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Die schöne Parfümhändlerin

Die schöne Parfümhändlerin

Titel: Die schöne Parfümhändlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A MCCABE
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was nur? Plötzlich wurde Julietta von einer unbändigen Neugier ergriffen. Was verband die beiden Männer? Was ging unter dieser ausgelassenen Oberfläche vor? Was für Pläne konnten ein Kapitän und ein Komödiant miteinander aushecken?
    „Oh ja“, willigte sie ein, bevor Marcos antworten konnte. „Sehr gerne würden wir mitkommen, Signor Nicolai. Zeigt uns den Weg.“

8. KAPITEL
    Die Gasse, die Nicolai sie entlangführte, war schmal und düster. Von den feuchten Mauern blätterte der Putz, das Kopfsteinpflaster unter Juliettas Schuhen war glatt und glitschig. Selbst bis hier, weit entfernt von den prächtigen Palästen, waren Musik und das ausgelassene Lachen der fröhlichen Menschen zu hören. Aber hier wurde nicht getanzt, die Türen waren verriegelt, die Fensterläden fest verschlossen. Die Gegend war finster und beklemmend still. Das einzige Licht kam von Nicolais Fackel, der einzige Laut von den Schellen an seinem Kostüm.
    Julietta blickte nach oben zu den Sternen. Zwischen den hohen stillen Häusern flatterte Wäsche mattweiß auf den Leinen. Es lebten also doch Menschen hier. Menschen, die Hemden, Roben und Beinkleider trugen, und keine Gnomen, die sich in Häute und Felle hüllten.
    Schließlich kamen sie zu einer schmalen Mauer, die an einem Kanal entlangführte, und der Blick weitete sich etwas. In der Ferne konnte Julietta die Brücke erkennen, die zum jüdischen Getto führte. Einige Lichter blinkten von dort, und leise, wie von einem anderen Stern klang Musik herüber.
    Nicolai sah sich um. Im Schein der flackernden Fackel war ein kurzes Lächeln zu erkennen. „Ihr seid noch da?“, erkundigte er sich mit einem leicht spöttischen Unterton. Vielleicht war es aber auch nur sein eigenartiger fremdländischer Tonfall, der so geheimnisvoll klang. „Keine Angst, wir sind bald am Ziel.“
    Einen Moment lang griff Julietta fester in den weichen Samt an Marcos’ Arm. War sie närrisch, diesen Männern zu folgen? Es wäre nicht das erste Mal, dass ihre Neugierde sie in Schwierigkeiten brachte. Mit den Jahren hatte sie doch eigentlich gelernt, ihren Drang zu beherrschen, die Welt in all ihren Facetten kennenlernen zu wollen. Für Menschen, die in einer Welt wie der ihren lebten, konnten solche Wünsche nichts anderes als Ärger und Gefahr, ja letztendlich sogar den Tod bedeuten. Julietta wusste dies alles nur zu genau, und sie hatte durchaus nicht den Drang, die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen.
    Doch manchmal, insbesondere in Nächten wie diesen, da brodelte die Neugier heiß und fordernd in ihr. Obwohl sie nur einen Becher Wein getrunken hatte, fühlte sie sich, als hätte sie sich an einem ganzen Krug gütlich getan. Ihr Kopf war leicht, ihr war warm, und ihr Magen flatterte in Erwartung dessen, was sie hinter der nächsten Ecke erwartete.
    Irgendwie schien sie heute Nacht nicht sie selbst zu sein – nicht mehr jener Mensch, zu dem sie sich während der letzten Jahre so beharrlich entwickelt hatte. Sie war wieder besessen von den Geistern ihrer Mutter und ihrer Großmutter, trunken vom Zauber des Monds und der Sterne – und vom Karneval. Entflammt von der Hitze, die Marcos’ Körper ausstrahlte. Eng aneinandergeschmiegt gingen sie durch einen schmalen Durchgang. Morgen würde sie wieder zu sich selbst finden. Und das würde schnell genug sein.
    Plötzlich bemerkte sie, dass sie mit den Fingern unablässigüber Marcos’ Ärmel strich. Er lächelte verhalten unter seiner Maske. „Alles in Ordnung, Julietta?“
    Sie nickte, ohne ihn anzuschauen. „Ja.“
    „Ich kenne Nicolai seit vielen Jahren. Er würde uns niemals in Gefahr bringen. Aber er weiß stets, wo die aufregendsten Feste stattfinden. Seine Freunde sind niemals langweilig.“
    „Aufregende Feste mag ich“,antwortete Julietta leise.„Meistens jedenfalls.“
    Marcos lachte. Sofort blieb Nicolai stehen und drehte sich um. „Keine Späße, meine Freunde. Nur wenn Ihr mich teilhaben lasst.“ Er ging noch ein paar Schritte, blieb dann vor einer Tür stehen und hielt seine Fackel in die Höhe. Bei Tageslicht war die Tür höchstwahrscheinlich hellgelb. An einigen Stellen war die Farbe abgeblättert. Hoch oben im Holz befand sich ein kleines vergittertes Fenster. „Wir sind da!“
    Stille folgte auf sein kurzes stakkatoartiges Klopfen. Es geschah so lange nichts, dass Julietta anfing, ungeduldig von einem Fuß auf den anderen zu treten. Schon machte sich Enttäuschung in ihr breit. Bilder, wie sie den langen Weg zur Piazza San

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