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Die schöne Kunst des Mordens

Titel: Die schöne Kunst des Mordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
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eigentlich das, wonach ich suchte. Der Barkeeper verriet mir in perfektem Englisch, dass sich im Keller eine Snackbar befand, die Treppe auf der anderen Seite der Lobby hinunter, und ich bedankte mich, ebenfalls in perfektem Englisch, und machte mich auf den Weg.
    Die Einrichtung der Snackbar war ein Tribut an das Kino, und ich erlebte einen unangenehmen Augenblick, bis ich entdeckte, dass die Karte mehr bot als Popcorn. Ich bestellte ein kubanisches Sandwich, was sonst, und ein Ironbeer und setzte mich, während ich, nur leicht verbittert, über Beleuchtung, Kamera und Schnitt nachsann. Weiss befand sich irgendwo in der Nähe, oder würde es zumindest bald sein, und er hatte versprochen, aus Dexter einen Star zu machen. Ich wollte kein Star sein. Wesentlich lieber vergnügte ich mich in den düsteren Schatten, um in dem von mir gewählten Gebiet einen makellosen Leistungsrekord aufzustellen. Das wäre sehr bald vollkommen ausgeschlossen, so es mir nicht gelang, Weiss aufzuhalten, und da ich nicht die geringste Ahnung hatte, wie ich das anstellen sollte, war diese Aussicht außerordentlich beunruhigend. Aber das Sandwich war gut.
    Nachdem ich meine Mahlzeit beendet hatte, ging ich wieder nach oben und, einer Laune folgend, über die große Marmortreppe nach draußen, wo vor der Front des Hotels eine Reihe Taxis Wache hielt. Ich spazierte ziellos den Bürgersteig entlang, vorbei an antiken Chevys und Buicks und sogar einem Hudson – die Marke musste ich vom Kühler ablesen. Verschiedene, sehr zufrieden wirkende Menschen lehnten an den Autos, und sie alle waren ganz wild darauf, mich herumzufahren, doch ich lächelte mir meinen Weg hindurch und lief weiter zum entfernten Eingangstor. Davor parkten in einem unordentlichen Haufen eine Art Golfwagen mit leuchtendbunten Plastikdächern. Ihre Fahrer waren jünger und nicht ganz so vornehm wie die um den Hudson gescharten, aber ebenso eifrig darauf bedacht, mich vom Gebrauch meiner Beine abzuhalten. Auch hier gelang mir die Flucht.
    Am Tor blieb ich stehen und sah mich um. Vor mir lag eine gewundene Straße, die an einer Bar oder einem Nachtklub vorbeiführte. Zu meiner Rechten verlief eine Straße hügelabwärts zum Boulevard entlang der Ufermauer, und links konnte ich, ebenfalls hügelabwärts, eine Art Kino an der Ecke und eine Reihe von Läden ausmachen. Während ich versuchte, mich für eine Richtung zu entscheiden, hielt neben mir ein Taxi, dessen Beifahrerfenster nach unten glitt, und aus dem Inneren erklang Chutskys drängende Stimme. »Steig ein«, befahl er. »Los, ins Taxi, Kumpel. Beeil dich.« Ich hatte keine Ahnung, warum das so wichtig war, stieg jedoch ein, und das Taxi fuhr uns zum Hotel, bog vor dem Eingang rechts ab und hielt auf einem Parkplatz, der an einen der Gebäudeflügel anschloss.
    »Du kannst nicht einfach draußen rumspazieren«, schimpfte Chutsky. »Wenn der Typ dich sieht, ist das Spiel gelaufen.«
    »Oh.« Ich kam mir ein wenig dumm vor. Er hatte natürlich recht; doch für Dexter war Verfolgung bei Tageslicht so ungewohnt, dass ich nicht daran gedacht hatte.
    »Komm mit«, sagte er und stieg aus, eine neue Aktentasche in der Hand. Er bezahlte den Fahrer, und ich folgte ihm durch einen Nebeneingang, an ein paar Geschäften vorbei direkt zu den Fahrstühlen. Ohne weiteres Wort begaben wir uns in unser Zimmer. Dort warf Chutsky die Aktentasche aufs Bett, sich selbst in einen Stuhl und sagte: »Okay, wir müssen einige Zeit totschlagen, und wir bleiben am besten hier im Zimmer.« Er sah mich an, wie man vielleicht ein sehr begriffsstutziges Kind ansieht, und fügte hinzu: »Damit der Kerl nicht rausfindet, dass wir hier sind.« Er musterte mich einen Moment, ob ich ihn verstanden hatte, und nachdem dem offensichtlich so war, zog er ein verknittertes Heft und einen Bleistift hervor, schlug es auf und begann mit einem Sudoku.
    »Was ist in deiner Aktentasche?«, fragte ich, da ich ein wenig verärgert war.
    Chutsky lächelte, zog die Tasche mit seinem Stahlhaken zu sich heran und klappte sie auf. Sie war voller billiger Souvenir-Schlaginstrumente, von denen die meisten den Stempel » CUBA « trugen.
    »Warum?«, fragte ich.
    Er lächelte nur. »Du weißt nie, was kommt«, erwiderte er und wandte sich wieder seinem zweifellos faszinierenden Sudoku zu. Mir selbst überlassen zog ich den anderen Stuhl vor den Fernseher, schaltete ihn ein und schaute kubanische Serien.
    So saßen wir bis zum Anbruch der Dämmerung relativ friedlich beieinander. Dann

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