Die schoene Helena
Tischgespräch. Allmählich verflog Adams Abneigung gegen den Gast. Als Helena die drei Gentlemen nach dem Dinner ihrem Portwein überließ, debattierten sie lebhaft über Jagdhunde.
Seufzend ging sie nach oben. Da sie die einzige Frau an der Dinnertafel gewesen war, konnte sie sich zurückziehen. Außerdem wollte sie sich in ihrem Schlafzimmer auf Adams Ankunft vorbereiten.
Sobald sie den Raum betrat, entließ sie das Mädchen, das sie zur Zofe ausbildete, und setzte sich an den Toilettentisch. Kritisch betrachtete sie ihr Spiegelbild. Seit sie ihr Haar sorgsamer pflegte, glänzte es wieder so seidig wie früher. Und in ihren Augen strahlten all die Geheimnisse einer liebenden Frau ...
Verwirrt unterbrach sie ihre Gedanken. Liebte sie Adam? Ohne Zögern beantwortete sie diese Frage. Natürlich liebte sie ihn, und diese Erkenntnis rief ein heißes Glücksgefühl hervor.
Kein Wunder, dass ihr Blick leuchtete ... Lächelnd erinnerte sie sich, was Adam gesagt hatte - ihre Augen würden die Farbe wechseln, je nach ihrer Stimmung.
Am Nachmittag hatte sie die Ohrgehänge anprobiert. Jetzt nahm sie das Etui wieder aus dem Schrank und legte es auf den Toilettentisch. Vielleicht sollte sie den Schmuck an diesem Abend tragen. Vor dem Dinner hatte sie ihn nicht angelegt. Zu ihrem pfirsichrosa Kleid, das ihr besonders gut stand, hätten die blauen Steine nicht gepasst. Aber ihr Neglige in zartem Türkis würde einen perfekten Hintergrund für Adams Geschenk abgeben.
Sie schlüpfte in ein spitzenbesetztes Nachthemd, das Neglige und farblich passende Pantoffel. Dann zog sie die Nadeln aus ihrem Haar, ließ es auf die Schultern fallen und bürstete es, bis es golden schimmerte. Als sie das Etui öffnete, erschrak sie. Es war leer. Erfolglos spähte sie unter den Toilettentisch und durchsuchte den Schrank.
Waren die Ohrgehänge gestohlen worden? Das ergab keinen Sinn, denn ihre Schmuckschatulle enthielt viel kostbarere Juwelen. Was sollte sie tun, wenn Adam sein Geschenk an ihr bewundern wollte? Wenn sie gestand, sie hätte es verloren, würde er glauben, sie wüsste seine Aufmerksamkeit nicht zu schätzen. Das wäre unerträglich.
Die Tür schwang auf, und Adam trat ein.
Am nächsten Morgen erwachte er in Helenas Bett und tastete nach ihr. Aber sie war bereits aufgestanden. Er richtete sich auf und ließ seinen Blick durch das Schlafzimmer schweifen. Leer. Seufzend sank er ins Kissen zurück.
Er fühlte sich völlig erschöpft. Letzte Nacht hatte er seine Frau so leidenschaftlich geliebt wie in unzähligen Wunschträumen seit dem schmerzhaften Abschied. Erst jetzt merkte er, wie inbrünstig er sich danach gesehnt hatte, sie wieder in den Armen zu halten, die einzigartige Mischung aus innerer Kraft und Zerbrechlichkeit zu spüren, die seine Beschützerinstinkte weckte und ihn mit Stolz erfüllte. Die ganze Nacht hätte er sie lieben können. Aber er wollte sie nicht überfordern. Es überraschte ihn immer noch, dass sie seine gewagten Zärtlichkeiten nicht nur duldete, sondern sogar zu genießen schien.
Inzwischen war er hellwach, wurde von heißem Verlangen gepeinigt und überlegte, wo zum Teufel seine Liebste stecken mochte. Stöhnend malte er sich aus, wie wundervoll es wäre, ihr die Genüsse der Liebesfreuden im hellen Tageslicht zu zeigen.
Da sie nicht zurückkehrte, stieg er aus dem Bett und kleidete sich an. Ein paar Minuten später schlenderte er ins Speisezimmer. Wie er gehofft hatte, saß Helena am Frühstückstisch. Strahlend lächelte sie ihn an, und er entsann sich, wie erstaunt er am Vortag über ihr blühendes Aussehen gewesen war. Während der Trennung hatte sie offensichtlich ein wenig zugenommen. Der Glanz in ihren Augen erinnerte ihn an die Ohrgehänge. Von diesem einzigartigen Türkisblau war er zum Kauf des Geschenks inspiriert worden, das er noch immer nicht an seiner Gemahlin gesehen hatte. Wenn sie nächstes Mal allein waren, würde er sie bitten, ihm den Schmuck vorzuführen.
„Guten Morgen“, grüßte er und nahm am Tisch Platz.
„Guten Morgen ...“ Errötend wich Helena seinem Blick aus, und er wusste, warum. In der vergangenen Nacht hatten sie unglaubliche Intimitäten geteilt. Jetzt war sie verlegen. Am liebsten hätte er sie umarmt und getröstet.
Daran hinderte ihn die Anwesenheit seines Schwiegervaters. Um ein unverfängliches Gesprächsthema zu wählen, setzte er die Diskussion über die Jagd fort, die am letzten Abend die Gemüter erhitzt hatte. Bald wollte er zusammen mit Gerald
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