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Die schöne Diva von Saint-Jacques

Die schöne Diva von Saint-Jacques

Titel: Die schöne Diva von Saint-Jacques Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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keine Grenzen. Ich war mit ihm auf einem Trawler, ich weiß, wovon ich rede.«
    Die Nachricht kam zwei Tage später und schlug ein wie eine Bombe. Leguennec verkündete sie am Abend mit erstaunlich ruhiger Stimme. In der Nacht war die Feuerwehr gerufen worden, um ein heftiges Feuer in einer verlassenen Gasse von Maisons-Alfort zu bekämpfen. Als die Feuerwehrleute eintrafen, hatte sich das Feuer bereits auf die nicht mehr bewohnten, heruntergekommenen Häuser der Nachbarschaft ausgebreitet. Die Flammen waren erst gegen drei Uhr morgens gelöscht worden. Inmitten der Trümmer fanden sich drei vollständig ausgebrannte Autowracks und in einem von ihnen eine verkohlte Leiche. Leguennec erfuhr von dem Unfall um sieben Uhr morgens, als er sich gerade rasierte. Um fünfzehn Uhr traf er Pierre Relivaux in seinem Büro. Relivaux identifizierte einen kleinen Basaltstein, den Leguennec ihm zeigte. Ein Talisman, von dem sich Sophia Simeonidis nie getrennt hatte und den sie seit achtundzwanzig Jahren in ihrer Handtasche oder in ihrer Jacke bei sich trug.

 
     
18
     
    Alexandra saß im Schneidersitz auf ihrem Bett, die langen Beine gekreuzt, den Kopf in den Händen, und forderte ungläubig Details und Gewißheit. Es war sieben Uhr abends. Leguennec hatte Vandoosler und den anderen erlaubt, im Zimmer zu bleiben. Am nächsten Tag würde alles in den Zeitungen stehen. Lucien sah nach, ob der Kleine mit seinen Filzschreibern auch keine Flecken auf seinen Teppich gemacht hatte. Das bereitete ihm Sorgen.
    »Wie kamen Sie dazu, bis nach Maisons-Alfort zu fahren?« fragte Alexandra. »Was haben Sie gewußt?«
    »Nichts«, versicherte Leguennec. »Ich habe vier vermißte Personen in meinem Sektor. Pierre Relivaux hatte seine Frau nicht als vermißt melden wollen. Er war sich sicher, daß sie wiederkommen würde. Aber nachdem Sie hier aufgetaucht sind, habe ich ihn, nun... überzeugt, Suchanzeige aufzugeben. Sophia Simeonidis war auf meiner Liste, und ich hatte sie im Kopf. Ich bin nach Maisons-Alfort gefahren, weil das mein Beruf ist. Ich war nicht allein dort, das kann ich Ihnen gleich sagen. Es waren noch andere Inspektoren auf der Suche nach Jugendlichen und verschwundenen Ehemännern dort. Aber ich war der einzige, der eine Frau suchte. Frauen verschwinden sehr viel seltener als Männer, wußten Sie das? Wenn ein verheirateter Mann oder ein Jugendlicher verschwindet, regt man sich nicht allzusehr auf. Aber wenn es eine Frau ist, dann hat man allen Grund, das Schlimmste zu befürchten. Verstehen Sie? Aber die Leiche war nicht zu identifizieren, verzeihen Sie mir, nicht einmal anhand der Zähne, die im Feuer zerborsten oder zu Asche verbrannt waren.«
    »Leguennec«, unterbrach ihn Vandoosler, »die Details kannst du dir sparen.«
    Leguennec schüttelte seinen kleinen Kopf mit den wuchtigen Kieferknochen.
    »Ich versuch’s, Vandoosler, aber Mademoiselle Haufman will Gewißheit.«
    »Reden Sie weiter«, sagte Alexandra leise. »Ich muß es wissen.«
    Das Gesicht der jungen Frau war vom Weinen verquollen, ihr schwarzes Haar war zerzaust und durch das häufige Hindurchfahren mit ihren nassen Händen ganz starr geworden. Marc hätte gerne alles getrocknet, alles wieder in Ordnung gebracht. Aber er konnte nichts tun.
    »Das Labor arbeitet dran, und sie brauchen ein paar Tage, um vielleicht zu weiteren Ergebnissen zu kommen. Aber die verbrannte Leiche war eher klein, das läßt auf eine Frau schließen. Das Wrack des Wagens ist genauestens untersucht worden, aber es ist nichts übriggeblieben, nicht ein einziger Fetzen Kleidung, kein Accessoire, nichts. Das Feuer wurde mit einigen Litern Benzin angefacht; das Benzin wurde nicht nur reichlich über den Körper und das Auto, sondern auch auf den Boden und an die Fassade des angrenzenden Hauses geschüttet, das zum Glück leer stand. In der Gasse hat niemand mehr gewohnt. Sie sollte abgerissen werden, und ein paar Autowracks gammeln dort vor sich hin, in denen manchmal Obdachlose übernachten.«
    »Der Ort ist also gut ausgesucht worden, oder?«
    »Ja. Bis der Alarm ausgelöst wurde, hatte das Feuer seine Arbeit schon getan.«
    Mit spitzen Fingern schwenkte Inspektor Leguennec den Beutel mit dem schwarzen Stein, und Alexandra folgte der schnellen, entnervenden Bewegung mit den Augen.
    »Und dann?« fragte sie.
    »Zu Füßen der Leiche hat man zwei Klümpchen geschmolzenes Gold gefunden, vielleicht Ringe oder eine Kette. Also jemand, der wohlhabend genug war, um etwas Goldschmuck zu besitzen.

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