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Die schöne Parfümhändlerin

Die schöne Parfümhändlerin

Titel: Die schöne Parfümhändlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A MCCABE
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„Tot?“
    „Ich glaube nicht“, antwortete Rosa. „Er hat sie getragen, aber sie hat die Hand bewegt. Beeilt Euch, Signore, es bleibt nicht viel Zeit.“
    Zeit! Viele Jahre lang hatte er seinen Plan verfolgt, und nun sollte sein Vorhaben so schnell zu Ende gehen.
    „Habt keine Angst“, beruhigte er die beiden. „Ich werde ihr helfen.“
    „Es gibt einen Geheimgang zu einem Keller bei der Küche. Die Falltür befindet sich nahe beim Brunnen im Garten. Der Gang führt direkt ins Haus.“
    Marcos nickte kurz, drehte sich um und ging den Hang hinunter zum verwilderten Garten. Das Haus lag immer noch still und dunkel da, nur das Licht im Fenster zeigte Marcos den Weg.
    Er hatte nur einen Gedanken: Julietta muss leben.

24. KAPITEL
    Julietta beugte sich über ihren Arbeitstisch. Langsam rührte sie die Mixtur, die im Kessel blubberte. Ein Öllämpchen mit kleiner Flamme diente ihr als Feuerstelle. Die gefährliche Flüssigkeit war dunkel und sämig. Noch war sie nicht fertig. Aber bald.
    Julietta wich vor den beißenden Dämpfen zurück und hielt sich einen Leinenfetzen, den sie aus ihrem Hemd gerissen hatte, vor die Nase. Ermano hatte nicht erlaubt, das Fenster zu öffnen. Weder schien er den Geruch wahrzunehmen, noch schien ihn das Blubbern im Kessel zu interessieren. Still saß er in der Ecke, den Dolch in der Hand, die stechenden Augen unentwegt auf Julietta gerichtet. An seinem Gürtel hing ein Schwert. Brandrot war nun der Kratzer an seiner geschwollenen Hand.
    „Ist der Trunk endlich fertig?“, fragte er ungehalten.
    „Noch nicht.“ Julietta versuchte Ruhe zu bewahren. „Erst wenn das Mittel seine volle Wirkung entfaltet, dürft Ihr es trinken. Sonst bewirkt es das Gegenteil, und Ihr werdet umso schneller sterben.“
    Er lachte. Es war ein harsches Geräusch, das nur wenig an das liebenswürdige Lachen erinnerte, mit dem er stets die ungeteilte Aufmerksamkeit Venedigs vornehmer Gesellschaft erhalten hatte. „Wehe mir, dass ich von Euch, Julietta Bassano, abhängig bin! Mir, Ermano Grattiano, muss das passieren!“
    Julietta, die sich noch immer von Ermanos Misshandlung und zusätzlich von den Dünsten der Mixtur etwas benommen fühlte, stützte sich gegen die raue Tischkante. „Wann seid Ihr denn jemals abhängig von mir gewesen, Ermano? Ich war doch ein Niemand in Venedig. Habt Ihr das nicht selbst gesagt?“
    „Ich brauchte Euch. Ihr wart meine Hoffnung. Das haben die Karten gesagt. Als Dank hätte ich Euch so vieles geben können.“
    „Als Dank wofür?“ Julietta blickte in den Kessel. Blasen stiegen auf, die schwarze Farbe veränderte sich langsam, graue und grünliche Töne konnte sie erkennen. Ich muss ihn ablen ken, dachte sie. Er muss weiterreden.
    „Für Söhne“, bellte er. Ihm war ihre Frage wohl unverständlich. „Starke Söhne, die in zukünftigen Generationen meinem Namen Ehre gemacht hätten.“
    „Ihr habt doch einen Sohn.“
    Ermano spuckte verächtlich auf den Boden. „Balthazar! Ein Schwächling! Zu nichts zu gebrauchen. Kommt ganz nach seiner Mutter! Der will nur meinen Besitz. Verschwendet mein Vermögen bei Huren und für Bücher. In dem ist weder Feuer noch Stahl. Wenn ich gegangen bin, wird mein Imperium schwinden. Aber das habe ich Euch alles schon erzählt, Ihr hört nur nicht zu.“
    „Hmm“, tat Julietta nachdenklich, während sie mit einem langstieligen Löffel in dem Gebräu rührte. „Nun ja, Balthazar ist ein wenig mürrisch, das gebe ich wohl zu. Aber er verhält sich nicht anders als die meisten reichen jungen Venezianer. Das Stadium wird er ganz bestimmt bald überwunden haben.“
    „Ach, Ihr wisst nicht, wovon Ihr sprecht. Balthazar ist ein Nichts gegen die Söhne, die wir beide hätten haben können.“
    Julietta sah Ermano mitleidig an. Ein menschliches Wrack saß da vor ihr. Sein Leben – ihrer aller Leben – hatte er zerstört. Und alles nur, weil er den einfältigen Vorhersagen einer Kartenleserin Glauben schenkte. Warum nur? Julietta schüttelte den Kopf und schwieg. Für so viel Dummheit hatte sie keine Worte. Sie hatte nur einen Wunsch: vor diesem Wahnsinnigen, aus diesem heißen, stinkenden Raum zu fliehen.
    Doch ihr Schweigen stachelte nur seinen Zorn aufs Neue an. „Hört auf mit dem Geschwätz! Macht endlich das Gebräu fertig!“ Mühsam rappelte er sich hoch und torkelte wie ein verwundeter Bär auf Julietta zu. Sie ließ den Löffel fallen, wollte zur Seite ausweichen, stolperte aber über ihren Rocksaum, als Ermano sie am Ärmel

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