Die Schöne mit dem Flammenhaar
und mit goldener Seidenfliege ernst und seltsam fremd auf sie wirkte.
Er sieht fast so aus, als müsste er an einer Beerdigung teilnehmen, dachte Elinor. Gib ihm eine Chance, das Ganze abzublasen! „Könnte ich dich kurz allein sprechen?“, bat sie ihn sachlich.
Jasim ließ die beiden Trauzeugen stehen und kam zu ihr herüber. „Was gibt es? Wir haben nicht viel Zeit.“
„Du musst mich nicht heiraten. Wenn du es nicht möchtest, dann geh jetzt. Ich wäre dir nicht böse. Du könntest das Baby jederzeit sehen“, flüsterte sie. „Heirate mich nicht, weil du dich dazu verpflichtet fühlst. Das würde uns beide unglücklich machen.“
Jasim betrachtete sie. Trotz seines beherrschten Äußeren schien er zutiefst aufgewühlt zu sein. „Wir haben eine gemeinsame Zukunft – schon wegen unseres Kindes. Ich kann euch nicht verlassen.“
„Aber ich will keinen Ehemann, der sich nur nobel opfert“, erklärte Elinor, als er sich abwandte.
„Unsinn!“ Jasim nahm ihre Hand und führte sie zum Standesbeamten. „Die Zeit drängt.“
Die Zeremonie war kurz und schnell vorbei.
Mit einem nagelneuen funkelnden Ring am Finger stieg Elinor in die Limousine. Der Wagen fuhr durch die belebten Londoner Straßen. Sie wurden zu einem großen, eindrucksvollen Stadthaus im georgianischen Stil gebracht, das sich an einem Platz mit einem gepflegten Park in der Mitte befand. Während der Fahrt telefonierte Jasim per Handy. Wahrscheinlich will er nicht mit mir reden, vermutete Elinor verbittert. Unwillkürlich fragte sie sich, wie er im Bett ohne das Ding auskommen wollte … oder ob er sie je wieder anrühren würde.
Die Hochzeit war ein Fehler. Und jetzt ist es zu spät, etwas zu ändern.
„Wir essen zu Mittag“, erklärte Jasim und führte sie durchs Eingangsportal in eine weitläufige Halle mit kostbaren Ölgemälden. „Warum bist du so still?“
Fast wäre Elinor explodiert. Am liebsten hätte sie ihn ihre ganze Verzweiflung spüren lassen. Sie hätte ihm gesagt, wie schrecklich die Trauung für sie gewesen war. Und sie hätte ihn gefragt, warum er das Ganze nicht einfach abgeblasen hatte. Doch da seine Leibwächter und die Wirtschafterin in der Nähe warteten, ließ sie sich ihre Empörung nicht anmerken. „Ich bin bloß müde.“
„Leg dich eine Stunde hin“, erwiderte Jasim. Er winkte der Haushälterin zu, die Elinor in ein luxuriöses Schlafzimmer in der ersten Etage führte.
Elinor war wütend und den Tränen nahe, weil er sie so einfach abgeschoben hatte. Nach einer Weile fing sie sich etwas. Sie beschloss, nach unten zu gehen und mit Jasim zu sprechen. Sich tapfer in Schweigen zu hüllen würde die Stimmung zwischen ihnen nicht bessern. Nur eine klare Aussprache konnte die Luft reinigen. Er musste wissen, wie ihr zumute war – sonst würde sich kaum etwas ändern.
Und wenn sie ihm so gleichgültig war, dass er gar nichts ändern wollte?
Gerade wollte Elinor nach unten gehen, als sie vom Fenster aus eine Limousine vorfahren sah. Murads Frau Yaminah stieg aus. Natürlich war Elinor nicht entgangen, dass niemand von der Familie an der Hochzeit teilgenommen hatte. Voller Neugier verließ sie den Raum und lief zur Treppe.
Ehe sie unten ankam, ließ Yaminahs Stimme sie innehalten. Aufgebracht erklärte diese: „Ich bin schuld, dass du etwas mit Elinor angefangen hast, Jasim! Dabei solltest du sie nur umgarnen, damit sie das Interesse an meinem Mann verliert und sich von ihm abwendet! Jetzt hast du dein Leben ruiniert – und das alles meinetwegen! Ich kann nicht fassen, was du getan hast. Am schlimmsten ist, dass du deinen Vater wegen der Hochzeit nicht einmal um Erlaubnis gefragt hast!“
Elinor hörte ihn gefasst erwidern: „Der König hätte es nie erlaubt …“
„Dann ist es nicht zu spät, die Ehe für ungültig zu erklären“, erwiderte Yaminah. „Was macht es schon, dass Elinor schwanger ist. Das lässt sich vertuschen. Zahle ihr, was nötig ist. Auf keinen Fall darfst du dieser Farce von einer Ehe dein Lebensglück opfern.“
Elinor hatte genug gehört. Ihr war, als hätte man ihr ein Messer ins Herz gestoßen. Der kalte Schweiß brach ihr aus. Wie gehetzt eilte sie ins Schlafzimmer zurück und stürmte ins Bad, wo sie sich übergeben musste. Auf einmal war ihr alles klar. Sie war so dumm gewesen! Wie hatte sie ernsthaft glauben können, dass sich ein sagenhaft aussehender Märchenprinz für sie interessieren könnte?
Yaminah hatte ihn bloß dazu überredet. Murads Frau hatte befürchtet,
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