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Die schoene Helena

Titel: Die schoene Helena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacqueline Navin
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einfach fantastisch“, stimmte Helena zu.
    „Dazu Bänder in Burgunderrot“, murmelte Betty mit gleichmütiger Miene. „Nicht zu viel Firlefanz! Damit würde man die ganze Wirkung verderben. Zu Ihrer Größe passt nur ein klassischer Stil.“ Sie sprach völlig ausdruckslos, was Helena nicht als Missbilligung auffasste. Vielmehr vermutete sie, die stoische Haltung gehöre zu Bettys Wesen. „Und bloß keine lächerlichen Hauben! Warum die in dieser Saison so große Mode sind, verstehe ich nicht. Vielleicht ein hübsche Kappe mit einer kleinen Feder. Wenn’s Ihnen recht ist, gebe ich der Hutmacherin Bescheid.“
    Etwas später erschien die Kurzwarenhändlerin, um der Schneiderin einen Gefallen zu erweisen, und Helena suchte in Mrs Stiles’ Salon ihre neue Unterwäsche aus. Dann mussten Accessoires bestellt werden - Schuhe und Handschuhe, Retiküls und Schals. Diesmal traf Helena eine bescheidene Wahl, weil sie sich wegen der hohen Kosten schuldig fühlte. Doch sie entsann sich, dass ihre Mutter, von einem französischen Couturier namens Monsieur Tangrimode beraten, viel größere Summen bezahlt hatte, um sich fashionabel zu kleiden. Nach Helenas Ansicht war der Geschmack des Mannes abscheulich - und sündteuer - gewesen, und sie hegte den Verdacht, er könnte sich fälschlicherweise für einen Franzosen ausgegeben haben.
    Als alle Bestellungen notiert waren, ging sie in den vorderen Raum, und Adam stand auf. Nun meldete sich ihr Gewissen, weil er so lange gewartet hatte - vor allem, nachdem er ihr erklärt hatte, er finde den Aufenthalt in einem Modesalon unerträglich. Aber er wirkte kein bisschen verärgert und schenkte ihr sogar ein warmherziges Lächeln. Unter seinem freundlichen Blick wuchs die Freude, die ihr Herz nach dem erfolgreichen Besuch bei Mrs Stiles erfüllte.
    „Konnten Sie sich halbwegs amüsieren?“, fragte er, während sie ihre alten Handschuhe anzog.
    „Oh ja ... Ich fürchte nur, Sie haben sich schrecklich gelangweilt.“
    „ Besonders aufregend war’s nicht - aber längst nicht so grauenhaft wie die Morgentoilette eines Dandies, die ich einmal beobachtete, weil einer meiner Freunde darauf bestanden hatte, mich ins Haus dieses Gentlemans zu schleppen. Ich schwöre Ihnen, dieses Martyrium hat stundenlang gedauert. Als er sein Krawattentuch schlang, mussten wir jede einzelne Phase dieser Aktion gebührend bewundern. Beinahe hätte ich sein juwelen-besetztes Rasiermesser gepackt und meine Pulsadern aufgeschnitten, um mich von diesen Höllenqualen zu erlösen.“ Lachend ließ Helena sich auf die Straße hinausführen, wo ihre Fröhlichkeit sofort verflog.
    Sie hatte fast vergessen, wo sie war. Unauffällig sah sie sich um, hielt nach sensationslüstern Gaffern Ausschau und folgte ihrem Begleiter mit steifen Beinen zum Hauptplatz. Ihre Finger krallten sich in seinen Arm, bis ihr bewusst wurde, was sie tat. Sofort lockerte sie ihren Griff. Wenn er auch vorgab, nichts zu bemerken - inzwischen hatte sie die Überzeugung gewonnen, dass Adam nur sehr wenig entging.
    „Dank der hervorragenden Verpflegung im Rathford Manor fühle ich mich wie eine gefüllte Weihnachtsgans“, gestand er. „Aber Sie sind sicher hungrig, Helena.“
    „Nein, ich bin viel zu nervös, um zu essen.“ An einer Straßenecke plauderten einige Frauen und versuchten das Paar zu ignorieren, was ihnen kläglich misslang. Ihre verstohlenen Blicke schienen sich wie Pfeile in Helenas Rücken zu bohren.
    „Unsinn“, erwiderte Adam, der wieder einmal nichts zu merken schien. „Wir nehmen den Lunch in der Teestube.“
    „Oh nein, ich würde keinen Bissen hinunterbringen ...“ „Streiten wir nicht in aller Öffentlichkeit, Helena. Sobald Sie etwas im Magen haben, werden Sie sich besser fühlen.“
    Da sie solche Diskussionen nicht einmal in ihren eigenen vier Wänden siegreich beenden konnte, wollte sie sich auf den Straßen vom Strathmere gar nicht erst darum bemühen. Die Lippen zusammengepresst, überquerte sie an Adams Seite den Dorfplatz, und sie betraten das Lokal durch eine schön geschnitzte, weiß gestrichene Tür.
    Warum er einen Fenstertisch wählte, erriet Helena mühelos. Falls die Leute sie anstarren wollten, sollten sie eine Gelegenheit dazu erhalten, und er würde ihr nicht erlauben, sich vor dieser unverhohlenen Neugier zu verstecken.
    Während sie belanglose Konversation machten, entspannte sie sich allmählich. Und zu ihrer Verblüffung ging es ihr beim Lunch tatsächlich besser. Adam hatte eine herzhafte

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