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Die schöne Kunst des Mordens

Titel: Die schöne Kunst des Mordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
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einer Überblendung zum ersten Werbeblock, schwoll Weiss’ Gesicht an, bis es den gesamten Bildschirm füllte, und er sagte: »Ich habe Alex geliebt, und du hast ihn mir genommen, als wir gerade erst begonnen hatten. Irgendwie komisch, denn er war derjenige, der darauf bestanden hat, dass wir niemanden töten. Meiner Meinung nach wäre es … wahrhaftiger gewesen.« Er verzog das Gesicht und fragte: »Gibt es das Wort?« Dann lachte er bitter auf und fuhr fort. »Alex kam auf die Idee, Leichen aus der Leichenhalle zu stehlen, damit wir niemanden töten mussten. Und als du ihn mir genommen hast, hast du mir das Einzige genommen, das mich vom Töten abhielt.«
    Er starrte einen Moment lang in die Kamera. Dann, sehr leise, sagte er: »Danke. Du hast recht. Es macht Spaß. Ich werde damit weitermachen.« Er lächelte irgendwie verzerrt, als fände er etwas komisch, wolle jedoch nicht lachen. »Weißt du, irgendwie bewundere ich dich.«
    Der Bildschirm wurde schwarz.
    Als ich noch wesentlich jünger war, empfand ich meinen Mangel an Gefühlen als Betrug. Ich erkannte die gewaltige Barriere zwischen mir und der Menschheit, eine Mauer aus Gefühlen, die ich niemals empfinden würde, und ich verabscheute sie zutiefst. Doch eines dieser Gefühle war Schuld – tatsächlich eines der am weitesten verbreiteten und mächtigsten –, und als mir bewusst wurde, dass Weiss mir anvertraute, ich hätte ihn zum Mörder gemacht, erkannte ich gleichzeitig, dass ich mich deswegen ein wenig schuldig fühlen sollte, und war äußerst dankbar, dass ich es nicht tat.
    Statt Schuld verspürte ich Erleichterung. Kühle Wellen, die in mir wogten und die Spannung brachen, die sich stärker und stärker in mir aufgebaut hatte. Ich war wirklich und wahrhaftig erleichtert – weil ich endlich wusste, was er wollte. Er wollte mich. Er hatte es nicht ausgesprochen, aber es war da: Das nächste Mal trifft es dich und die Deinen. Der Erleichterung folgte eisiges Verlangen, das langsame Dehnen und Spreizen dunkler innerer Klauen, als der Dunkle Passgier die Herausforderung in Weiss’ Stimme registrierte und darauf reagierte.
    Auch das war eine große Erleichterung. Bis jetzt hatte der Passagier geschwiegen, keinen Kommentar für geborgte Leichen übrig gehabt, selbst wenn sie in Gartenmöbel oder Geschenkkörbe umfunktioniert worden waren. Doch jetzt wurden wir bedroht, ein anderes Raubtier schnüffelte an unserer Spur und beanspruchte ein Gebiet, das wir bereits markiert hatten. Und das war eine Kampfansage, der wir begegnen mussten, und zwar unverzüglich. Weiss hatte sein Kommen angekündigt – und endlich erwachte der Passagier aus seinem Nickerchen und polierte seine Zähne. Wir würden bereit sein.
    Doch bereit wozu? Ich glaubte keinen Moment, dass Weiss fortlaufen würde, das stand völlig außer Frage. Was also würde er tun?
    Der Passagier zischte eine Antwort, die offensichtliche, und ich spürte, dass sie richtig war, denn es war das, was
wir
tun würden. Außerdem hatte Weiss es praktisch selbst gesagt: »Ich habe Alex geliebt, und du hast ihn mir genommen …« Er würde sich jemanden vornehmen, der mir nahestand. Und indem er das Foto auf Deutschs Leiche hinterließ, hatte er mir sogar verraten, wen. Cody und Astor, denn so würde er mich auf dieselbe Weise treffen wie ich ihn – zudem würde es mich zu ihm führen, und zwar zu seinen Bedingungen.
    Aber wie würde er vorgehen? Das war die große Frage – und die Antwort schien mir ziemlich offensichtlich. Bis jetzt war Weiss sehr direkt gewesen – ein Haus in die Luft zu sprengen ist nicht sonderlich subtil. Ich musste davon ausgehen, dass er unverzüglich reagierte, sobald seine Chancen gut standen. Und da ich wusste, dass er mich beobachtete, nahm ich an, dass er meine tägliche Routine kannte – und die der Kinder. Am verwundbarsten waren sie, wenn Rita sie von der Schule abholte, aus der geschützten Umgebung ins leichtfertige Miami. Ich würde weit weg im Büro sein, und er konnte mit Sicherheit eine relativ zarte und unvorbereitete Frau überwältigen, um sich mindestens eins der Kinder zu schnappen.
    Demnach musste ich in Stellung gehen, ehe Weiss auftauchte, und auf sein Eintreffen warten. Es war ein simpler Plan und nicht ohne Risiken – ich konnte mich auch irren. Doch der Passagier zischte seine Zustimmung, und er irrt sich selten, deshalb beschloss ich, früher aus dem Büro zu verschwinden, direkt nach dem Mittagessen, und an der Schule Stellung zu beziehen,

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