Die schoene Helena
Im Delirium murmelte sie unsinnige Worte vor sich hin. Verzweifelt saß er bei ihr, hielt ihre Hand, wischte ihr die Stirn ab. Manchmal legte er sich zu ihr und nahm sie in die Arme, um sie zu wärmen.
Wenn er ihren bebenden Körper spürte, wuchs seine Angst. Würde sie an einer Lungenentzündung sterben? Beunruhigt lauschte er auf ihre Atemzüge.
Am nächsten Morgen kam Mrs Kent, um Lady Helena zu betreuen, und Adam verließ das Zimmer, um sich frisch zu machen. Aus einem Impuls heraus eilte er in die Halle hinab und sprach mit Jack, der ihm versicherte, der Brand sei gelöscht und das Ausmaß des Schadens bereits festgestellt worden. Der hintere Teil des Gebäudes war zerstört, und Lord Rathford wollte den Wiederaufbau in Auftrag geben.
Um Kepper machte sich Adam viel größere Sorgen. Doch der Lakai erzählte ihm, der Reitknecht habe zwar eine schwere Kopfverletzung erlitten und die Frau eines Pächters würde ihn pflegen, aber inzwischen befinde er sich bereits auf dem Weg der Besserung. Adam war froh, dass man den armen Mann nicht dem barbarischen Dorfarzt anvertraut hatte.
Nachdem er von Jack erfahren hatte, am vergangenen Abend sei die Hundefamilie gefunden und vorübergehend im Keller einquartiert worden, ging er sofort nach unten.
Im Keller traf er eine Dienerin an, die den Hunden einige Futternäpfe hinstellte.
„Hoffentlich ist’s Ihnen recht, dass wir die armen Tiere hier beherbergen, Sir. Wir wussten nicht, wo wir sie sonst unterbringen sollten. Und es wäre grausam, die Welpen in den Schnee hinauszujagen.“
„Natürlich.“ Adam streichelte Kain, der ihn mit freudigem Gebell begrüßte. Sichtlich zufrieden lag die Hündin mit ihren Jungen auf einem Bett aus trockenem Stroh. „Vielen Dank, Sie haben gut für die Hunde gesorgt.“ Adam untersuchte die Hündin und die Welpen, die unverletzt waren. Nur Kain war mit Ruß beschmiert. „Vielleicht könnte ein Lakai ihn waschen. Der arme Kerl stinkt ganz furchtbar.“
Inzwischen war fast eine Stunde verstrichen. Da er glaubte, Helena würde schlafen, beschloss Adam, nach Kepper zu sehen.
Der Mann lag in einem Cottage auf einem schmalen Bett. „Mr Mannion! Sir!“, rief er verblüfft.
Lächelnd rückte Adam einen Stuhl heran. „Freut mich, dass Ihnen nichts Schlimmeres passiert ist, alter Junge.“
„Abgesehen von den mörderischen Kopfschmerzen geht’s mir ganz gut.“
„Sind Sie gestürzt?“
„Das weiß ich nicht genau, Sir. Ich glaube, ich habe was gehört und mich umgedreht. Vielleicht fiel mir irgendwas auf den Kopf... oder ich stieß gegen einen dieser niedrigen Deckenbalken. Wäre nicht das erste Mal gewesen.“
Nachdenklich strich Adam sich übers Kinn. „Also haben Sie etwas gehört?“
„Nur die üblichen Stallgeräusche. Aber die Pferde waren ziemlich aufgeregt.“
„Könnte sie irgendwas erschreckt haben?“
„Möglich ...“ Keppers Augen verengten sich. „Worauf wollen Sie hinaus, Sir?“
„Während des Feuers fand ich Ihre Herrin der Nähe des Stalls.“ Adam holte tief Atem. „Haben Sie Lady Helena gesehen, bevor Sie in Ohnmacht gefallen sind?“
„Nein, Sir. Geht’s ihr gut?“
„Hoffentlich ... Wenn Sie sich an irgendetwas erinnern, geben Sie mir bitte sofort Bescheid.“
„Gewiss, Sir.“
„Und jetzt ruhen Sie sich aus, Kepper, wir brauchen Sie.“ „Kann ich mir denken“, erwiderte der Reitknecht grinsend. „Bald bin ich wieder auf den Beinen.“
„Im Stall gibt’s eine ganze Menge zu tun. Also bilden Sie sich bloß nicht ein, Sie dürften auf der faulen Haut liegen, nur wegen dieser kleinen Wunde“, mahnte Adam lachend und drückte Keppers Hand.
In der Halle von Rathford Manor wurde er von seinem Schwiegervater und Mrs Kent erwartet, die ihn mit einer erfreulichen Neuigkeit begrüßte. Helenas Fieber war gesunken, und sie hatte sogar einen Teller Suppe gegessen. Seufzend schaute der alte Mann nach oben, als wollte er ein stummes Dankgebet zum Himmel schicken.
Adam eilte sofort in Helenas Zimmer. Jetzt schlief sie wieder, aber sie wirkte friedlich. Gleichmäßige Atemzüge hoben und senkten ihre Brust. In ihre Wangen war etwas Farbe zurückgekehrt. Bedrückt verfluchte er sein Pech. Warum hatte er nicht an ihrer Seite gesessen, während sie wach gewesen war?
Den ganzen Tag blieb er bei ihr und dachte nach. Wieder und wieder stellte er sich die Frage, warum das kleine Reisigbündel in der Tasche ihres Morgenmantels gesteckt hatte?
26. Kapitel
In dieser Nacht hob Helena den Kopf vom
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