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Die schöne Kunst des Mordens

Titel: Die schöne Kunst des Mordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
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deshalb unterließ ich es, dies Deborah gegenüber zu erwähnen, die ohnehin schon in zielloser Rage umherlief, und ich wollte vermeiden, dass diese sich auf mich richtete.
    Erst um eins wurde mir die einzige echte Pause des Tages zuteil, als Angel-keine-Verwandtschaft mir anbot, mich zurück zu meinem Kabuff zu fahren und auf dem Weg in der Calle Ocho an seinem kubanischen Lieblingsrestaurant Habanita Station zu machen. Ich genoss ein sehr gutes kubanisches Steak mit sämtlichen Beilagen und zwei
cafecita
zu meinem Flan und fühlte mich wesentlich besser, als ich das Gebäude betrat, meinen Ausweis vorzeigte und den Aufzug bestieg.
    Kaum hatten sich die Aufzugtüren geschlossen, da spürte ich ein leichtes Flattern der Unsicherheit beim Dunklen Passagier, und ich lauschte angestrengt, während ich mich fragte, ob es sich um eine Reaktion auf das ausgelassene Gemetzel dieses Vormittags oder auf zu viele Zwiebeln zu meinem Steak handelte. Doch ich spürte nichts, abgesehen von einer gewissen Anspannung der schwarzen, unsichtbaren Schwingen, oft ein Anzeichen, dass die Dinge nicht so sind, wie sie sein sollten. Wie das zu einem Aufzug passte, wusste ich nicht, und ich erwog den Gedanken, dass die jüngste Auszeit des Passagiers angesichts von Moloch ihn in einem Zustand leichter Verwirrung und Beunruhigung zurückgelassen hatte. Es ging selbstverständlich nicht an, sich mit einem weniger als effektiven Passagier zufriedenzugeben, und ich grübelte noch darüber nach, als sich die Aufzugtüren öffneten und alle Fragen beantwortet wurden.
    Als hätte er gewusst, dass wir an Bord waren, fiel Sergeant Doakes’ zorniger Blick exakt auf die Stelle, an der wir standen, und der Schock war beträchtlich. Er hatte mich noch nie gemocht; er hatte stets den ungebührlichen Verdacht gehegt, dass ich eine Art Ungeheuer sei, was natürlich stimmte, und er war entschlossen, dies zu beweisen. Doch ein Amateurchirurg hatte Doakes gefangen genommen und ihm Hände, Füße und Zunge entfernt, und obgleich ich bei dem Versuch, ihn zu retten, beträchtliche Unannehmlichkeiten auf mich genommen und tatsächlich den größten Teil von ihm gerettet hatte, hatte er entschieden, dass seine neue, abgespeckte Version meine Schuld sei, und mochte mich sogar noch weniger.
    Selbst die Tatsache, dass er ohne Zunge nicht in der Lage war, etwas annähernd Verständliches zu sagen, änderte nichts; er sagte es trotzdem, und wir übrigen waren gezwungen, etwas zu ertragen, was wie eine befremdliche neue Sprache aus lauter G und N klang, hervorgestoßen in einem drängenden, bedrohlichen Tonfall, der einen dazu brachte, sich nach dem Notausgang umzusehen, während man sich noch anstrengte, ihn zu verstehen.
    Und so wappnete ich mich für eine Runde zorniges Kauderwelsch, während er dort stand und mich mit einem Ausdruck musterte, der gewöhnlich Großmutterschändern vorbehalten bleibt. Ich begann mich zu fragen, ob ich mich einfach an ihm vorbeischieben konnte, und sonst passierte nichts, bis die Aufzugtüren begannen, sich automatisch zu schließen. Doch ehe ich nach unten entfliehen konnte, schoss Doakes’ rechte Hand vor – eigentlich eine schimmernde Stahlklaue – und hielt die Türen auf.
    »Danke«, sagte ich und trat einen zögerlichen Schritt vor. Doch er rührte sich weder, noch zwinkerte er, und mir war nicht klar, wie ich an ihm vorbeikommen sollte, ohne ihn niederzuschlagen.
    Doakes heftete seinen starren, verächtlichen Blick weiter auf mich, während er ein kleines, silbernes Ding von der Größe eines Buchs zum Vorschein brachte. Er klappte es auf und enthüllte, dass es sich um eine Art Organizer handelte. Ohne den Blick abzuwenden, hackte er mit seiner Klaue darauf herum.
    »Legen Sie es auf meinen Schreibtisch«, tönte eine unpersönliche Männerstimme aus dem Organizer, und Doakes knurrte ein wenig lauter und stach erneut zu. »Schwarz mit zwei Stück Zucker«, bat die Stimme, und wieder stocherte er. »Schönen Tag noch«, wünschte der tatsächlich sehr angenehme Bariton, der aus einem zufriedenen, untersetzten weißen Amerikaner hätte dringen müssen statt aus diesem grollenden, finsteren Cyborg, der so auf Rache versessen war.
    Letzten Endes musste er den Blick abwenden und auf die Tastatur des Dings richten, das er in seiner Klaue hielt. Nachdem er eine Zeit lang auf eine Ansammlung eindeutig im Voraus programmierter Sätze gestarrt hatte, fand er die richtige Taste.
    »Ich behalte dich im Auge«, sagte der muntere

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