Die schöne Mätresse
hinaus.
Nachdem seine Schritte verklungen waren, taumelte Emily zum Bett und ließ sich darauf fallen. Verzweifelt schloss sie die Augen und schlang die Arme um ihren zitternden Körper. Es ist besser so, redete sie sich ein. Sie konnte sich nicht eingestehen, welchen gewaltigen Verlust sie gerade erlitten hatte. Ansonsten wäre sie wahrscheinlich verrückt geworden.
Hätte es enden müssen, wenn sie ihm ihre wahre Identität enthüllt hätte? Doch obwohl ihre Herkunft besser war, als er glaubte, wurde sie immer noch nicht von ihrer eigenen Familie und der ihres Mannes akzeptiert. Sie besaß keine Mitgift und war eine Geschäftsfrau. Diese Tatsachen vereitelten eine Eheschließung zwischen ihnen.
Trotz all seiner heftigen Proteste hatte er nicht ein einziges Mal angedeutet, dass er sie zu seiner Frau machen wollte. Aber dies war die einzige Rolle, die sie mit wirklich gutem Gewissen spielen konnte.
Nein, ihre Trennung war unvermeidbar gewesen. Besser früher als später, sagte sie sich.
Natürlich tut es weh. Es ist immer schmerzhaft, einen sehr lieben Freund zu verlieren. Du wirst darüber hinwegkommen. Du hast schon Schlimmeres ertragen.
Sie hatte sich beinahe selbst überzeugt, als Francesca eintrat. Nach einem kurzen Blick auf sie hauchte ihre Freundin „Meine Güte!“ und lief auf sie zu, um sie zu umarmen. Emily konnte ihre Tränen nicht mehr zurückhalten und schluchzte herzzerreißend. Für eine sehr lange Zeit konnte sie einfach nicht damit aufhören.
Später am Morgen hatte Evan ein spartanisches Frühstück zu sich genommen und beschloss, nach Andrea zu sehen. Er fand sie noch im Bett vor. Sie war blass, aber wach und wirkte gefasst.
„Ich bin froh, dass du zu mir kommst, bevor du ins Kriegsministerium gehst, Evan. Ich wollte dir danken, für …“ Sie schluckte trocken. „Nun, für alles. Ich bitte dich nicht gerne um einen weiteren Gefallen, aber … könntest du mich bitte nach Hause bringen?“
Trotz seines eigenen Kummers bewegte ihn ihr offensichtlicher Schmerz. „Natürlich, Andy. Sobald du dich stark genug fühlst.“
„Ich bin fertig, sobald du etwas Zeit erübrigen kannst. Ich will … ich muss heim.“ Sie biss sich auf die bebende Unterlippe. „Vielleicht werde ich dort … nicht so ängstlich sein.“
Evan trat ans Bett und nahm sie in die Arme. „Du musst dich nicht fürchten, Andy. Ich werde mich um dich kümmern.“ Er erkannte, dass der geeignete Moment gekommen war. Daher atmete er tief ein und zwang sich dazu, die Worte auszusprechen. „Ich würde gerne immer für dich sorgen. Möchtest du mich heiraten?“
„Bist du sicher, Evan?“
„Ich habe dich schon einmal gefragt, wenn du dich erinnerst“, erwiderte er ausweichend.
Sie lächelte. „Vor Jahren, am See auf Wimberley. Du hast mir einen Verlobungsring aus Gänseblümchen gemacht.“
„Ja. Aber du hast mir noch keine Antwort gegeben.“ Sein Herz schlug schneller bei der Hoffnung, sie könnte ablehnen.
„Es tut mir Leid, dass ich so schwach bin.“ Wieder lächelte sie schüchtern. „Wenn du wirklich davon überzeugt bist, dass du mich willst – ja, dann werde ich dich natürlich heiraten.“
Ihre Worte versetzen ihm einen Stich ins Herz. Wie betäubt nahm er ihre Hand und küsste sie. „Du ehrst mich“, war alles, was er herausbrachte.
Einige Wochen später saß Evan an Richards Schreibtisch in der Bibliothek auf Wimberley. Er war die meisten Unterlagen seines Freundes durchgegangen. Gestern hatte der Anwalt angekündigt, das Testament zu eröffnen.
Evan würde kurz nach London zurückkehren müssen, um sich um die Details zu kümmern und im Kriegsministerium nach dem Rechten zu sehen. Obwohl er noch keine Nachricht erhalten hatte, fragte er sich, ob das Hauptquartier mehr über die Mission seines Freundes Geoffrey wusste.
London. Emily.
Entschlossen unterdrückte er sein aufflammendes Verlangen, wie er es in den letzten Wochen bei unzähligen Gelegenheiten getan hatte. Emily schien höchst zufrieden damit, wieder allein zu sein. Sie hatte ihm diesen Punkt mit brutaler Ehrlichkeit verdeutlicht.
„Evan, darf ich hereinkommen?“
Erschrocken blickte er zur Tür, wo Andrea stand. „Natürlich. Komm, setz dich zu mir.“
Langsam näherte sie sich mit ihrem unsicheren Gang und nahm in einem Sessel Platz. „Ich fürchte, ich muss dich um noch einen Gefallen bitten. Wahrscheinlich ist es idiotisch von mir, nachdem ich dich und deine Familie praktisch dazu gezwungen habe, London zu verlassen.
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