Die schoene Helena
Stimme. „Ich glaube, ich
werde dich begleiten, mein Junge.“
„Wie, bitte?“ Adam wandte sich verständnislos zu ihm. „Auf deinem Morgenritt. Diese alten Knochen brauchen ein bisschen Übung. Sonst ziehe ich auf dem Jagdausflug mit Gerald und dir den Kürzeren.“
„Ach ja ...“ Den geplanten Ritt hatte Adam völlig vergessen, und er wollte Helena nicht allein lassen. Sie sah so unglücklich aus, und das stand in keinem Verhältnis zu dem geschmacklosen Scherz.
Rathford bemerkte die angespannte Atmosphäre nicht. Ungeduldig winkte er Adam mit seiner Gabel zu. „Iss endlich, dann brechen wir auf. Das heißt...“, fuhr er grinsend fort und zwinkerte Helena zu. „... falls du schon alle Juwelen meiner Tochter aus dem Frühstück gefischt hast. Ein sonderbares Spielchen, mein Kind ... Dabei könnte man sich leicht einen Zahn abbrechen, wenn man nicht ganz genau auf seinen Teller schaut.“ Helena erbleichte, während ihr Vater laut auflachte. Mit bestem Appetit verspeiste er sein restliches Frühstück. Adam empfand tiefes Mitgefühl mit seiner Frau, bezweifelte aber, dass Rathford die Wirkung seiner Worte bemerkte.
Was Helena so empfindlich störte, verstand Adam selber nicht.
24. Kapitel
Ich weiß, was Sie getan haben!“ Sobald Kimberly die Schlafzimmertür hinter sich geschlossen hatte, wurde sie von einer empörten Helena zur Rede gestellt. „Wie können Sie es wagen, sich an meinen Sachen zu vergreifen?“ „Keine Ahnung, was Sie meinen ...“ Herausfordernd starrte die Irin ihre Herrin an. Unter dem Spitzenhäubchen hing das widerspenstige rote Haar herab.
„Ich will nicht mit Ihnen streiten, Kimberly. Und ich muss
mich auch gar nicht von Ihrer Schuld überzeugen, weil ich Bescheid weiß. Das war wirklich ein alberner Streich, meine neuen Ohrringe zu entwenden. Mischen Sie sich nie wieder in meine Privatsphäre ein!“ Helena staunte über sich selbst. Nachdem sie das respektlose Verhalten ihrer Dienerin jahrelang erduldet hatte, bedurfte es nur eines Paars Ohrringe, um ihren Widerstand hervorzurufen. Aber der Schmuck war ein Präsent. Von Adam.
Mit dieser liebenswerten Geste hatte er ihr noch mehr geschenkt. Aufmerksamkeit. Beachtung. Seltsam, wie viel ihr das bedeutete ... An Aufmerksamkeit hatte es ihr nie gefehlt. Davon war sie fast erdrückt worden. Ständig hatte die Mutter sie gemaßregelt und ihr Anweisungen gegeben. Hoffnungsvolle und letztlich enttäuschte Anbeter hatten sie umschmeichelt, neidische Rivalinnen und deren Mütter ihre Feindseligkeit nicht verhehlt. Aber dieses kleine Geschenk, das ihre Augenfarbe betonte, erschien ihr viel wichtiger als das Interesse, das man ihrer Person früher entgegengebracht hatte.
Kimberlys Augen funkelten. „Von diesen Ohrgehängen weiß ich nichts.“
„Oh, Sie wissen immer, was in Rathford Manor vorgeht. Informationen sind Ihre Waffen. Damit haben Sie mich in all den Jahren kontrolliert.“
„Informationen sind wertvoll, nicht wahr? Überlegen Sie doch, was würde Ihr Mann mit gewissen Informationen anfangen?“
„Was für eine böse alte Hexe Sie sind!“, fauchte Helena, ehe sie sich beherrschen konnte. Von der Erinnerung an ihr Vergehen gequält, spürte sie, wie ihr Mut sank. Doch sie würde nicht klein beigeben. „In Zukunft dürfen Sie mein Schlafzimmer nicht mehr betreten. Falls Sie meinen Befehl missachten oder auch nur einen diesbezüglichen Verdacht erregen, werde ich Sie entlassen.“
Kimberlys arrogante Miene bekundete ihre Überzeugung, so etwas würde Helena niemals riskieren.
Ob sie dazu fähig wäre, wusste Helena selbst nicht. Sie wollte an ihre eigene innere Kraft glauben, aber sie schöpfte ihre neu gewonnene Courage aus der Liebe zu Adam, die ihr ganzes Herz erfüllte.
Wenn er erfuhr, was in ihrer dunklen Vergangenheit geschehen war, würde er ihr dann immer noch hübsche Juwelen verehren und romantische Komplimente ins Ohr flüstern, sie zärtlich umarmen und jene wundervolle Leidenschaft in ihrem Körper wecken?
Spöttisch verzog Kimberly die Lippen und schien die Zweifel ihrer Herrin zu erraten. Sie griff nach den Ohrringen, die auf dem Toilettentisch lagen, und seufzte verächtlich. „Also schenkt er Ihnen minderwertigen Tand, den er mit Ihrem Geld kauft...“
Wütend riss Helena ihr den Schmuck aus der Hand, und die alte Dienerin lachte misstönend.
„Ihr Vermögen liebt er, nicht Sie! Und er ist nur freundlich, um die goldene Gans bei Laune zu halten.“
„Verlassen Sie sofort mein Zimmer!“,
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