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Die Schöne des Herrn (German Edition)

Die Schöne des Herrn (German Edition)

Titel: Die Schöne des Herrn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Cohen
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wenigstens weißhaarig, Gott sei Dank.
    »Ja«, sagte er im Brustton der Überzeugung, »ich kann es mir vorstellen, der Kontrast zwischen dem weißen Haar und dem schwarzen Schnurrbart muss sehr schön gewesen sein. (Sie hustete.) Pardon?«
    »Nichts, ich habe ein Kratzen im Hals.«
    »Dieser Kontrast war doch schön, nicht wahr?«
    »Zuerst war er mir eher unsympathisch. (Und dann?) Vor allem dieser Schnurrbart, der wie gefärbt aussah. Aber dann habe ich sehr bald gemerkt, ich kann doch alles sagen, nicht wahr?«
    »Liebling, du siehst doch, wie ruhig ich bin, eben weil du mich nicht mehr ausschließt. Du sagtest, du hättest sehr bald gemerkt.«
    »Na ja, dass er ein intelligenter, gebildeter, feiner Mensch war, und ein bisschen unbeholfen. (Nicht mit allen Körperteilen, dachte er.) Wir haben uns unterhalten.«
    »Ja, Liebling. Und dann?«
    »Nun ja, ich war glücklich, als ich nach Hause kam. Und ein paar Tage später bin ich mit Alix in das Konzert gegangen, das er dirigierte. Die Pastorale stand auf dem Programm.«
    Er runzelte die Stirn. Natürlich, man war ja Künstlerin, man sagte einfach die Pastorale, weil man mit Beethoven vertraut war. Und mit Dietsch. Für diese Pastorale wird sie mir noch büßen müssen.
    »Sprich weiter, Liebling.«
    »Also, er vertrat den Chefdirigenten, dessen Namen ich vergessen habe. (Den Namen des richtigen Dirigenten hat sie vergessen. Aber nicht den des falschen. Auch dafür wirst du mir büßen.) Mir gefiel seine Art zu dirigieren.«
    Er sah diesen Dietsch, wie er den genialen Hampelmann spielte und ohne Taktstock dirigierte, und die beiden dummen Gänse schmolzen dahin vor Begeisterung und bildeten sich ein, Beethoven persönlich vor sich zu haben! Beethoven und Mozart waren nie so sehr bewundert worden wie die Dirigenten, diese Filzläuse der Genies, Zecken der Genies, Blutsauger der Genies, die so wichtig tun und sich so ernst nehmen und die die Stirn haben, sich mit Maestro anreden zu lassen, und die sich verbeugen wie Beethoven oder Mozart und so viel mehr Geld verdienen als Beethoven oder Mozart! Und warum bewunderte sie diese Filzlaus Dietsch? Weil er die Musik, die ein anderer geschrieben hat, lesen kann! Bestenfalls ist er gerade mal imstande, einen kleinen Militärmarsch zu komponieren, diese Filzlaus Dietsch!
    »Ich kann mir vorstellen, dass er deinem Mann sehr überlegen war.«
    »Ja«, gab sie mit dem Ernst der Objektivität zu, und er biss sich vor Wut die Lippe blutig.
    »Erzähl mir noch ein bisschen von ihm, Liebling, und dann machen wir Schluss.«
    »Also, er war Chefdirigent des Philharmonischen Orchesters in Dresden. Als die Nazis an die Macht kamen, ist er von seinem Amt zurückgetreten. Übrigens war er Mitglied der Sozialdemokratischen Partei.«
    »Sehr sympathisch. Und dann?«
    »Und dann ist er in die Schweiz gekommen und musste sich in Genf mit der Stelle eines zweiten Dirigenten begnügen, nachdem er eines der wichtigsten Orchester in Deutschland geleitet hatte. (Aber sie ist ja ganz vernarrt in ihren Dietsch! Was macht sie nur hier in Belle de Mai mit einem Mann, der nicht eine Note lesen kann?) So, das reicht jetzt aber, ich bitte Sie.«
    »Nur noch eins, Liebling, dann höre ich auf. Habt ihr manchmal die ganze Nacht miteinander verbracht?«
    Diese Frage war eine ziemlich Zumutung, er drückte ihr liebevoll die Hände und küsste sie.
    »Nein, ich bitte dich. Das ist doch jetzt alles begraben, ich will nicht mehr daran denken.«
    »Es ist die letzte Frage. Habt ihr die Nacht miteinander verbracht?«
    »Sehr selten«, sagte sie mit engelhafter Stimme.
    »Siehst du, es geschieht nichts Schlimmes, wenn du mir offen antwortest. Aber wie hast du das einrichten können?«, sagte er, belustigt und spitzbübisch lächelnd.
    »Mit Hilfe von Alix«, sagte sie und strich sich den Morgenrock über den Knien glatt. »Jetzt ist es aber genug, ich bitte dich.«
    Er zog lange an seiner Zigarette, um Ruhe zu bewahren. Dann lächelte er übertrieben gutmütig und komplizenhaft.
    »Ah ja, ich verstehe, du warst angeblich bei ihr, während du in Wirklichkeit bei ihm warst, und du hast deinen Mann angerufen und ihm gesagt, es sei zu spät, um nach Hause zu kommen und du würdest die Nacht bei ihr verbringen! Nicht wahr, du kleine Schelmin?«
    »Ja«, hauchte sie mit gesenktem Kopf, und dann schwiegen sie eine Weile.
    »Sag, Liebling, hast du noch andere Männer gehabt?«
    »Mein Gott, für wen hältst du mich?«
    »Für eine Hure«, sagte er mit melodiöser Stimme.

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