Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die schöne Parfümhändlerin

Die schöne Parfümhändlerin

Titel: Die schöne Parfümhändlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A MCCABE
Vom Netzwerk:
Verbündeter des Dogen, Tänzer, Schöngeist. Was sonst mochte sich wohl noch tief in seiner Seele verbergen? „Ja, das klingt sehr bewegend. Doch leider kenne ich zu wenig von den spanischen Dichtern. Unsere italienischen Dichter, die liebe ich natürlich. Insbesondere Petrarca.“
    „Eine äußerst scharfsichtige Wahl, das muss man sagen. Ich wäre gespannt, Eure Meinung über seine Deutung der Mythen von Daphne und Actaeon zu hören“, meinte er grinsend und verlangte zugleich nach einem zweiten Becher Wein, den er in einem Zuge leerte. „Aber nicht heute Nacht, Signora Sole“, fügte er hinzu, während er den Becher beiseitestellte. „Das Thema ist viel zu ernst für ein Fest. Kommt, lasst uns tanzen.“
    Lachend und nur allzu gerne ließ sich Julietta von ihm bei der Hand nehmen. Der Wein war ihr zu Kopf gestiegen. Plötzlich fühlte sie sich so unbeschwert und frei, ein wenig schwindelig, aber glücklich. Einfach nur glücklich.
    Die Moriska war zu Ende. Die schwungvollen maurischen Klänge mit Schellen und Glöckchen waren übergegangen in den Branle, einen Rundtanz, dessen Schrittfolge außer Schnelligkeit keinerlei Ordnung verlangte. Rasch fanden Julietta und Marcos ihren Platz zwischen den anderen Tänzern. Sie hörte Marcos lachen, ein tiefes fröhliches Lachen, berauschender noch als der Wein, während sie sich an ihm festhielt und ihre Schritte schneller und schneller wurden.
    Über der Menge leuchtete im Licht der vielen Fackeln die Basilika–golden, übergroßund unvergänglich. Wie eine göttliche Mahnung, dass menschliches Tun nicht ohne Folgen bleibt, stand sie da. Und dennoch schien sie nicht zu richten. „Seid fröhlich, genießt die Nacht“, schien sie zu sagen. „Ich werde auch morgen noch hier stehen und auf Euch warten. Wie ich immer auf Euch warten werde.“
    Auch Juliettas wirkliches Leben würde morgen wieder auf sie warten. So wie es immer auf sie warten würde. Doch heute Nacht – heute Nacht war alles anders. Heute Nacht erlebte sie einen Traum.
    Sie tanzten an den Rand der Menge, bis zu einem der Marmorpfeiler an der Terrasse des Dogenpalastes. Lockend schallten das Lachen der Menschen und die Musik zu ihnen herüber, doch hier war es still, hier waren sie allein. Julietta war es heiß. Sie schob ihre Maske zurück, bis sie an den Bändern auf ihrem Rücken baumelte, und lehnte ihren Kopf erschöpft gegen den kühlen Stein.
    Auch Marcos nahm seine Maske ab und beobachtete Julietta. Sein Gesicht lag halb im Schatten, sodass sie sein Mienenspiel nicht erkennen konnte. Doch sie fürchtete, dass ihre eigenen Gefühle, eine Mischung aus ablehnender Furcht und aufkeimender Begierde, ihr deutlich im Gesicht geschrieben standen.
    Ganz behutsam führte er ihre beiden Hände an seine Lippen und drückte einen Kuss erst auf die eine und dann auf die andere Hand. Einen Moment lang verweilten seine Lippen warm und verführerisch über ihrem Handrücken und hinterließen eine feurige Hitze auf der Haut. Dann, ganz langsam, legte er ihre Handflächen auf seine Wangen. Die Haut fühlte sich weich an und war nur ein wenig rau von seinen Bartstoppeln. Wie kühle Seide strich eine Haarlocke verführerisch über ihr Handgelenk.
    „Wer seid Ihr, Julietta Bassano?“, raunte er. „Woher kommt Ihr? Ich könnte schwören, Ihr seid nicht von dieser Welt.“
    Juliettas Herz begann wild zu schlagen. Beruhigend drückte er einen Kuss auf ihre zitternde Hand. Was geschah hier? In den dunklen Fängen der Nacht? Sie verstand ihre Gefühle nicht mehr, verstand sich selbst nicht. Nie zuvor hatte sie sich so gefühlt. Kein Spiegel der Wahrheit, keine Karten konnten ihr jetzt helfen. Sie musste sich allein auf ihr verwirrtes, lusterfülltes Inneres verlassen.
    „Ich … kam aus Mailand“, wisperte sie schließlich.
    Er lachte leise in ihre Hand, und der Klang hallte in ihrem Herzen wider. „Oh nein, Signora Sole. Ihr kamt vom Land der Duende, dem Land der spanischen Elfen. An Euren Augen erkenne ich es. Die Augen einer Sterblichen sind es nicht. Hoffnungslos bin ich Eurem Zauber erlegen.“
    Unter ihrem Zauber stand er? Nein, unmöglich! Es war eher andersherum.
    Marcos legte seinen Arm um ihre Taille. Näher und näher zog er Julietta zu sich heran, bis nicht einmal Platz für einen Seufzer blieb. Die Spitzen ihrer Robe rieben sich an seinem Samtwams, und seine Lippen, sie waren so nahe. Julietta schloss die Augen, legte den Kopf zurück …
    „Ein Liebhaber und sein Mädel, ach ja, ach ja, ein Freier

Weitere Kostenlose Bücher