Die schöne Diebin
kannst die Katze nicht zähmen.“ Er musterte Brandons Gesicht und fuhr fort: „Wie ich sehe, fallen meine Ermahnungen nicht auf fruchtbaren Boden. Außerdem umgibt dich diese komische Aura, die manche Männer am Morgen danach haben. Wahrscheinlich ist es das Beste, euch zwei allein zu lassen, damit ihr weiter das glückliche Paar spielen könnt.“ Er leerte seine Tasse und erhob sich.
„Einen Moment, Jack!“
„Ja?“
„Ich muss dir noch etwas gestehen. Ich glaube, es ist mehr als ein Spiel.“
„Du meinst …“ Jack setzte sich wieder. Er sah schockiert aus.
„Die Einsicht ist auch für mich beunruhigend. Also, ich möchte nicht, dass Nora je wieder fortgeht.“
„Aber sie kann auf Dauer nicht bei dir bleiben. Ihr könnt nicht ewig die Verlobten spielen. O Gott!“ Jetzt spiegelte sich echtes Entsetzen auf Jacks Gesicht. „Du willst sie doch nicht etwa heiraten? The Cat als Countess? Brandon, ich bitte dich, nimm Vernunft an!“
„Das hat nichts mit Vernunft zu tun. Es sei denn …“ Er zögerte. „Hast du nicht selbst oft genug gesagt, ich solle mich endlich meiner Verantwortung als Earl of Stockport stellen und mir eine Frau suchen, die mir Nachkommen schenkt?“
Jack schüttelte fassungslos den Kopf. Seit er in London Brandons Brief erhalten hatte, war er in großer Sorge um seinen Freund gewesen. Nun begriff er, dass er das Schlimmste nicht einmal geahnt hatte. Eine Verbrecherin, eine gewöhnliche Diebin, sollte Countess of Stockport werden? Eine schreckliche Vorstellung! Er bemühte sich dennoch, ruhig zu bleiben. „Natürlich ist es an der Zeit, dass du an den Fortbestand der Familie denkst. Wir werden alle nicht jünger. Aber wäre eine nette Debütantin aus gutem Hause nicht viel eher die richtige Gattin für dich?“
Zu seinem Erstaunen lachte Brandon laut auf. „Eine nette Debütantin? Also wirklich, Jack! Ich hätte angenommen, dass du mich besser kennst. Ich könnte niemals an der Seite einer Frau leben, die mich langweilt. Und du könntest das auch nicht! Ein schüchternes Mädchen, das höchstens über die neue Mode oder das Wetter reden kann und sich nicht für Politik interessiert? Eine Jungfrau ohne jede Erfahrung? Wahrhaftig, wenn ich das wollte, hätte ich schon vor Jahren geheiratet. Worauf hätte ich warten sollen? Solche Mädchen gibt es wie Sand am Meer. Nur entsprechen sie leider nicht meinen Anforderungen.“
„Willst du damit sagen, dass ausgerechnet die Katze deinen Anforderungen gerecht wird? Das kann ich nun wirklich nicht glauben. Alter Knabe, du bist verliebt. Gut. Ein solches Strohfeuer erlischt rasch wieder. Und für eine Ehe sind andere Dinge wichtig.“
Brandon zuckte die Schultern. „Ehe du hier hereingeplatzt bist, habe ich – wie ich zugeben muss – gar nicht über eine mögliche Heirat nachgedacht. Fest steht nur, dass Nora mir wichtig ist. Es ist mehr als ein Strohfeuer. Ob ich sie allerdings liebe, kann ich dir nicht mit Bestimmtheit sagen. Über die Liebe weiß ich so gut wie nichts.“
„Hm …“
„Also, wahrscheinlich liebe ich sie ebenso wenig, wie sie mich liebt. Doch noch nie habe ich mich so lebendig gefühlt wie dann, wenn sie bei mir ist. Mit ihr zusammen ist das Leben ein herrlich aufregender Spaß.“
„Ja, weil ihr gefährliche, verbotene Dinge tut! Bei Jupiter, zu den Anforderungen, die du an deine Countess stellst, kann wohl kaum gehören, dass sie ständig gegen das Gesetz verstößt.“
Brandon wollte aufbrausen, doch Jack sprach schon weiter. „Ich bin wirklich sehr gespannt darauf, herauszufinden, wie genau deine Anforderungen aussehen. Was mag eine Diebin besitzen, was einem wohlerzogenen Mädchen aus guter Familie fehlt? Übrigens, dieses Gespräch kann ich nur fortsetzen, wenn ich etwas Stärkeres als Tee zu trinken bekomme.“
„Alkohol zum Frühstück?“ Der Earl stand auf und goss seinem Freund aus einer Karaffe etwas Cognac ein. „Bitte!“
Jack nahm einen tiefen Schluck. „Ah, das tut gut! Eine wirkungsvolle Medizin, wenn man damit fertig werden muss, dass der beste Freund den Verstand verloren hat.“
„Ich glaube nicht, dass es verrückt ist, sich eine Gattin zu wünschen, die sich für politische Fragen interessiert und sich dafür einsetzt, dass die Situation der Armen verbessert wird. Und was ist gegen eine Frau einzuwenden, die einen Sinn fürs Abenteuerliche hat? Die sinnlich und leidenschaftlich ist? Außerdem weiß ich es zu schätzen, dass Nora sich nicht für meinen Titel oder mein Vermögen
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