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Die Schöne des Herrn (German Edition)

Die Schöne des Herrn (German Edition)

Titel: Die Schöne des Herrn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Cohen
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höhergestellt als du?«
    »Nein, aber sein Onkel ist Minister. Das verschafft Beziehungen.«
    Sie schwiegen einen Augenblick, und Frau Deume kraulte erneut ihr Fleischanhängsel und dachte betrübt an den unbedeutenden Ehemann, den das Schicksal ihr bestimmt hatte. Sie seufzte.
    »Du kannst dir nicht vorstellen, wie unerträglich der arme Papi heute früh war, auf Schritt und Tritt ist er mir nachgelaufen und hat mir aus seinem Benimmbuch vorgelesen. Schließlich musste ich ihn ins Gästezimmer verbannen, wo ich ihn seit unserer Rückkehr untergebracht habe, damit er mich ein bisschen in Ruhe lässt. Wenn er dir wenigstens behilflich sein und ein paar Einkäufe für dich erledigen könnte. Aber der Arme ist zu nichts zu gebrauchen und macht alles falsch. Nun ja, auch ohne Ministeronkel hast du dich durch deine eigene Tüchtigkeit vorangebracht.«
    Sie wischte ein Staubkörnchen von der Jacke ihres Adoptivsohns.
    »Psst! Einen Augenblick! Ich überlege!«
    Sie ließ Adrien nachdenken, nutzte die Pause, um mit dem Finger über die Tischplatte zu fahren, und prüfte das Ergebnis. Ja, Martha hatte gut staubgewischt. Durch die offene Tür drang die Stimme Herrn Deumes herein, der im ersten Stock eine besonders aufregende Stelle aus seinem Leitfaden für gutes Benehmen deklamierte: »Wenn der Gast seine Serviette auseinanderfaltet, legt er sein Brot auf die linke Seite! Hast du gehört, Antoinette?« Sie antwortete gequält: »Ja, danke!« Erneut die Stimme des kleinen Alten: »Man bricht das Brot und sneidet es nicht mit dem Messer. Man bricht die Sstückchen je nach Bedarf ab. Man darf sich nicht einen Vorrat abbrechen!«
    »Siehst du, Didi, so ist es den ganzen Vormittag gegangen. Du kannst dir denken, wie sehr das meine Geduld strapaziert hat.«
    »Hör zu, Mammi, ich will, dass dies ein sehr vornehmes Diner wird! Und weißt du was, ich werde ihm die Auswahl der Weine überlassen! Und der Gipfel der Vornehmheit ist, während des ganzen Diners trockenen Champagner zu servieren! Ich bin praktisch sicher, dass er das vorziehen wird, es macht einen guten Eindruck, weißt du. Also, zu Beginn des Essens wende ich mich mit der größten Selbstverständlichkeit an ihn. ›Was ziehen Sie vor, Herr Untergeneralsekretär, die klassische Weinfolge oder ausschließlich Champagner?‹ Na ja, die richtigen Worte werden mir schon einfallen. Wenn er Champagner wählt, dann verwenden wir den Bordeaux und den Burgunder bei einer anderen Gelegenheit. Es ist dir doch recht, dass wir keine Kosten scheuen?«
    »Das will ich meinen. Bei einem solchen Anlass!«
    »Nur Champagner servieren ist eben elegant! Sechs Flaschen, damit wir auf jeden Fall genug haben! Falls er ein großer Trinker ist, was ich zwar nicht glaube, aber man kann nie wissen. Ach, Caramba, Caramba, Caramba!«
    »Was hast du, mein Lieber?«
    Er stand auf, ging zum Fenster, kehrte zu seiner Adoptivmutter zurück und blickte sie, die Hände in den Taschen, siegesbewusst lächelnd an.
    »Ich habe eine Idee! Und ich wage zu behaupten, eine geniale Idee!«
    In diesem Augenblick kam Herr Deume leicht humpelnd herein, ein kleiner bärtiger Seehund mit großen runden hervorstehenden Augen, die hinter den Gläsern seines Kneifers wie verstört dreinblickten, entschuldigte sich für die Störung, öffnete das Anstandsbuch auf der mit dem Zeigefinger markierten Seite, rückte den an einem Band um seinen Hals hängenden Kneifer zurecht und begann zu lesen.
    »Bei Tis muss man warten, bis der erste Gang serviert ist, bevor man zum Brot greift. Es ist ungehörig, sofort von seinem Brot zu essen. (Er bewegte den Zeigefinger wie ein Dirigent seinen Stab, um die Bedeutung des nächsten Satzes zu unterstreichen.) Es ist ebenfalls ungehörig, zwissen den Gängen sständig Brot zu essen, weil man dadurch den Eindruck erweckt, man sei halb verhungert, was von mangelnder Selbstbeherrssung zeugt.«
    »Ja, mein Freund, sehr gut«, sagte Frau Deume, während Adrien, der sich wieder gesetzt hatte, vor Ungeduld brannte, seine herrliche Idee endlich kundtun zu können. »Jetzt geh wieder in dein Zimmer hinauf.«
    »Ich hatte nur gedacht, dass dir das helfen könnte. (Er beschloss, sich der Gefahr zu stellen.) Wo du zwissen den Gängen doch manchmal Brot isst.«
    »Sei ganz beruhigt, mein lieber Freund«, erwiderte Frau Deume mit gönnerhaftem Lächeln, »ich weiß sehr wohl, wie man sich im Familienkreis und in Gesellschaft zu benehmen hat. Gott sei Dank hat mein Vater auch Gäste empfangen. (Sie

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