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Die schöne Kunst des Mordens

Titel: Die schöne Kunst des Mordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
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konnte. Ich hatte die meisten Hinweise verfolgt und nun das Gefühl, in eine Sackgasse geraten zu sein. Weiss war mir einen Schritt voraus, und ich musste mir eingestehen, dass er mittlerweile überall sein konnte; ob in einem Versteck irgendwo in der Nähe oder sogar zurück in Kanada, war unmöglich festzustellen. Und obgleich ich angenommen hatte, dass mein Verstand wieder tadellos funktionierte, bot er mir keinen Lösungsvorschlag an.
    Und dann, in weiter Ferne, auf einem eisbedeckten Gipfel am Horizont von Dexters Verstand, stieg eine Signalflagge am Mast empor und flatterte im Wind. Ich starrte hinüber und versuchte, das Signal zu entziffern, und endlich begriff ich. »Fünf!«, sagte ich. Ich zwinkerte in der gleißenden Helle und las noch einmal. »Fünf.«
    Eine reizende Zahl, die Fünf. Ich versuchte, mich zu erinnern, ob sie zu den Primzahlen gehörte, und stellte fest, dass ich nicht mehr wusste, was Primzahlen eigentlich waren. Nichtsdestotrotz war sie mir äußerst willkommen, denn ich erinnerte mich, warum sie wichtig war, Primzahl hin oder her.
    Auf Weiss’ YouTube-Seite standen fünf Videos. Eins für jeden der Fundorte, an denen Weiss seine remodellierten Leichen hinterlegt hatte, und eins von Dexter beim Spielen … und ein weiteres, das ich bisher nicht gesehen hatte, da Vince hereingeplatzt war und mich zur Arbeit gerufen hatte. Es konnte sich nicht um ein weiteres Werbevideo des » NEUEN MIAMI « mit Deutschs Leiche in der Hauptrolle handeln, denn das hatte Weiss noch gedreht, als ich am Fundort eingetroffen war. Demnach zeigte es etwas anderes. Und obwohl ich nicht glaubte, dass es mir verraten würde, wie ich Weiss schnappen konnte, würde es mir doch etwas erzählen, was ich noch nicht wusste.
    Ich packte meine Maus und hastete zu YouTube, dann klickte ich mich durch die » DAS-NEUE-MIAMI «-Seite. Sie war unverändert, nach wie vor leuchtete der orangefarbene Hintergrund hinter den flammenden Zeichen. Und rechts fanden sich die fünf Videos, die Vorschaubilder ordentlich in einer Reihe, genau, wie ich es in Erinnerung hatte.
    Von Nummer fünf, dem letzten unten, existierte kein Vorschaubild, man sah nur verschwommene Düsternis. Ich bewegte den Cursor darauf und klickte. Einen Moment lang passierte gar nichts; dann pulsierte ein breiter, weißer Balken von links nach rechts über den Bildschirm, begleitet von schmetternden Trompeten, die mir seltsam bekannt vorkamen. Auf dem Monitor erschien ein Gesicht – Doncevic, lächelnd, mit aufgeplusterten Haaren, und eine Stimme begann zu singen: »Wir erzählen euch Geschichten …« Plötzlich wurde mir klar, warum mir das bekannt vorkam.
    Es war der Vorspann von
Drei Jungen und drei Mädchen.
    Die grauenvoll fröhliche Musik sprang mich an, und ich starrte, während die Stimme weiterdröhnte: »Doch dann traf sie Mr. Brady, seine Jungs waren leider auch allein.« Die ersten drei dekorierten Leichen tauchten links von Doncevic’ strahlendem Gesicht auf. Er drehte den Kopf und lächelte ihnen zu, während das Lied weitertönte. Dank der auf ihre Gesichter geklebten Masken erwiderten sie sein Lächeln sogar.
    Der weiße Balken glitt erneut über den Bildschirm, und die Stimme fuhr fort: »Wir erzählen euch Geschichten über Brandon, und er hatte jede Menge freie Zeit.« In der Mitte erschien ein Männergesicht – Weiss? Er war ungefähr dreißig, im selben Alter wie Doncevic, doch er lächelte nicht, als das Lied weiterdröhnte. »Sie waren zwei Männer und lebten zusammen, doch plötzlich war Brandon allein.« Rechts auf dem Bildschirm klappten drei Rahmen auf, und jeder zeigte einen verschwommenen dunklen Clip, ebenso vertraut wie das Lied, jedoch leicht verändert: drei kurze Szenen von Dexter im Spiel.
    Die erste zeigte Doncevic’ Leiche in der Badewanne. Die zweite Dexter mit hoch erhobener Säge und die dritte die Säge, die auf Doncevic herabfuhr. Alle drei waren kurze Zwei-Sekunden-Schleifen, die sich stetig wiederholten, solange die Musik andauerte.
    Weiss sah mich aus dem mittleren Rahmen an, während die Stimme sang: »Eines Tages wird Brandon Weiss den Mann finden, und ich verspreche, dass er nicht entwischen wird. Du kannst mir nicht entkommen. Weil du mich in einen verdammten Irren verwandelt hast.«
    Die fröhliche Melodie klirrte voran, während Weiss sang: »Ein verdammter Irrer. Ein verdammter Irrer. Als du Alex umgebracht hast – wurde ich – zum verdammten Irren.«
    Doch dann, statt eines glücklichen Lächelns und

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