Die schoene Helena
Hunt und Rathford jagen und Kain mitnehmen, was die anderen Gentlemen zweifellos voller Hohn und Spott beobachten würden. Aber er glaubte, das kluge Tier würde trotz seiner zweifelhaften Abstammung einen ausgezeichneten Spürhund abgeben. Darauf wies er den alten Earl hin, der verächtlich die Stirn runzelte und behauptete, nur ein Rassehund würde eine brauchbare Nase besitzen. Natürlich ärgerte sich Adam über diese snobistische Haltung. Selbst von wenig respektabler Herkunft, fühlte er sich seinem vierbeinigen Freund eng verbunden.
„Reitest du heute aus, Adam?“, fragte Rathford.
„Ja, ich möchte die Ländereien besichtigen.“
„Dann nimm den elenden Köter mit und versuch, ihm etwas beizubringen.“
„Vater!“, rief Helena, entsetzt über diese rüden Worte. Adam zwinkerte ihr zu, um zu bekunden, es würde sich um einen freundschaftlichen Schlagabtausch handeln. „Wenn du Kain verunglimpfst, kränkst du deine Tochter, George. Inzwischen hat sie Kain und mich, zwei wertlose Geschöpfe, ins Herz geschlossen.“
Während er ihren Blick festhielt, schien die Zeit stillzustehen. Betörende Erinnerungen an die Liebesnacht erwachten. Schließlich griff Helena nach einer Terrine. „Räucherheringe?“, fragte sie mit unschuldiger Miene, und Adam hob die Brauen. Seltsam, wie unbefangen sie aussah, obwohl er genau wusste, woran sie dachte ...
Doch sie kannte den legendären Appetit ihres Mannes und seine Vorliebe für Räucherheringe. Er griff nach der Schüssel und legte ein paar Fischfilets auf seinen Teller. Danach servierte ein Lakai kalten Rinderbraten, und Adam häufte großzügige Portionen auf Toastscheiben. Im Rathford Manor war das Frühstück stets ein Festessen, ebenso wie der Lunch und das Dinner. Jede einzelne Mahlzeit genoss er in vollen Zügen.
Während er die Soße über den Fleischstücken verteilte, fiel ihm etwas auf. Misstrauisch stocherte er mit seiner Gabel in der Sahne. Tatsächlich - auf seinem Teller lag einer der Ohrringe, die er Helena am Vortag geschenkt hatte.
Adam spießte ihn auf eine Gabelzinke und hielt ihn hoch. „Helena?“
„Was gibt’s?“ Sie hob den Kopf, und als sie das Schmuckstück sah, rief sie erschrocken: „Unmöglich! Die Ohrringe sind in meiner Suite ...“
„Offenbar nicht. Es sei denn, es gibt nicht nur zwei, sondern drei.“ Adam wischte den Fund mit einer Serviette ab und übergab ihn seiner Frau. „Hast du diesen hier verloren?“
Verwirrt starrte sie die glitzernden Steine in ihrer Hand an. „Das verstehe ich nicht. Gestern legte ich beide ins Etui...“
Bis jetzt hatte er dem Zwischenfall keine große Bedeutung beigemessen und vermutet, der Schmuck müsste sich aus ihrem Ohrläppchen gelöst haben, als sie ihm die Rindfleischplatte gereicht hatte. Aber nun stellte er fest, dass sie den anderen nicht trug.
Konnte beide herabgefallen sein? Wohl kaum. Außerdem hatte sie erklärt, sie würden sich in ihrer Suite befinden. Und ihre Stimme klang irgendwie seltsam ...
„Juwelen im Frühstück?“ Lord Rathford kicherte. „Was ist bloß in Maddie gefahren?“
Adam zwang sich, in beiläufigem Ton zu erwidern: „Vielleicht sind ihr die Gewürze ausgegangen.“
„Unsinn“, murmelte der alte Mann und widmete sich wieder seinen Spiegeleiern.
Helena betrachtete immer noch den Ohrring in ihrer Hand. „Wie konnte er ins Essen geraten, Adam ? Und wo ist der andere ? “ Sie inspizierte die Räucherheringe und die Platte, auf der die Eier warm gehalten wurden. Plötzlich runzelte sie die Stirn. Mit spitzen Fingern zog sie den zweiten Ohrring aus einem Eigelb.
„Irgendjemand muss sich einen Scherz erlaubt haben“, meinte Adam, nahm ihr den Schmuck aus der Hand und musterte ihn mit schmalen Augen.
„Das finde ich gar nicht komisch.“
„Ich auch nicht. Aber manche Leute haben einen eigenartigen Humor ...“
„Nein, das war ein übler, grausamer Streich. Wer das getan hat, wollte uns nicht amüsieren.“
Nur um Helena oder ihren Mann zu ärgern, hatte sich jemand solche Mühe gegeben? Unglaublich ...
„Vergiss es“, seufzte Adam und gab ihr den Schmuck zurück. „Nun hast du beide Ohrringe. Wer immer sie entwendet hat -du darfst dir nicht anmerken lassen, dass du irritiert warst. Diese Genugtuung solltest du dem Schuldigen nicht gönnen.“ „Aber ich bin beunruhigt...“
Er wünschte, sie würde sich nicht so aufregen. Immerhin war es nur ein Scherz gewesen, wenn auch ein schlechter.
Plötzlich ertönte George Rathfords
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