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Die schoene Frau Seidenman

Die schoene Frau Seidenman

Titel: Die schoene Frau Seidenman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Szczypiorski
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Grottger ,  Piłsudski  und  Pfarrer Skorupka . Sie verwünschte die Schlachten von  Grunwald ,  Byczyna ,  Pskow , das  Massaker in Praga  und Napoleon, das E rlenwäldchen bei Grochów und Małgoszcz , die Böschungen der Zitadelle und die  Zehn vom Pawiak , die  Magdeburger Festung  und das  Wunder an der Weichsel , vor allem aber nahm sie ihrem Mann übel, daß er seit langem fehlte, sich hinter dem Stacheldraht des Offizierslagers aufhielt und trotzdem ständig im Haus herumgeisterte, mit Pawełeks Händen tätig war, wenn er an den Ketten der Gewichte die Uhr aufzog, die Bücher aus dem Regal nahm und las, und zweifellos Pawełek nachts im Traum erschien, um unaufhörlich zu ihm von den polnischen Pflichten zu sprechen. Dieser abwesende Mann kam nachts auch zu ihr, aber auf andere Weise, ohne Uniform, Säbel und Viereckmütze, meistens übrigens völlig nackt, ein bißchen heftig, nach Tabak und Kölnisch Wasser duftend wie vor über zwanzig Jahren, als sie zum ersten Mal sein Kavalleristengewicht auf sich gespürt hatte, damals gleich nach dem Krieg, das Gewicht des jungen Soldaten, der den Krieg gewonnen und seine Frau errungen hatte. Nachts empfing sie diesen Mann schamlos und gierig, sie wünschte in ihren Träumen, seine Anwesenheit zu verlängern, am Tage jedoch mochte sie ihn überhaupt nicht leiden, sondern fürchtete seinen aufrührerischen Geist, der Pawełek in Versuchung führte, ihn auf die andere Seite, auf das andere, das gefährliche Ufer zog, wo sich ähnliche Männer sammelten, während sie auf ihrem Ufer in Einsamkeit und Angst zitterte.
      Pawełek verließ das Zimmer und entschwand ihren Augen. Sie vernahm seine Schritte im dunklen Korridor, dann das Knirschen des Riegels, das Klirren der Kette, schließlich das Knacken der geöffneten Tür. Das ist das Ende, dachte sie, die Gestapo kommt, um Pawełek zu holen. Sie stand unbeweglich, eine hübsche, reife Frau mit hellem Haar über der Stirn, weit geöffneten blauen Augen, schlanken, in ängstlicher Geste verflochtenen Fingern. Sie hörte ihr Blut in den Schläfen pulsieren und dachte, diese Probe würde sie nicht überleben, Gott dürfe sie nicht so streng strafen und von ihr verlangen, weiter am Leben zu bleiben.
    Sie vernahm im Korridor eine fremde, männliche Stimme, die heiter und ungezwungen polnisch sprach. Auf der Schwelle erschien Pawełek, hinter ihm aber ein kleines Mädchen an der Hand eines großen, dunklen Mannes, dessen Gesicht vom Laster gezeichnet war. Du bist eine Idiotin, Elżbieta, sagte sie sich, du bist ein dummes Weib, Elżbieta! Erst jetzt fiel ihr ein, daß heute oder vielleicht morgen oder übermorgen in ihrem Haus Joasia Fichtelbaum eintreffen sollte, die kleine Schwester von Henio Fichtelbaum, Pawełeks bestem Schulfreund, diesem launenhaften Henio, einem etwas zu selbstsicheren, auf seine sehr guten Noten eingebildeten Jungen. Ihr abwesender Mann hatte ihn nie gemocht, weil ihr abwesender Mann sich im Ganzen den Juden gegenüber recht ablehnend verhielt, natürlich weit entfernt von allen gewaltsamen Methoden; schließlich hatte er die Unabhängigkeits-Tradition und eine europäische Erziehung hinter sich, er war ein echter Gentleman mit der leichten, dem 19.Jahrhundert entstammenden Patina des Fortschritts und des Liberalismus, der die Welt in einen Planeten allgemeiner Bruderschaft verwandeln wollte, darum war er weit entfernt von allen gewaltsamen Methoden, sprach aber von den Juden mit einer gewissen Geringschätzung und herrschaftlichen Nachsicht, doch ohne Wärme, eher sarkastisch. Das war nun Henios Schwesterchen, Tochter des Rechtsanwalts Jerzy Fichtelbaum, des bekannten Advokaten, eines Menschen von großer Liebenswürdigkeit und Kultur. Sie hatte gern mit ihm gesprochen, wenn sie sich bei Elternabenden in der Schule begegneten. Einmal hatte sie ihn zufällig beim Sonntagsspaziergang getroffen und auf der  Łazienki -Terrasse mit ihm Kaffee getrunken. Die Jungen ritten auf Ponies, und sie trank Kaffee mit dem Rechtsanwalt und seiner Frau, an deren Gesicht sie sich überhaupt nicht erinnerte, denn sie war eine zu große Dame gewesen, um sich an die Frau eines jüdischen Advokaten zu erinnern. Sie sprach über Pawełeks Freundschaft zu Henio, die Henio in ihren Augen ein wenig adelte und würdiger machte. Und wie freute sie sich, wie warm wurde ihr ums Herz, als der Richter Romnicki, den sie in Gedanken ›unseren Marc Aurel von der Miodowa-Straße‹ nannte, weil sie aus ihren jungen Jahren

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