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Die schoene Helena

Titel: Die schoene Helena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacqueline Navin
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ihrer mangelhaften Nähkünste beiseite.
    „Tun Sie das, wenn Sie Ihre Eitelkeit unbedingt befriedigen müssen“, erwiderte Kimberly mit Grabesstimme, ohne von ihrer Handarbeit aufzublicken.
    „Was bleibt mir denn anderes übrig? Ich will nicht mit entblößtem Busen herumlaufen!“
    Da hob Kimberly den Kopf, und Helena starrte in die wasserblauen Augen der Irin. Beide waren verblüfft. So hatte Helena noch nie mit Kimberly gesprochen.
    Nervös rang sie nach Atem und fügte in ruhigerem Ton hinzu: „Wenn man sich ordentlich anziehen will, ist man noch lange nicht eitel. Immerhin bin ich eine Aristokratin, selbst wenn wir das alle vergessen haben.“
    Die Missbilligung, die Kimberlys sommersprossiges Gesicht unverhohlen ausdrückte, erschreckte Helena nicht. Nun, vielleicht ein bisschen. Aber ihr Entschluss stand bereits fest. In diesen alten Fetzen würde sie nicht vor Adam Mannions Augen treten.
    „Haben wir das vergessen?“ Auch Kimberly stand auf und erhob sich zu ihrer vollen Größe, die nicht einmal bis zum Kinn ihrer Herrin reichte. Allerdings war Helena überdurchschnittlich groß, was Kimberlys kleinwüchsige Gestalt noch deutlicher zur Geltung brachte. „Und ich dachte, diesen Dünkel hätten Sie inzwischen überwunden. Jetzt können Sie nicht mehr auf dem hohen Ross sitzen - so wie früher, als Ihre Mama noch lebte und Sie dachten, Sie wären das schönste Mädchen von ganz England. Was dann passiert ist, wissen Sie ja, nicht wahr?“
    „Ja Mühsam bekämpfte Helena das Grauen, das beim Gedanken an jenen Zwischenfall in ihr aufstieg. „Das weiß ich. Und sollte ich es jemals vergessen, werden Sie mich zweifellos sofort daran erinnern. Trotzdem ... bald werde ich heiraten. Ich möchte meinem Ehemann keine Schande machen. Und da er mein sogenanntes Schicksal ist, müsste es auch in Ihrem Interesse liegen, dass ich ihm gefalle.“
    „Gewiss, er ist Ihr Schicksal. Aber warum wollen Sie ihn beeindrucken? Wer ist er denn schon? Nur ein Bürgerlicher, kein Aristokrat. Außerdem will er Sie nur wegen Ihres Geldes heiraten. Also ist’s ganz egal, wie Sie aussehen, mein Vögelchen. Bedenken Sie doch ... das Schicksal hat Ihnen nicht die Rolle der hübschen kleinen Gespielin zugedacht.“
    „Jetzt haben Sie genug gesagt!“ Helena eilte zur Tür und riss sie auf. „Und ich Verwirrt unterbrach sie sich und starrte Adam an, der vor ihr stand.
    „Guten Tag!“ Er schenkte ihr jenes schwache Lächeln, das er offenbar bevorzugte. Vermutlich fanden die leichtfertigen Frauen, an deren Gesellschaft er gewöhnt war, diesen Gesichtsausdruck hinreißend. „Gerade wollte ich anklopfen.“
    „Was tun Sie hier?“
    „Nun, ich habe Sie gesucht. Nachdem Sie nicht am Frühstückstisch erschienen sind, fragte ich mich natürlich, wo Sie sich aufhalten.“
    „Das braucht Sie nicht zu kümmern.“
    Lässig zuckte er mit den Schultern, eine weitere Demonstration seiner verführerischen Nonchalance. „In dieser Wildnis bietet sich einem Mann kaum Abwechslung.“
    „Das ist keine Wildnis!“ Oh Gott, wie bissig ihre Stimme klang - sogar in ihren eigenen Ohren. Mühsam zwang sie sich, einen sanfteren Ton anzuschlagen. „Northumberland ist wunderschön. Und wir sind durchaus zivilisiert.“
    „Verglichen mit London, erscheint mir diese Gegend ziemlich unkultiviert. Warum sind Sie nicht zum Frühstück gekommen ? “ Irritiert runzelte sie die Stirn. In der Familie Rathford war es niemals üblich gewesen, das Frühstück gemeinsam im Speisezimmer einzunehmen. Aber nun hatte ihr Vater dieses Ritual anscheinend eingeführt, dem Hausgast zuliebe, und den Dienstboten entsprechende Anweisungen gegeben. Darüber war sie leider nicht informiert worden. „Heute Morgen bin ich etwas später aufgestanden.“
    „Oh, haben Sie verschlafen, nachdem Sie die ganze Nacht wach geblieben sind? Spielen Sie immer Klavier, wenn Sie nicht schlafen können? Streiten Sie’s nicht ab, es wäre zwecklos. Ich hörte Sie musizieren ... eine ausgezeichnete Darbietung, allerdings zu einem ungewöhnlichen Zeitpunkt.“
    Als Kimberly an ihm vorbeiging, starrte sie ihn mit schmalen Augen an. Verwundert beobachtete er, wie sie die Halle durchquerte. „Ich fürchte, sie mag mich nicht.“
    Mit keinen anderen Worten hätte er Helena eher besänftigen können, und sie musste sogar ein Lächeln unterdrücken. „Sieht so aus.“
    „Würden Sie mir etwas auf dem Klavier Vorspielen?“
    „Nein, ich spiele für niemanden. Nur für mich selbst.“

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