Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die schöne Mätresse

Die schöne Mätresse

Titel: Die schöne Mätresse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Justiss
Vom Netzwerk:
sicher reiten zu können.
    Nervös lenkte sie ihre Stute in den Green Park. Es würde noch eine Stunde oder länger dauern, bevor sie Evan erwarten konnte. Die weiten Rasenflächen waren leer, da es noch zu früh war für Kindermädchen mit ihren Schützlingen oder Kuhhirten mit ihren Herden. Vielleicht konnte sie, sobald es ganz hell war, in einem strammen Galopp reiten. Sicher würde es ihre Nervosität etwas mindern.
    Doch als sie um die erste Biegung ritt, sah sie Evan mit seinem großen Rappen ein Stück weiter auf dem Fahrweg. Sie zog etwas zu heftig an den Zügeln, und ihre Stute blieb wiehernd stehen. Er trieb sein Pferd an und ritt auf sie zu.
    In der Einsamkeit des verlassenen Parks und im Schutze der Dämmerung wagte sie es, ihn sehnsüchtig zu betrachten, während er sich näherte. Die Bewegungen seiner Knie und muskulösen Schenkel, mit denen er den mächtigen Hengst lenkte, seine starken Hände, sein markantes Gesicht mit dem ausgeprägten Kinn und schließlich seine tiefblauen Augen.
    Er saß ab und lief auf sie zu. Offensichtlich beabsichtigte er, sie aus dem Sattel zu heben. Sie hielt unwillkürlich den Atem an.
    Wie töricht sie doch war! Sie hätte niemals kommen dürfen. In seiner Gegenwart schien es ihr unmöglich, auch nur einen klaren Gedanken zu fassen, zumal die Müdigkeit zu ihrer Verwirrung beitrug. All ihre moralischen Prinzipien und logischen Zweifel schwanden dahin, und es fehlte ihr die Kraft, sich von ihm fern zu halten.
    Sie wusste nur, dass sie seine Anwesenheit mit jeder Faser ihres Körpers spürte. Und sie wünschte nichts mehr, als dass er sie in seine Arme zog und küsste.
    Niemand von ihnen sprach, während er ihr vom Pferd half. Sie atmete scharf ein, als seine Finger sie schließlich berührten, und schloss die Augen, um die Wärme seiner Hände um ihre Taille zu genießen.
    „Du zitterst ja“, raunte er. Nur widerwillig stellte er sie auf die Füße ab.
    Sie war zu beschäftigt damit, auf seine Lippen zu schauen, um antworten zu können. Ihr Kopf schwirrte wie ein ganzer Bienenschwarm, und ihr fiel einfach keine passende Erwiderung ein. Sie konnte ihn nur stumm ansehen.
    „Süße Emily.“ Es war ein Flüstern, das ihr Ohr liebkoste. Er hob seine behandschuhten Finger zu ihrem Gesicht und streichelte ihre Wange. Ein leises Geräusch entrang sich ihrer Kehle, und sie schmiegte sich an seine Hand.
    Evan umfasste ihr Kinn und hob es an. Seine Augen schienen in ihrem Gesicht etwas zu suchen. Da ihr nichts anderes übrig blieb, als ihn direkt anzusehen, hoffte sie inständig, ihr Blick möge nicht ihre tiefen Gefühle verraten.
    Doch sie hoffte vergeblich. Während er leise ihren Namen rief, zog er sie so fest an sich, dass sie kaum atmen konnte. Danach lockerte er seinen Griff, um ihre Stirn zu küssen, ihre Lider, Wangen und schließlich ihre Lippen. Zu ihrer Schande stand ihre Leidenschaft seiner in nichts nach.
    Nach einer Weile löste er sich etwas von ihr, ohne sie jedoch aus seinen Armen zu lassen. „Liebling“, flüsterte er, „du …“
    Ein lautes Pfeifen und das Muhen einer Kuh warnten sie vor eintreffenden Parkbesuchern. Widerstrebend traten sie einen Schritt zurück.
    Langsam kehrte die Vernunft zurück – und damit Emilys Scham über ihr gedankenloses Benehmen. Sie versuchte, sich wieder zu fassen, indem sie nach den Zügeln ihrer grasenden Stute griff. Evan tat dasselbe mit seinem Pferd, und wenig später wanderten sie in stummem Einverständnis nebeneinanderher.
    „Geht es dir gut?“ fragte er.
    „Ich habe jetzt Rob und Natalie, die mir helfen. Und da mein Schwiegervater tot ist, muss ich mich nicht mehr verstecken.“
    „Darüber bin ich sehr froh, und auch darüber, dass du endlich von der Gesellschaft akzeptiert wirst. Ich war immer der Ansicht, dass du es verdienst. Eines muss ich jedoch wissen, Emily: Ich kann verstehen, dass du einen falschen Namen angenommen hast, um den Nachforschungen deines Schwiegervaters zu entrinnen. Aber warum hast du mir niemals verraten, wer du bist?“
    Sie hielt kurz inne und überlegte, wie sie ihm verdeutlichen könnte, was für sie selbst unerklärlich war. „Zunächst ist Spenser ein Teil meines Namens, wenn auch nicht mein Nachname. Außerdem war ich so viele Jahre schlichtweg ‚Auriana Waring-Black‘, dass mir die Anrede ‚Lady Auriana‘ selbst mittlerweile fremd erscheint. Außerdem hatte ich meinen Stolz. Während meiner Tage bei der Armee musste ich viele Bemerkungen darüber ertragen, wie ‚auch die

Weitere Kostenlose Bücher