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Die schöne Parfümhändlerin

Die schöne Parfümhändlerin

Titel: Die schöne Parfümhändlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A MCCABE
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verschwenden würde.
    Aber wie sie alle hatte sich auch Balthazar verändert. Als Marcos ihn kennengelernt hatte, da war er noch der stille, mürrische Junge gewesen, der verzweifelt um die Aufmerksamkeit seines Vaters gebuhlt hatte. Dann hatte Balthazar sich als abgebrühter Krieger gezeigt, der ohne Zaudern seine Armbrust nutzte. Und heute strahlte sein Gesicht vor Neugier, in seinen Augen glänzte eine hellwache Klugheit – und eine neue Unabhängigkeit.
    Marcos dachte auch an den Tag, an dem Juan Velazquez ihn zum ersten Mal über sein Schiff geführt hatte, das diesem sehr ähnlich gewesen war, und ihm die Technik und Handhabung eines Seglers gezeigt hatte. Konnte er nun dasselbe für seinen jüngeren Bruder tun? Würde das Leben auf See Balthazar helfen, sein Leid und seine Schuldgefühle wegzuspülen, so wie es auch ihm, Marcos, geholfen hatte?
    Marcos ging zu Balthazar, der immer noch mit dem astronomischen Instrument, mit dem man die Stellung der Gestirne bestimmen konnte, beschäftigt war. Als er Marcos bemerkte, blickte er mit einem seltsam scheuen Lächeln auf.
    „Einen guten Abend Euch beiden“, grüßte Marcos.
    „N’Abend, Signor Velazquez“, antwortete Balthazar. „Signor Mendoza erklärt mir gerade den Gebrauch dieses Astrolabiums. Es ist beeindruckend, wie man mit einem so kleinen Gerät die große Welt vermessen kann.“
    „Interessiert Ihr Euch für die Steuermannskunst?“, fragte Marcos und lehnte sich über die Reling. Unter ihm schlug das Wasser gegen den Rumpf, mahnend und ungeduldig, als wolle es das Schiff wieder hinaus aufs offene Meer ziehen.
    Balthazar zuckte lässig mit den Schultern. Dennoch blieb Marcos das heimliche Glühen in den grünen Augen nicht verborgen. „Ich habe ein oder zwei neuere Bücher dazu gelesen und natürlich auch Marco Polos Reiseberichte.“
    „Ich wette, der Junge weiß mehr über die Gestirne als ich“, meinte Mendoza.
    Balthazar lachte. „Ach nein! Ich weiß so wenig. Ich hatte doch nie Gelegenheit, die wirklichen Probleme der Navigation oder die Erkundung von fremden Ländern zu studieren. Aber in Venedig zu leben bedeutet auch, sich für die Meere zu begeistern.“
    Als einer der Matrosen Mendoza rief, entfernte sich der Steuermann mit dem Astrolabium. Balthazar setzte sich auf einen Haufen zusammengerollter Taue, lehnte sich zurück und starrte in den dunkler werdenden Himmel. „Ihr seid ein reicher Mann, Signor Velazquez.“
    Marcos drehte sich um, verschränkte die Arme vor der Brust und sah seinen Bruder nachdenklich an. Balthazar trug derbe Seemannskleidung, das Haar war zu einem Zopf gebunden. Der vornehme Junge in Samt und Seide war vergessen. Im matten Licht zeigte sein schmales Gesicht markante, herbe Züge, die sein wahres Alter nicht mehr erkennen ließen.
    Marcos verdankte ihm sein Leben und das wesentlich kostbarere Leben Juliettas.
    „Ich weiß, ich bin in vieler Hinsicht ein reicher Mann“, antwortete Marcos vorsichtig.„Aber im Vergleich zu einem mächtigen Venezianer besitze ich nichts, keinen prächtigen Palast, keinen Sitz am Hofe des Dogen.“
    „Euer Reichtum ist ein anderer“, erwiderte Balthazar. „Ihr besitzt diesen Segler. Ihr besitzt Eure Freiheit. Ihr besitzt eine Frau, die Euch liebt.“
    „All das könnt Ihr auch haben.“
    Balthazar schüttelte traurig den Kopf.„Ich habe meinen Vater ermordet. Und es tut mir nicht einmal leid.“
    „Niemand weiß, was sich in dem Landhaus ereignet hat. Niemand außer mir, Julietta und Nicolai“, widersprach Marcos. „Und niemand wird jemals ein Wort darüber verlauten lassen.“
    „Aber ich kenne die Wahrheit.“ Schweigend zog Balthazar die Stirn in Falten und schaute grübelnd auf das schwindende Licht am Horizont. „Mein Leben lang wollte ich besitzen, was meinem Vater gehörte … seinen Palazzo, seine Reichtümer, seinen Platz in der Gesellschaft. Ich wollte seine Anerkennung, sein Wohlwollen … aber ich erhielt sie nie. Meine Mutter sagte mir, es sei mein Recht als Sohn, und ich glaubte ihr. Ich sah den Untergang kommen und wollte unbedingt irgendetwas tun, um alles zu behalten.“
    „Irgendetwas?“, fragte Marcos leise.
    Balthazar verzog den Mund zu einem bitteren Lächeln. „Ich habe Euch und Signora Bassano hintergangen. Obwohl ich wusste, dass das für Euch den Tod bedeuten konnte. Ihr wisst, was dann geschehen ist.“
    „Letztendlich aber habt Ihr Euren Irrtum erkannt. Ihr habt das Richtige getan.“
    „Mit weiterem Blutvergießen. Mit den Methoden

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