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Die schöne Parfümhändlerin

Die schöne Parfümhändlerin

Titel: Die schöne Parfümhändlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A MCCABE
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Bändern. Weder die schlanke große Gestalt von Nicolai noch die lebhafte Kolumbine konnte Julietta entdecken. Sie erkannte nur am Ende des Saals, auf erhöhtem Platz sitzend, den Dogen. Würdevoll, in weiß-goldener Robe saß er umgeben von seinen schwarz gekleideten Ratgebern in seinem Thronsessel. Auf dem Kopf des Dogen glänzte eine Goldkrone, seine strengen, faltigen Gesichtszüge und den weißen Bart konnte Julietta nur verschwommen erkennen. In der Hand hielt er eine eigenartige, schmucklose Holzschatulle. Julietta blickte schnell wieder zur Seite. Sie wollte keine unnötige Aufmerksamkeit erregen.
    Von einem Diener nahm Marcos zwei Pokale entgegen und reichte einen Julietta. Der süße Wein war kühl, Balsam für ihre trockene Kehle.
    „Wann geht es los?“, fragte sie ängstlich.
    Sie bemerkte, wie Marcos hinter seiner Maske die Menge mit scharfem Blick überflog. „Noch nicht, querida. Wir müssen auf Nicolais Zeichen warten. Kommt, lasst uns tanzen.“
    „Tanzen?“ Julietta war sich nicht sicher, ob sie sich bei ihrer Anspannung überhaupt an die Schritte erinnern würde.
    Mit weit zurückgebogenem Kopf leerte Marcos seinen Weinpokal. „Was meint Ihr, sollten wir nicht versuchen, näher an das Podium zu kommen, damit der Doge und seine Ratgeber auch eine gute Sicht auf das gesamte Drama haben?“
    Julietta lachte dünn und leerte ihren Pokal, bevor sie ihn einem vorbeigehenden Diener reichte. „Richtig. Was hilft es schließlich, wenn die richtigen Leute unser kleines Schauspiel nicht mitbekommen?“
    Sie bahnten sich mühsam ihren Weg durch das Gedränge, vorbei an den Menschen, die zusehends lauter und fröhlicher wurden. Der Wein zeigte seine Wirkung, und die Pavane wechselte zu einer etwas muntereren Gaillarde.
    „Seht Ihr Ermano?“, flüsterte sie.
    „Gewiss ist er irgendwo in der Nähe. Er wartet nur auf seinen großen Auftritt“, antwortete Marcos ebenso leise.
    Dann packte er Julietta um die Taille und führte sie zum Tanz. Wie von selbst erinnerte sich Julietta plötzlich doch an die Schrittfolge, sie drehte sich, sprang und schlug Marcos auf den Arm, wenn ihr Partner sie in die Höhe heben sollte. Und dabei hielt sie ständig Ausschau nach Ermano. Die ganze erbarmungswürdige Posse war immerhin von ihm angefacht worden – wollte er jetzt etwa kneifen?
    Natürlich nicht. Wann hatte Ermano denn schon mal einen Plan aufgegeben? Und während die Figuren des munteren Schreittanzes Marcos und Julietta langsam durch die Länge des Saals immer näher auf das Podium zutrugen, erschien endlich auch Ermano an der Seite des Dogen. Auch der Conte trug die schwarze Staatsrobe, aber unter den lockeren Verschlüssen schimmerte ein weißes, reich mit Silberfäden und Edelsteinen besticktes Satinwams hervor. Dieser geltungssüchtige Mann glitzerte und glänzte und plusterte sich auf wie ein prächtiger Pfau. Als er sich zum Dogen hinunterbeugte und ihm etwas ins Ohr flüsterte, bemerkte Julietta, wie die gichtigen Hände des Herrschers die Schatulle fester umschlossen. Was befand sich in der Kassette? Was würde als Nächstes geschehen? Die Spannung war kaum mehr zu ertragen.
    Marcos wirbelte Julietta abermals im Kreis herum und wieder ein paar Schritte näher an das Podium. Und während sie sich drehten, regnete es plötzlich bunte Papierfetzen auf ihre Köpfe. Julietta schaute nach oben und sah, wie die Trapezkünstlerin sich durch die Luft davonschwang und dabei eine Konfettispur hinter sich herzog. Ein flüchtiger Blick auf ein blasses herzförmiges Gesicht, halb verdeckt durch eine seidene rosa-blaue Schmetterlingsmaske, ließ sie Nicolais Kolumbine erkennen.
    „Jetzt!“ Marcos löste den Dolch in seinem Ärmel und zerrte Julietta aus der Reihe der Tanzpaare zu dem winzigen freien Platz direkt vor dem hohen Podium. Julietta keuchte, presste ihre Hand an die Stelle auf den Magen, an der das Säckchen unter ihrem Rock befestigt war. Konnte dieser kleine Sack sie wirklich retten?
    „Schreit! Verdammt noch mal! Schreit!“, zischte Marcos leise. Er schüttete sie heftig und zog sie an den Haaren, so grob, dass es schmerzte.
    Wie von selbst schrie Julietta, holte aus und schlug Marcos ins Gesicht – so fest und so geräuschvoll, wie es ihr möglich war. „Bastard!“, kreischte sie. „Niemals habe ich diesen Mann geküsst. Nicht einmal angeschaut habe ich ihn.“
    „Lügnerin“, brüllte Marcos. „Hure! Ich sah ihn mit Euch in dieser Gondel! Nach allem, was ich Euch gegeben habe! Undankbare

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