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Die schöne Kunst des Mordens

Titel: Die schöne Kunst des Mordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
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es sei denn, man hat Geburtstag – und selbst das ist keine Garantie.
    Doch tapfer schob ich mich in die Küche, wo ich Rita entdeckte, die sich, angetan mit einer Schürze, am Herd zu schaffen machte. Eine blonde Strähne fiel ihr unbemerkt in die Stirn.
    »Stecke ich in Schwierigkeiten?«, fragte ich.
    »Was? Nein, natürlich nicht. Warum solltest du – oh, verdammt!« Sie steckte den Finger in den Mund und rührte wild in einem der Töpfe herum.
    »Cody und Astor behaupten, du würdest mich fortschicken«, erklärte ich.
    Rita ließ den Rührlöffel fallen und sah mich erschrocken an. »Fort? Das ist doch lächerlich, ich … Warum sollte ich …«
    Sie beugte sich vor, hob den Löffel auf und stürzte dann wieder an den Tiegel, um weiterzurühren.
    »Du hast also nicht den Kackwagen gerufen?«
    »Dexter«, antwortete sie in leicht angestrengtem Ton. »Ich versuche, dir etwas Besonderes zu kochen, und ich gebe mir sehr viel Mühe, es nicht zu verderben. Kann das bitte bis nachher warten?« Sie sprang zum Tresen, schnappte sich einen Messbecher und hastete zurück zum Kochtopf.
    »Was machst du denn?«, fragte ich.
    »Das Essen in Paris hat dir so gut geschmeckt«, erwiderte sie, während sie mit gerunzelter Stirn in dem herumrührte, was auch immer sich im Messbecher befand.
    »Essen schmeckt mir fast immer.«
    »Deshalb wollte ich dir ein leckeres französisches Mahl kochen«, sagte sie.
»Coq au vin.«
Sie sprach es mit ihrem besten schlechten französischen Akzent aus, Kaka weng, und mir ging ein Licht auf.
    »Kaka weng?«, wiederholte ich und sah Astor an.
    Sie nickte. »Kackwagen.«
    »Verdammt!«, fluchte Rita wieder, während sie vergeblich versuchte, sich den verbrühten Ellbogen in den Mund zu stopfen.
    »Kommt, Kinder«, sagte ich mit meiner besten Mary-Poppins-Stimme, »ich erkläre es euch draußen.« Ich führte sie durch das Haus, den Flur hinunter in den Garten. Wir setzten uns auf die Stufen, und die beiden sahen mich erwartungsvoll an.
    »In Ordnung«, sagte ich. »Kackwagen ist nur ein Missverständnis.«
    Astor schüttelte den Kopf. Da sie absolut alles wusste, war ein Missverständnis ausgeschlossen. »Anthony sagt,
kaka
wäre das spanische Wort für Kacke. Und was ein Wagen ist, weiß doch jeder.«
    »Aber
coq au vin
ist französisch«, erklärte ich. »Es ist etwas, das eure Mutter und ich in Frankreich kennengelernt haben.«
    Astor schüttelte den Kopf, doch in ihrer Miene malten sich leise Zweifel. »Niemand spricht Französisch«, beharrte sie.
    »In Frankreich sprechen es durchaus ein paar Leute«, sagte ich. »Und selbst hier glauben einige Menschen wie deine Mutter, sie würden es sprechen.«
    »Aber was ist es denn?«, fragte sie.
    »Huhn«, erwiderte ich.
    Sie sahen einander an und dann wieder mich. Seltsamerweise war es Cody, der das Schweigen brach. »Kriegen wir trotzdem Pizza?«, fragte er.
    »Das scheint mir ziemlich wahrscheinlich«, versicherte ich. »Was haltet ihr davon, Mannschaften für Dosentreten aufzustellen?«
    Cody flüsterte Astor etwas zu, und sie nickte. »Kannst du uns nicht was beibringen? Du weißt schon, den anderen Kram?«, fragte sie.
    Der »andere Kram«, den sie meinte, waren selbstverständlich die dunklen Überlieferungen, die Dexter an seine Adepten weitergab. Ich hatte vor kurzem entdeckt, dass die beiden sich aufgrund des traumatischen Lebens mit ihrem biologischen Vater, der sie regelmäßig mit Möbeln und kleineren Gerätschaften traktiert hatte, in etwas verwandelt hatten, das man nur als
meine Kinder
bezeichnen konnte. Dexters Nachkommen. Sie trugen dieselben niemals verblassenden Narben wie ich, auf ewig ausgeschlossen aus der kuschligen Welpenrealität, verbannt in das sonnenlose Land verruchter Vergnügungen. Und sie waren allzu versessen darauf, endlich mit diesen bösen Spielen zu beginnen, und der einzig sichere Weg für sie führte über mich auf den Harry-Pfad.
    Ehrlich gesagt wäre es mir ein wahres Vergnügen gewesen, an diesem Abend eine kleine Stunde zu geben, als winzigen Schritt zurück in die Wiederaufnahme meines normalen Lebens, wenn ich denn diese beiden Wörter in Bezug auf mich in einem Atemzug nennen darf. Die Flitterwochen hatten meine Imitation höflichen Verhaltens bis jenseits ihrer früheren Grenzen strapaziert, und ich war überaus bereit, wieder in die Schatten zu gleiten und meine Reißzähne zu polieren. Warum nicht die Kinder mitnehmen?
    »In Ordnung«, sagte ich. »Ruft ein paar Kinder zum Dosentreten, und ich

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