »Nein, nein, ich sage dir mit allem Nachdruck, dass das nicht wahr ist! Es war nur Freundschaft!«
    »Acht Geständnisse«, sagte er lächelnd und wirbelte seine Zigarette zwischen den Fingern herum. »Erstes Geständnis: Als du edel und bußfertig zu mir gekommen bist, hast du von einem Geheimnis gesprochen, das dich furchtbar belastet. Ist eine Freundschaft wirklich eine solche Belastung? Zweites Geständnis: Als ich dich fragte, ob du an jenem Abend mit ihm geschlafen hast, hast du verneint. Was bedeutet dieses Nein? Es bedeutet, dass du andere Male mit ihm geschlafen hast! Sonst hättest du mir nämlich nicht mit einem einfachen Nein geantwortet, sondern mir gesagt, du hättest nie mit ihm geschlafen! Die übrigen Geständnisse stelle ich dir anheim. Du warst also seine Mätresse. Außerdem hattest du anfänglich die Absicht, es einzugestehen. Aber leider war ich so dumm, dich aus dem Bett zu stoßen. Warum wolltest du mir überhaupt von diesem Mann erzählen?«
    »Um nichts vor dir zu verbergen.«
    Er hatte jetzt Mitleid. Die arme Kleine glaubte wirklich, dass dies der wahre Grund sei. Nein wirklich, sie sind alle so ahnungslos.
    »Also dieser Mann küsst dich vierzigmal, lang und breit und quer, und du lässt ihn gewähren und lächelst. (Er begehrte sie.) Du bist bereit, Küsse jeder Art zu empfangen und zu erwidern, selbst die Doppelkolombinen mit innerer Drehung, wie Michael sie nennt, du bist damit einverstanden und dankst ihm sogar für jede Kolombine! Aber sobald er ›indiskret‹ wird, wie du es so vornehm ausdrückst, das heißt, sobald er die normale Fortsetzung der vierzig Küsse wünscht, bist du plötzlich entrüstet, wirst tugendhaft und willst von dieser Fortsetzung nichts wissen! Komm schon, Ariane, lass mich nicht alle Achtung verlieren, gesteh die Wahrheit! Du warst seine Mätresse, du weißt es, und ich weiß es!«
    Er hatte so schnell geredet, dass sie nicht alles verstanden hatte, was sie von der Richtigkeit seiner Argumentation überzeugte. Außerdem hatte er mit solcher Selbstsicherheit gesprochen. Wenn er es sowieso wusste, konnte sie es ruhig gestehen.
    »Ja«, hauchte sie mit gesenktem Kopf.
    »Ja was?«
    »Was du gesagt hast.«
    »Seine Mätresse?«
    Sie nickte. Er schloss erschrocken die Augen und merkte, dass er erst jetzt wirklich daran glaubte. Ein behaarter und mit Geschlechtsteilen versehener Mann auf seiner Liebsten!
    »Aber nur ein einziges Mal«, sagte sie.
    »Darüber reden wir noch. Und bist du auch?«
    »Nein«, hauchte sie.
    Wie schnell sie begriffen hat, das durchtriebene Luder! Er stellte seine Frage deutlicher. Sie errötete, und er ereiferte sich immer mehr. Mit welchem Recht errötete sie? Unermüdlich wiederholte er seine Frage, und jedes Mal antwortete sie mit einem Nein. Doch beim zwanzigsten oder dreißigsten Mal gab sie sich geschlagen, brach in Tränen aus und schrie ja, ja, ja! »Aber nur ein ganz klein bisschen«, fügte sie nach kurzem Schweigen hinzu und schämte sich, fühlte sich lächerlich. Draußen machte ein liebestoller Kater seine Liebeserklärung. »Aufhören, Dietsch!«, rief Solal. Eine Katze antwortete mit Altstimme. »Aufhören, Ariane!«, rief Solal. Sie entschloss sich zu Tränen, was ihr keine Mühe bereitete, denn sie brauchte ja nur Mitleid mit sich selbst zu haben, und das war nicht schwer.
    »Warum weinst du denn? Wir reden von einem Augenblick des Glücks, und du weinst?«
    »Ja.«
    »Warum?«
    Sie schnäuzte sich, ihre Tränen waren angesichts dieser Kaltschnäuzigkeit versiegt. Er bemerkte, dass ihre Nase rot und etwas geschwollen war. Merkwürdig, er war ihr in diesem Augenblick gar nicht böse und betrachtete leicht gerührt ihre geschwollene Nase. Er wiederholte mehrmals sein »Warum«, ganz automatisch, ohne darüber nachzudenken.
    »Ich weiß nicht, was du sagst. Warum was?«
    »Warum weinst du?«
    »Weil es mir leid tut.«
    »Warum? Du hast es doch getan.«
    »Jetzt widert es mich an.«
    »Aber es hat dich nicht angewidert, als du ihn in den Nacken gebissen hast. Übrigens, hast du ihn jeden Tag gebissen?«
    »Was redest du da? Ich habe ihn niemals gebissen.«
    »Na, das ist ja immerhin etwas. Vielen Dank. Von nun an werde ich dich bitten, mich in den

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